LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10368 30.07.2020 Datum des Originals: 30.07.2020/Ausgegeben: 05.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4033 vom der Abgeordneten Martin Börschel und Andreas Kossiski SPD Drucksache 17/10122 Wie entwickelt sich der Kölner Ebertplatz vor dem Hintergrund des Corona- Lockdowns? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Kölner Ebertplatz gilt mit seinen zahlreichen unter- und oberirdischen Zugängen und schlecht ausgeleuchteten Winkeln und Gängen bereits seit vielen Jahren nicht nur als krimineller Schwerpunkt, sondern zeigte in Folge mangelnder Instandhaltung und Pflege über Jahre ein Bild der Vernachlässigung. Insbesondere im Jahre 2017 geriet der Platz wiederholt als Schauplatz von Drogengeschäften und Gewaltdelikten in die Schlagzeilen. Aufgrund dieser Entwicklungen mieden viele Anwohnerinnen und Anwohner den Platz mehr und mehr. Der Ebertplatz ist ein zentraler, öffentlicher Raum mit großem Potenzial, zur Lebensqualität der Kölnerinnen und Kölner beizutragen. Im Rahmen einer Umgestaltung und Wiederbelebung wurde der Platz in den vergangenen Jahren gezielt aufgewertet. Doch durch die Begleiterscheinungen der Corona-Krise droht dem Kölner Ebertplatz ein Rückfall in alte Zeiten. Der Platz wurde während des sogenannten Lockdowns über einen längeren Zeitraum sich selbst überlassen – so blieb der Brunnen trocken, angrenzende Geschäfte und Platzgastronomie blieben geschlossen. Immer weniger Menschen aus den angrenzenden Veedeln hielten sich dort auf, es gab weniger soziale Kontrolle. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4033 mit Schreiben vom 30. Juli 2020 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie hat sich die Situation am Ebertplatz aus polizeilicher Sicht in Zeiten der Corona-Pandemie verändert, als durch den sog. Lockdown viele Ad-hoc- Maßnahmen auf dem Ebertplatz (z. B. Platzgastronomie, Inbetriebnahme des Brunnens, Programme von Initiativen etc.) ruhten? Für die Beantwortung der Frage beziehe ich mich auf die jeweiligen Zeiträume März bis Juni der Jahre 2019 und 2020, um die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie abbilden zu können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10368 2 Im Zeitraum März bis Juni 2019 wurden am Ebertplatz durch das Polizeipräsidium Köln im Mittelwert 123 Einsätze pro Monat wahrgenommen. Hiervon hatten durchschnittlich 17 Einsätze pro Monat unmittelbaren Bezug zur Betäubungsmittelkriminalität. Im Zeitraum März bis Juni 2020 wurden am Ebertplatz durch das Polizeipräsidium Köln im Mittelwert 104 Einsätze (-15% im Vergleich zum Vorjahr) pro Monat wahrgenommen. Davon hatten durchschnittlich 15 Einsätze (- 12% im Vergleich zum Vorjahr) pro Monat unmittelbaren Bezug zur Betäubungsmittelkriminalität. 2. Wie bewertet die Landesregierung die Einschätzung von erfahrenen Streetworkern, dass der Drogenhandel am Ebertplatz in Zeiten des Lockdowns zugenommen hat? Der Betäubungsmittelhandel am Ebertplatz und in seinem Umfeld war auch während des sogenannten Lockdowns festzustellen und wurde mit polizeilichen Maßnahmen bekämpft. Eine Zunahme des Drogenhandels kann nicht bestätigt werden. Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht die Fallzahlenentwicklung der Betäubungsmittelkriminalität der Referenzmonate März bis Juni: März - Juni 2019 März - Juni 2020 Betäubungsmitteldelikte 151 80 davon Handel mit Betäubungsmitteln 56 22 Fall- und Vergleichszahlen bezogen auf den Ebertplatz sind der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht zu entnehmen, da diese erst nach Jahresablauf fertiggestellt wird. Daher wurden die Zahlendaten aus den Vorgangsbearbeitungssystemen IGVP bzw. ViVA generiert (Polizeiliche Eingangsstatistik). 3. Welche Erkenntnisse ergeben sich aus polizeilicher Sicht über die Verlagerung von Dealerszenen vom Ebertplatz in umliegende Bereiche (z. B. U-Bahn- Haltestelle Ebertplatz, Park im Theodor-Heuss-Ring, Sudermanstraße/-platz oder andere)? Die konsequenten polizeilichen Kontrollen und die polizeiliche Videobeobachtung haben das Täterverhalten beeinflusst. Der Konzentration polizeilicher Maßnahmen auf die Platzfläche des Ebertplatzes folgte ein Ausweichen auf die Zwischenebene und Örtlichkeiten im Umfeld des Ebertplatzes. Dabei wird von den Tatverdächtigen darauf geachtet, nicht von der Videobeobachtung erfasst zu werden. Die Betäubungsmittelhändler nutzen beispielsweise Werbeplakate, Mülleimer und die Laufbänder der Rolltreppe, um Drogen zu deponieren. Das Polizeipräsidium Köln beobachtet das Kriminalitätsgeschehen weiterhin sehr sorgfältig und passt ihre Maßnahmen den aktuellen Entwicklungen an. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10368 3 4. Wie bewertet die Landesregierung angesichts der Unübersichtlichkeit des Ebertplatzes den Vorschlag der Kölner Oberbürgermeisterin, Feiernde von anderen Hotspots wie dem Brüsseler Platz, dem Stadtgarten oder der Schaafenstraße in Richtung Ebertplatz umzuleiten? Die benannten innerstädtischen Hotspots entfalten ihre Attraktivität jeweils lokal für ganz bestimmte Besuchergruppen. Es bleibt offen, ob der Ebertplatz für diese Besuchergruppen attraktiv erscheint. Eine Bewertung, wie sich die Zusammenführung der verschiedenen Besuchergruppen am Ebertplatz auswirken könnte, kann derzeit von hier nicht abgegeben werden.