LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10306 22.07.2020 Datum des Originals: 22.07.2020/Ausgegeben: 28.07.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3845 vom 9. Juni 2020 des Abgeordneten Frank Börner SPD Drucksache 17/9636 Keine Zweckentfremdung wichtiger Hafenflächen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Ingenieurverband Wasser- und Schifffahrtsverwaltung e.V. hat sich unter anderem zur Aufgabe gemacht mitzuhelfen dass der Verkehr auf Wasserstraßen geordnet, sicher und umweltbewusst abgewickelt werden kann. Allerdings stellt der Verband seit längerer Zeit fest, dass Hafenflächen, die für die Be- und Entladung von Binnenschiffen benötigt werden, im Wesentlichen zu Wohn- und Freizeitfunktionen beansprucht werden. Des Weiteren setzt sich der Verband mit dem Ausbildungsstand ihres beruflichen Nachwuchses auseinander. Diesbezüglich ist bemerkbar, dass es in vielen Funktionsbereichen des planenden und ausführenden Baugewerbes, sowie der technischen Verwaltung äußerst schwierig ist, eine angemessene Anzahl und überhaupt geeignetes Fachpersonal an TechnikerInnen und insbesondere an IngenieurInnen zu rekrutieren. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 3845 mit Schreiben vom 22. Juli 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. 1. Welche Visionen hat die Landesregierung, die Häfen im Ruhrgebiet auszubauen? 2. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass entfallende Hafenkapazitäten bzw. wachsender Transportbedarf der Industrie mit Hilfe planerischer Instrumente abgefangen werden? Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet. Die Landesregierung setzt in ihrer Verkehrs- und Mobilitätspolitik auch auf eine leistungsfähige nordrhein-westfälische Hafeninfrastruktur. Die Flächenverfügbarkeit in den Häfen trägt maßgeblich dazu bei, dass der wertschöpfende Bruch der Logistikkette in Nordrhein-Westfalen erfolgt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10306 2 Mit dem größten Binnenhafen (Duisburg) und dem größten Kanalhafen (Dortmund) Europas an der Spitze zeichnet sich die Hafenlandschaft des Ruhrgebiets sowohl in ihrer Fläche, Dichte als auch Wirtschaftlichkeit gegenüber anderen Bundesländern in besonderem Maße aus. Die Grundlage für die Weiterentwicklung unserer Hafenstandorte und der Binnenschifffahrt bildet das Wasserstraßen-, Hafen- und Logistikkonzept des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Landesregierung hat bei der Umsetzung dieses Konzeptes neue Schwerpunkte gesetzt. Zum Beispiel wurde durch die Änderung des Landesentwicklungsplans im Jahr 2019 die Möglichkeit geschaffen, neben den landesbedeutsamen Häfen einschließlich der jeweiligen Bereiche für hafenaffine Nutzungen nunmehr auch regional bedeutsame Häfen vor heranrückenden Flächeninanspruchnahmen, welche die Hafennutzung einschränken könnten, planerisch zu sichern. Zudem werden trockene Umschlagflächen in den Fokus der Hafenlogistik gerückt, um wertvolle Lagerflächen nutzbar zu machen und Umschlagflächen ihrer originär hafenaffinen Funktion zuzuführen. Weiterhin unterstützt die Landesregierung die Häfen bei der Inanspruchnahme bestehender und der Erschließung neuer Förderkulissen, zum Beispiel bei der Förderung von Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs oder der Implementierung innovativer Hafentechnologien. 3. Welche Pläne bzw. Programme sieht die Landesregierung vor, die aufgebauten Defizite in der Ausbildung technischer Berufe aufzuholen, damit diese Berufe bei Jugendlichen wieder mehr in den Fokus rücken? Mit dem landesweiten Übergangssystem "Kein Abschluss ohne Anschluss" (KAoA) – gestaltet Nordrhein-Westfalen den Übergang von der Schule in Ausbildung und Studium. Es stellt sicher, dass Jugendliche frühzeitig bei der beruflichen Orientierung, bei der Berufswahl und beim Eintritt in Ausbildung oder Studium Unterstützung erhalten. Ziel ist es, allen jungen Menschen nach der Schule möglichst rasch eine Anschlussperspektive für Berufsausbildung oder Studium zu eröffnen und durch eine effektive Koordinierung unnötige Warteschleifen zu vermeiden. Schülerinnen und Schüler, die im Prozess der Berufs- und Studienorientierung bei Interesse an einer dualen Ausbildung ihre Berufswahlkompetenz stärken oder sich in einem Berufsfeld praktisch ausprobieren möchten, können zudem an Praxiskursen teilnehmen. Vor allen Dingen diese Praxiselemente leben von einer intensiven Beteiligung der Unternehmen. Als konkrete Ansprechpartner stehen hier die Kommunalen Koordinierungsstellen zur Verfügung (https://www.gib.nrw.de/service/downloaddatenbank/koko -kontaktdaten.pdf). 4. Welche Maßnahmen setzt die Landesregierung um, um mehr LKWs von der Straße zu holen? Die Landesregierung hat im Jahr 2018 die Förderung von Investitionen in die Infrastruktur der öffentlichen nicht bundeseigenen Eisenbahnen (NE) für den Schienengüterverkehr wiederaufgenommen. Ziel des Förderprogramms ist es, den Investitionsstau auf den Schienenstrecken der NE-Bahnen aufzulösen und Industrie- und Gewerbegebiete sowie Logistikstandorte wieder an die Hauptstrecken der Bahn anzubinden. Davon profitieren auch die sog. Hafenbahnen als Serviceeinrichtungen in den Binnenhäfen. Durch die Investitionen in Erhalt und Erneuerung, aber auch Aus- und Neubau mit finanzieller Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen können Millionen Tonnen von Gütern umweltfreundlich und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10306 3 sicher auf der Schiene transportiert und die Mobilität nachhaltig gefördert werden. Für 67 Maßnahmen im Zeitraum 2018 bis 2021 wurden bislang rund 14 Millionen Euro bewilligt. Vielfach wird damit die Anbindung der „letzten Meile“ von Industrie-, Gewerbe- und Logistikstandorten, oftmals in Hafengebieten, an die Schiene sichergestellt und zudem auch intermodale Umschlagmöglichkeiten aufrechterhalten, über die Entlastungsverkehre erfolgen können. Mit dem Ausbau der 73 Kilometer langen Schienenstrecke Emmerich – Oberhausen verbessern Bund und Land die Verlagerungsmöglichkeiten vom LKW auf die Schiene auf der Hauptschlagader des Schienengüterverkehrs von und nach Rotterdam, dem für Nordrhein- Westfalen wichtigsten Überseehafen. Darüber hinaus hat die Landesregierung sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass der dreigleisige Ausbau der Strecke Aachen – Düren in das Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen aufgenommen wurde. Diese Ausbaustrecke stellt das Grundgerüst einer umweltfreundlichen und leistungsstarken transeuropäischen Schienengüterverkehrsanbindung zum Seehafen nach Antwerpen dar. Neben dem Ausbau der Infrastruktur verfolgt die Landesregierung weitere Ansätze, zum Beispiel ist sie in einem gemeinsamen Projekt mit der Freien und Hansestadt Hamburg aktiv auf Verlader und Logistiker zugegangen, die Transporte von und zum Hamburger Hafen bislang hauptsächlich über die Straße abgewickelt haben. Gemeinsam mit den verantwortlichen Akteuren wird inzwischen an neuen Strategien zur Erhöhung des Transportanteils auf der Schiene und der Wasserstraße gearbeitet. Zudem werden die Marktakteure stetig ermutigt, gerade die hoch infrastrukturell kritischen und systembelastenden Großraum- und Schwerlasttransporte (GST) wann immer möglich über das Binnenschiff zu transportieren. Hierzu erfolgt ein kontinuierlicher Austausch mit Vertretern des ausführenden Logistikgewerbes. 5. Wie werden dem System Industrie, Umschlag Binnenschiff wieder ausreichende Möglichkeiten gegeben, den Verkehrsträger Binnenschiff verstärkt nutzen zu können, um gleichzeitig die immense Belastung von den Verkehrsträgern Straße aber auch der Schiene zu nehmen? Die Landesregierung setzt sich für die nachhaltige und zukunftsfähige Ausrichtung des Systems Wasserstraßen ein und führt daher intensive Gespräche mit den verantwortlichen Akteuren – sowohl auf der Fachebene, als auch in der Politik. Weil Nordrhein-Westfalen als Binnenschifffahrtsland Nr. 1 auch Investitionsschwerpunkt der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung gerade im Bereich der Wasserstraßeninfrastruktur werden muss, hat das Land erfolgreich bei der Bundesregierung dafür geworben, dass zusätzliche Stellen in der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes in Nordrhein-Westfalen geschaffen wurden. Im aktuellen Haushaltsjahr wurden so 66 neue Stellen in Nordrhein-Westfalen geschaffen, davon alleine 21 Stellen für den Ausbau des Wesel-Datteln-Kanals beim Wasserstraßen-Neubauamt in Datteln. Weiterhin wurde bereits im vergangenen Jahr eine „Task Force“ für dringend erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen im Westdeutschen Kanalnetz ins Leben gerufen. Ergänzend wird angemerkt, dass vor allem wiederkehrende Niedrigwasserphasen des Rheins die Zuverlässigkeit des Verkehrsträgers Schiff beeinträchtigen. Wirtschaftlich führt dies zu unkalkulierbaren Kosten, die im enormen Wettbewerb der Logistikbranche zu Verlagerungstendenzen zugunsten der Straße führen. Die Landesregierung unterstützt die im LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10306 4 Bundesverkehrswegeplan 2030 vorgesehene Abladeoptimierung und Sohlstabilisierung zwischen Duisburg und Stürzelberg und setzt sich mit Nachdruck für den Fortgang dieser Maßnahme ein.