LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10345 28.07.2020 Datum des Originals: 27.07.2020/Ausgegeben: 03.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3914 vom 26. Juni 2020 des Abgeordneten René Schneider SPD Drucksache 17/9977 Salzbergbau Schritt für Schritt: Wer legt fest, ob Erkundungstunnel auf Umweltverträglichkeit geprüft werden müssen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Rheinische Post berichtet am 25. Juni 2020, dass das Unternehmen „K+S Minerals and Agriculture GmbH“, das ein Steinsalzbergwerk in Rheinberg-Borth betreibt, nordwestlich des Xantener Ortsteils Birten Erkundungstunnel anlegen möchte. Dies im Vorgriff auf die noch zu erteilende Genehmigung eines neuen Rahmenbetriebsplanes, der sich aktuell im Genehmigungsverfahren befindet. In 1.000 Metern Tiefe will K+S Tunnel von sechs Metern Höhe und elf Metern Breite anlegen, die im Falle der Genehmigung des o.g. Rahmenbetriebsplanes sogleich genutzt werden könnten bzw. alternativ verfüllt würden. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung, so das Unternehmen, sei dafür nicht erforderlich. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 3914 mit Schreiben vom 27. Juli 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das Steinsalzbergwerk Borth im Rahmenbetriebsplanverfahren berichtete die Landesregierung zuletzt im Unterausschuss Bergbausicherheit am 27. September 2019 (siehe dazu Vorlage 17/2475 vom 25.09.2019). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10345 2 1. Ist es aus Sicht der Landesregierung üblich, dass ein bergbautreibendes Unternehmen parallel zu einem Rahmenbetriebsplanverfahren bereits Erkundungstunnel für das in Genehmigung befindliche Abbaugebiet treiben darf? Die Auffahrung von Erkundungsstrecken stellt eine bergbauliche Tätigkeit dar, die nur aufgrund eines zugelassenen Betriebsplans durchgeführt werden darf. Für die geplante Auffahrung der Erkundungsstrecken, die über die Grenzen des aktuell zugelassenen Rahmenbetriebsplans hinausreichen, hat die Unternehmerin dementsprechend die Zulassung einer Änderung des zugelassenen fakultativen Rahmenbetriebsplans für den mittel- bis langfristigen Abbau im Zeitraum 1993 bis 2050 beantragt, über die die Bergbehörde zu entscheiden hat. 2. Dem Antrag zur Genehmigung der Erkundungsmaßnahmen liegt ein Gutachten bei, das für eine Umweltverträglichkeitsprüfung keine Notwendigkeit sieht. Wer hat dieses Gutachten in Auftrag gegeben? Das Gutachten „Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP- Pflicht/Vorprüfung Natura 2000“ der OEKOPLAN Ingenieure GmbH & Co. KG vom 12.05.2019 wurde von der Vorhabenträgerin K + S Minerals and Agriculture GmbH beauftragt und ist Bestandteil der Antragsunterlagen zur Änderung des zugelassenen fakultativen Rahmenbetriebsplans des Steinsalzbergwerkes Borth für den mittel- bis langfristigen Abbau im Zeitraum 1993 bis 2050. 3. Sollte das Gutachten durch den Antragsteller beauftragt worden sein: Inwieweit übernimmt die Genehmigungsbehörde damit ungeprüft Positionen des Antragstellers? Die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflicht erfolgt grundsätzlich durch die zuständige Behörde. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben ist der Vorhabenträger zur Vorbereitung der Vorprüfung verpflichtet, der zuständigen Behörde geeignete Angaben zum Vorhaben sowie zu den möglichen erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens zu übermitteln. Dieser Pflicht ist die Vorhabenträgerin mit dem zuvor angeführten Gutachten als Bestandteil der Antragsunterlagen nachgekommen. Die zuständige Bergbehörde prüft die eingereichten Antragsunterlagen und Gutachten auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit und entscheidet dann nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen. Die Bergbehörde wird auch das von der Antragstellerin zuvor angeführte Gutachten entsprechend den gesetzlichen Kriterien zur allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflicht prüfen. Die UVP-Vorprüfung wird durch die Bergbehörde nach Eingang und Berücksichtigung der Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange (TÖB) durchgeführt und das Prüfergebnis öffentlich bekannt gemacht. 4. In dem o.g. Bericht ist von „gelegentlichen Geräuschen“ und „leichten Vibrationen“ als Folge der untertägigen Arbeiten für die Erkundungstunnel die Rede. Wie lassen sich diese Vibrationen und Geräusche genauer klassifizieren (nach Lautstärke und Vibrationsintensität, Häufigkeit und Tageszeit/Wochentag)? Das Bergwerk Borth nutzt für die Auffahrung der Grubenbaue (hier: Erkundungsstrecken) und die Gewinnung des Steinsalzes konventionelle Bohr- und Sprengtechnik. Die durch planmäßige Sprengungen ausgelösten Erschütterungen werden messtechnisch erfasst. Nach LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10345 3 Auskunft der Bergbehörde wurde bisher kein Messwert mit Schwinggeschwindigkeiten von mehr als 1 mm/s (Frequenzbereich 10- 50 Hz) ermittelt. Die Messwerte lagen somit stets unterhalb der Werte der Norm DIN 4150-3, Beurteilung von Erschütterungseinwirkungen auf Bauwerke, in der aktuellen Fassung von Dezember 2016, bei deren Einhaltung Schäden im Sinne einer Verminderung des Gebrauchswertes von Bauwerken nicht eintreten. In der Regel erfolgen die Sprengungen an den Betriebspunkten der Gewinnung und der Streckenauffahrungen zu festgelegten einheitlichen Zeitpunkten1, sodass die Auswirkungen nur kurzfristig erfolgen. 5. Durch die Corona-Pandemie ist das Rahmenbetriebsplanverfahren zeitlich in Verzug geraten. Wie sieht der aktuelle Zeitplan für das Verfahren aus? Nach Auskunft der verfahrensführenden Bergbehörde ist das Rahmenbetriebsplanverfahren durch die Corona-Pandemie behördenseitig nicht in Verzug geraten. Die Vorhabenträgerin erarbeitet derzeit auf Grundlage des im November 2019 erfolgten Scoping-Termins die Antragsunterlagen für die Erweiterung der Gewinnungstätigkeiten über die Grenzen des verlängerten Rahmenbetriebsplans hinaus zur Zulassung eines neuen Rahmenbetriebsplans mit Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung. Nach derzeitigem Informationsstand wird davon ausgegangen, dass die Vorhabenträgerin die Antragsunterlagen Ende 2020/Anfang 2021 bei der Bergbehörde einreichen wird. 1 Sprengungen auf dem Bergwerk Borth finden werktags zum Schichtwechsel, zwischen 13:00 - 13:30 Uhr und 21:00 - 21:30 Uhr statt. Im Bedarfsfall werden auch samstags Sprengungen um 06:00 Uhr ausgelöst. Um während der Corona-Pandemie die Kontakte zwischen den Bergleuten der einzelnen Arbeitsschichten weitestgehend zu vermeiden, wurden die Schicht- und Sprengzeiten (außer samstags) durch die Unternehmerin eine halbe Stunde vorgezogen.