LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1035 24.10.2017 Datum des Originals: 18.10.2017/Ausgegeben: 27.10.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 330 vom 15. September 2017 der Abgeordneten Stefan Kämmerling, Martin Börschel und Stefan Zimkeit SPD Drucksache 17/676 Betriebsrenten wegen ausbleibender Zahlung der ehemaligen FDP-Bundestagsfraktion gefährdet? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Rheinische Zusatzversorgungskasse (RZVK) ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts mit Sitz in Köln. Sie übernimmt für rund 2.570 Arbeitgeber die Zusatzversorgung von deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Somit gibt es rund 340.000 RZVK-Versicherte, für die der Arbeitgeber in Form einer Betriebsrente vorsorgt. Das Kapital aus diesen Betriebsrenten beträgt in etwa 5,4 Mrd. €. Genau wie die gesetzliche Rentenversicherung beruht das System der RZVK auf einem Umlageverfahren. Dies heißt, die eingezahlten Beiträge werden direkt für die Auszahlung von Betriebsrenten verwendet. Die Mitglieder der RZVK sind dabei sehr breit gestreut. Unter anderem zählen dazu: - Landschaftsverband Rheinland - Gemeinde und Städte im Rheinland - Verschiedene Stadtwerke im Rheinland - Sparkassen Daneben können auch Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage Mitglieder werden. Die Aufsicht über die Zusatzversorgungskassen in Nordrhein-Westfalen übernimmt nach Gesetz das Innenministerium des Landes. Am 11. September 2017 erschien bei Spiegel Online ein Artikel über die in Liquidation befindliche FDP Bundestagsfraktion. Kern des Artikels ist ein Rechtsstreit zwischen dieser und der RZVK über die Zahlung von Beiträgen in Höhe von mehr als 5,8 Mio. € für die rund 100 entlassenen Mitarbeiter. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1035 2 Dem Artikel nach, hat die FDP-Bundestagsfraktion in Liquidation (i.L.) ihre Mitgliedschaft in der RVZK nicht beendet und damit die fälligen Beiträge auch nicht bezahlt. Weiterhin wird ausgeführt, dass ein vertrauliches Gutachten der RZVK diese Beitragspflicht als rechtlich zulässig ansieht, die FDP-Fraktion i.L. diese Summe aber bis heute nicht beglichen habe. Vielmehr gäbe es wohl eine Vereinbarung zwischen beiden Parteien, den Beitrag erst einmal zu stunden. Somit fehlen dem System der RVZK derzeit diese 5,8 Mio. €. Dieser Umstand führt dazu, dass momentan Geld fehlt, was zur Auszahlung von bestehenden Betriebsrenten benötigt wird. Damit entsteht die Situation, dass nun alle zahlenden Beitragszahler auch für die Betriebsrenten ehemaliger FDP-Mitarbeiter aufkommen. Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 330 mit Schreiben vom 18. Oktober 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Aufgrund des Organisationserlasses des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein- Westfalen vom 13.07.2017 erfolgte eine Umressortierung der Landesministerien. Im Zuge dieser Umressortierung wurde die für kommunale Angelegenheiten zuständige Abteilung des bisherigen Ministeriums für Inneres und Kommunales dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung zugeordnet. Das Gesetz über die kommunalen Versorgungskassen und Zusatzversorgungskassen im Lande Nordrhein-Westfalen (VKZVKG NRW) bildet die Rechtsgrundlage für die Tätigkeit der Versorgungskassen in NRW. Gemäß § 8 Abs. 1 VKZVKG übt die Aufsicht über die kommunalen Versorgungskassen das Innenministerium aus. Diese Aufsicht obliegt jedoch auch weiterhin der Abteilung für kommunale Angelegenheiten und somit nun dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung. Auf Grundlage des Organisationserlasses wird die Zuständigkeitsregelung im VKZVKG noch angepasst. 1. Ist dem Innenministerium dieser Sachverhalt als Aufsichtsbehörde bekannt? Dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung (MHKBG) war der in Rede stehende Sachverhalt bisher nicht bekannt. Eine gesetzliche bzw. satzungsrechtliche Informationspflicht bestand auf Seiten der Rheinischen Zusatzversorgungskasse (RZVK) hierzu nicht. 2. Sieht das Innenministerium als Aufsichtsbehörde hier Handlungsbedarf, da die Bundestagsverwaltung sich für nicht zuständig erklärt hat? 3. Teilt das Innenministerium als Aufsichtsbehörde die Rechtsauffassung der RZVK, dass die 5,8 Mio. € als Ausgleichszahlung durch die FDP-Fraktion i.L. zu zahlen sind? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1035 3 4. Ist die Landesregierung nach der Berichterstattung durch Spiegel Online, zum Schutze von Interessen nordrhein-westfälischer Bürgerinnen und Bürger, deren funktionierende betriebliche Altersvorsorge durch Anwartschaften auf RZVK- Leistungen systembedingt von der Erfüllung der Beitragspflichten ALLER Mitglieder abhängt, tätig geworden und in welcher Form? Die Fragen 2, 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die RZVK hat gegenüber dem MHKBG mit Bericht vom 29.09.2017 Folgendes vorgetragen: "Fraktionen des Deutschen Bundestages können gemäß § 19 Absatz 2 Satz 2 VKZVKG grundsätzlich Mitglied der Rheinischen Zusatzversorgungskasse (RZVK) sein. Nach § 19 Absatz 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VKZVKG gilt insoweit jedoch auch für Fraktionen des Deutschen Bundestags, dass sie ihren Sitz im Geschäftsbereich der Zusatzversorgungskasse haben müssen. Aufgrund der Tatsache, dass sich der Sitz des Bundestags bis 1999 in Bonn befand, führen auch Fraktionen des Bundestags ihre schon zu dieser Zeit bestehenden Mitgliedschaften bei der RZVK fort. Die FDP-Bundestagsfraktion hat Beschäftigte seit 1961 bei der RZVK zusatzrentenversichert. Die Mitgliedschaft der FDP-Bundestagsfraktion erfolgte über den umlagefinanzierten Abrechnungsverband I. Nach der Bundestagswahl im Jahr 2013, nach der die FDP nicht mehr in den Bundestag einzog, wurde die FDP-Bundestagsfraktion aufgelöst und ein Liquidationsverfahren eingeleitet, das derzeit noch läuft. Die Satzung der RZVK regelt in §§ 15 ff., dass im Falle des Ausscheidens aus dem Abrechnungsverband I das ausgeschiedene Mitglied an die RZVK für die auf ihr lastenden Verpflichtungen einen finanziellen Ausgleich zu erbringen hat. Denn in diesen Fällen bleibt die RZVK den (ehemaligen) Beschäftigten des ausgeschiedenen Mitglieds gegenüber zahlungspflichtig. Die Höhe dieses Betrages wird über ein versicherungsmathematisches Gutachten ermittelt. Auch im Falle der aufgelösten FDP- Bundestagsfraktion wurde ein solches Gutachten erstellt. Der errechnete Ausgleichsbetrag wurde in Höhe von 5,87 Millionen Euro beziffert. Schuldnerin der Forderung ist die FDP-Fraktion in Liquidation. Die RZVK hat die Forderung zunächst nicht gerichtlich geltend gemacht, weil nach anderen Wegen der Durchsetzung gesucht wurde, zumal die Forderung zwischen den Beteiligten der Höhe und dem Grunde nach streitig ist. Auf die Forderung wurde nicht verzichtet. Vielmehr wurde ein Verjährungseinredeverzicht von der FDP-Fraktion in Liquidation bis zum Ende der 18. Legislaturperiode eingeholt. Der befristete Verjährungseinredeverzicht wurde zwischenzeitlich bis zum 31.03.2018 verlängert. Zudem hat die Fraktion in Liquidation der RZVK gegenüber schriftlich zugesichert „dass die Liquidation der FDP-Fraktion i.L. im (17.) Deutschen Bundestag bis zur endgültigen, ggf. gerichtlichen, Klärung des zwischen den Parteien streitigen Anspruchs der RZVK auf Zahlung des Ausgleichsbetrages nicht abgeschlossen wird“, sodass diese ihre Forderung im laufenden Liquidationsverfahren gegebenenfalls noch gerichtlich geltend machen kann. Die Forderung der RZVK besteht weiter. Die angestrebte außergerichtliche Klärung und Einigung wäre effektiver als ein jahrelanges gerichtliches Verfahren. Sollte die Forderung außergerichtlich nicht durchsetzbar sein, wird eine gerichtliche Geltendmachung erfolgen." Das MHKBG sieht auf der Grundlage des von der RZVK vorgelegten Berichts keinen Anlass für aufsichtsrechtliche Maßnahmen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1035 4 5. Sieht die Landesregierung gesetzgeberischen Handlungsbedarf, um zukünftig zu verhindern, dass u.a. FDP-Fraktionen, die in ihrer eigenen Außendarstellung die Unerlässlichkeit von privaten und betrieblichen Altersvorsorgen postulieren, sich im eigenen Handeln der Verantwortung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entziehen und die Allgemeinheit der Versicherten für ihr Handeln zahlen lassen? Die Landesregierung sieht gegenwärtig keinen Anlass, dem Landtag eine Änderung des VKZVKG zu empfehlen, die über die in der Vorbemerkung genannte Klarstellung der Zuständigkeit hinausgeht.