LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1024 23.10.2017 Datum des Originals: 23.10.2017/Ausgegeben: 26.10.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 331 vom 18. September 2017 des Abgeordneten Andreas Keith AfD Drucksache 17/678 Umgang mit der NS-Vergangenheit in NRW Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Verschiedene Personen mit NS-Vergangenheit z.B. NSDAP-Kader, Mitglieder der SA, der SS, der Gestapo haben es in den Nachkriegsjahren in der Bundesrepublik Deutschland in höchste politische Ämter wie aber auch in Spitzenpositionen der Verwaltung, der Justiz, der Polizei und dem Geheimdienst geschafft. Diese waren dann auch meistens Mitglieder in Parteien, die die Bundesrepublik und das Land Nordrhein-Westfalen in den Nachkriegsjahren nachhaltig geprägt haben. Prominente Fälle mit NS-Verstrickungen waren z.B. Kurt Georg Kiesinger (CDU), der vierte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland oder Willi Weyer (FDP), ehemaliger stellv. Ministerpräsident von NRW. Letzterer soll in seiner Funktion als nordrheinwestfälischer Finanzminister, den hiesigen Finanzämtern untersagt haben, Berliner Forderungen aus Entnazifizierungsverfahren einzutreiben.1 Es gab aber auch Sozialdemokraten mit NS-Vergangenheit z.B. Karl Schiller, Bundeswirtschaftsminister im Kabinett des vorgenannten Bundeskanzler Kiesinger,2 aber auch andere wie Erhard Eppler. Die Linkspartei hat zu diesem Thema eine ähnliche Große Anfrage im Deutschen Bundestag im Jahr 2010 (Drucksache 17/4126) zu den Institutionen des Bundes gestellt. 1 https://de.wikipedia.org/wiki/Willi_Weyer 2 https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Schiller LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1024 2 Die Minister für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 331 mit Schreiben vom 23. Oktober 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung misst der Erinnerung an die NS-Vergangenheit und der Aufarbeitung personeller Kontinuitäten in der Landesverwaltung der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg große Bedeutung zu. Sie nimmt dazu auf die ausführlichen Informationen der Antwort der Vorgängerregierung auf die Kleine Anfrage 4544 „Umgang mit der NS-Vergangenheit im Landtag“ (LT-Drucksache 16/11664) Bezug. 1. Von wie vielen NS-belasteten Personen (d.h. NSDAP-Mitglieder, Angehörigen von SA, SS, Gestapo, an NS-Verbrechern beteiligten Wehrmachtsbefehlshabern oder sonstigen Personen, die an NS-Verbrechen beteiligt waren in Institutionen (z. B. den Gerichten, den Staatsanwaltschaften, der Polizei, dem Verfassungsschutz, den Finanzämtern, den Schulen, den Universitäten oder der sonstigen Verwaltung) des Landes Nordrhein-Westfalen seit 1946 geht die Landesregierung insgesamt aus? (Bitte nach Institution aufschlüsseln) Umfassende Listen oder Auswertungen zu NS-belasteten Personen im Landesdienst liegen nicht vor. Die Beantwortung würde eine wissen-schaftliche Auswertung aller relevanten Bestände voraussetzen, zu denen im Landesarchiv neben den Entnazifizierungsakten in der Abteilung Rheinland auch andere Bestände zählen. Diese befinden sich nicht nur in den drei Regionalabteilungen des Landesarchivs NRW (Rheinland, Westfalen und Ostwestfalen- Lippe), sondern auch in anderen, nichtstaatlichen Archiven. Die wissenschaftliche Auswertung ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Für einzelne Verwaltungsbereiche liegen veröffentlichte regionale und überregionale Studien vor, die diese Auswertung bereits geleistet ha-ben. Hierzu wird im Übrigen auf die LT- Drucksache 16/11664 verwiesen. 2. In welchen Ministerien des Landes waren 1946 besonders viele Personen mit NS- Belastungen beschäftigt, und welche Maßnahmen wurden von Seiten der Landesregierungen getroffen, um deren Anteil möglichst gering zu halten? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Wie viele Landesminister und Ministerpräsidenten der Landesregierung waren seit 1946 nach Erkenntnissen der Landesregierung NSDAP-Mitglieder oder Mitglieder anderer NS-Organisationen wie SA, SS, Gestapo (Bitte einzeln aufführen)? Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1024 3 4. Wie hat die Landesregierung bzw. haben Landesministerien ihre Geschichte mit Blick auf NS-belastete Personen bzw. ihren Umgang mit diesem Teil der Vergangenheit insbesondere bei Mitgliedern der Parteien CDU, FDP und SPD aufgearbeitet? Bei der Aufarbeitung der Parteizugehörigkeiten von Regierungsmitgliedern und Verwaltungsmitarbeitern und Verwaltungsmitarbeiterinnen können sich Überschneidungen mit den Ergebnissen der Drucksache 16/11664 ergeben. Grundsätzlich ist jedoch zwischen der Aufarbeitung der regionalen bzw. überregionalen Parteigeschichte einerseits und der Geschichte der Landesregierung bzw. -verwaltung andererseits zu unterscheiden. Neben der in der Drucksache aufgeführten Studie von Kenkmann/Rusinek ist das Schicksal der westfälischen Finanzverwaltung im Dritten Reich Gegenstand der Abhandlung von Ilse Birkwald in Leesch/Birkwald „Geschichte der Finanzverfassung und -verwaltung in Westfalen seit 1815“. Die Veröffentlichung durch die damalige Oberfinanzdirektion Münster im Jahr 1994 wurde durch eine Ausstellung zum Thema in der Villa ten Hompel begleitet, die auch im Anschluss an vielen verschiedenen Orten bundesweit gezeigt wurde. Parallel dazu wurde eine didaktische Mappe für die Aus- und Fortbildung aufgelegt.