LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10365 29.07.2020 Datum des Originals: 29.07.2020/Ausgegeben: 04.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4012 vom 1. Juli 2020 des Abgeordneten Markus Wagner AfD Drucksache 17/10089 Notstand beim Einsatz- und Rettungsdienst – Werden die empfohlenen Hilfsfristen eingehalten? Ist die Tagesalarmsicherheit gefährdet? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In Nordrhein-Westfalen fahren die Rettungsdienste pro Jahr mehr als eine Million Einsätze. Bei jedem dieser Einsätze beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Deshalb erstellen die Kommunen seit 2008 sog. Rettungsbedarfspläne, welche sie alle fünf Jahre überarbeiten und dem NRW- Gesundheitsministerium vorlegen. Darin sind die sogenannten planerischen Hilfsfristen mit 8- und 12-Minuten-Fristen für die Einsatz- und Rettungskräfte festgeschrieben. Gezählt wird die Zeit vom Absetzen des Notrufs in der Leitstelle bis zum Eintreffen der Helfer am Einsatzort. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 4012 mit Schreiben vom 29. Juli 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung sowie dem Minister für Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Der Rettungsdienst in Nordrhein-Westfalen zeichnet sich durch einen hohen Versorgungsstandard aus. Eintreffzeiten für die Notfallrettung sind nicht rechtsverbindlich – beispielsweise gesetzlich – festgelegt. Im Jahr 2008 hat eine Arbeitsgruppe des Landesfachbeirates für den Rettungsdienst Empfehlungen zur Hilfsfrist für NRW erarbeitet. Die Empfehlungen des Expertengremiums zum Thema Hilfsfristen sehen eine planerische Hilfsfrist für den städtischen Bereich von 8 Minuten vor, für ländliche Bereiche von 12 Minuten. Innerhalb dieser Zeitspanne soll das erste geeignete Rettungsmittel am Einsatzort eintreffen. Je nach lokalen Ausprägungen kann der Träger des Rettungsdienstes entscheiden, ob er diese Differenzierung der Hilfsfristen im eigenen Zuständigkeitsbereich für geboten hält – z.B. wenn eine Region sowohl städtische als auch ländliche Strukturen unterschiedlicher Dichte aufweist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10365 2 Die Kreise und kreisfreien Städte sind als Träger des Rettungsdienstes gesetzlich verpflichtet, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung (inkl. der notärztlichen Versorgung) und des Krankentransportes im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit sicherzustellen. Planungsgrundlage sind von den Kreisen und kreisfreien Städte aufgestellte Bedarfspläne. Die Verpflichtung zur Aufstellung der Bedarfspläne besteht herbei nicht erst seit dem Jahr 2008. Die Bedarfspläne werden der Landesregierung nicht vorgelegt. Lediglich der Einbezug der jeweiligen Bezirksregierung ist für den Fall vorgesehen, dass mit den Verbänden der Krankenkassen im Rahmen der Erörterung der kostenbildenden Qualitätsmerkmale des Bedarfsplanes keine Einigung erzielt werden kann. In diesem Fall trifft die Bezirksregierung die notwendigen Festlegungen. Die Bedarfsplanung ist komplex. Die Empfehlungen zur Hilfsfrist stellen für die Bedarfsplanung einen (rechnerischen) Faktor dar. Weitere Faktoren sind beispielsweise Spitzen- und Sonderbedarfe in Abhängigkeit der Bevölkerungsstruktur und besonderer regionaler Bedingungen (Verkehr, Freizeit- und Sporteinrichtungen). Aufgrund der Dynamik der Planungsfaktoren müssen die Bedarfsplanungen in regelmäßigen Abständen angepasst werden (in Nordrhein-Westfalen spätestens alle fünf Jahre). Der Rettungsdienst stellt eine Teilkomponente der ambulanten (Notfall-) Versorgung dar, welche nicht losgelöst von der übrigen medizinischen Infrastruktur betrachtet werden kann. Veränderungen in diesem Bereich haben in der Regel auch direkte Auswirkungen auf den Rettungsdienst. 1. Inwieweit konnte die erste Hilfsfrist (8 Minuten) in allen Kommunen in NRW seit der Einführung der Rettungsbedarfspläne 2008 eingehalten werden? (bitte die Entwicklung mit Angaben in Prozent pro Jahr und Kommune darstellen) 2. Inwieweit konnte die zweite Hilfsfrist (12 Minuten) in allen Kommunen in NRW seit der Einführung der Rettungsbedarfspläne 2008 eingehalten werden? (bitte die Entwicklung mit Angaben in Prozent pro Jahr und Kommune darstellen) Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die angeforderten Daten zu den Hilfsfristen werden nicht regelhaft erhoben und liegen in der angefragten Form nicht vor. Eine Erhebung war in der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht realisierbar. 3. Welche Möglichkeiten (z.B. Smart Traffic Lights) gibt es, die Verkehrsinfrastruktur in NRW derart zu gestalten, dass Einsatz- und Rettungsfahrzeuge schneller zu ihrem Einsatzort gelangen? 4. Inwiefern berücksichtigen Verkehrskonzepte schon heute die Tagesalarmsicherheit der Einsatz- und Rettungskräfte? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Vorrangschaltungen für Einsatz- und Rettungsdienste an Lichtsignalanlagen im Straßenverkehr sind ein probates Mittel, um bei Einsatzfahrten oder Krankentransporten die Zeitspanne bis zum Eintreffen am Notfallort respektive bis zur Verbringung der Patientinnen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10365 3 oder Patienten in die Klinik zu beschleunigen. Grundlage hierfür bilden neue digitale Methoden zur Verkehrsdatenerfassung und -übertragung sowie zur Fahrzeug-Infrastruktur- Kommunikation (C2X- oder auch „Smart Traffic Light“-Technologie), mit der herkömmliche Lichtsignalanlagen gepaart mit intelligenten Steuerungsverfahren zusätzlich ausgestattet bzw. umgerüstet werden können, um bei Bedarf die Fahrwege für im Einsatz befindliche Einsatzund Rettungsfahrzeuge an einzelnen Verkehrsknoten aber auch im Zuge von koordinierten System (Grünen Wellen) freizuschalten. Letztendlich entscheiden die für die Einsatz- und Rettungsdienste verantwortlichen Kommunen in eigener Zuständigkeit über den Einsatz derartiger Systeme im engen Schulterschluss mit den örtlich zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden und im Abgleich mit den infrastrukturellen und verkehrlichen Gegebenheiten vor Ort. Eine Erhebung zur entsprechenden Berücksichtigung in den lokalen Verkehrskonzepten war in der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht realisierbar. 5. Welche Möglichkeiten hat das Land, den Kommunen bei ihrer Erfüllung der Hilfsfristen zu helfen? Eine operative Tätigkeit der Landesregierung im Rettungsdienst ist gesetzlich nicht vorgesehen. Übergeordnet unterstützt die Landesregierung die Träger des Rettungsdienstes durch vielfältige Reformüberlegungen zur sektorenübergreifenden Notfallversorgung, welche auch auf Bundesebene derzeit intensiv diskutiert werden. Ziel ist es, alle Patientinnen und Patienten in die für sie richtigen Versorgungsstrukturen im ambulanten, klinischen oder rettungsdienstlichen Bereich zu leiten. Hierüber können die jeweiligen Versorgungssysteme entlastet werden. Davon profitiert dann auch die rettungsdienstliche und die notärztliche Versorgung durch Konzentration auf die schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Einsätze. Ein weiterer Baustein hierbei ist die angestoßene landesweite Implementierung des Telenotarztsystems.