LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10377 30.07.2020 Datum des Originals: 30.07.2020/Ausgegeben: 05.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3733 vom 20. Mai 2020 der Abgeordneten Angela Lück SPD Drucksache 17/9399 Digitalisierung in öffentlichen Arbeitsbereichen des Landes NRW Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Zu Beginn der 17. Legislaturperiode hatte sich die Landesregierung eine flächendeckende Digitalisierung auf vielen Ebenen des öffentlichen Lebens, in Kommunen, Behörden und im Bildungsbereich als eines ihrer obersten Ziele gesetzt. Finanzierungsprogramme wurden entwickelt und umgesetzt. Besonders die Kommunen haben sich intensiv mit ihren Bildungsinstitutionen um Konzepte und Umsetzung bemüht. In Zeiten der Pandemie wird auf die flexiblen Möglichkeiten im Bereich des Home Office gesetzt. Privat und auch in der Wirtschaft greifen die Menschen auf ein vielfältiges Angebot von sicheren Kommunikationsmöglichkeiten im digitalen Bereich zurück. In den öffentlichen Arbeitsbereichen des Landes stoßen wir hier an Grenzen. Das Land verfügt offensichtlich nicht über Sicherungssysteme, die einen Datentransfer und Speicherung, sowie kollaboratives Arbeiten, Webinare und Videokonferenzen in gesicherten Räumen ermöglichen. Darüber hinaus sind offizielle Endgeräte, mit denen digitale Fort- und Weiterbildung umgesetzt werden, in ihren Funktionen reduziert, so dass diese Arbeitsweisen nicht möglich sind. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter greifen dann auf ihre persönlichen Geräte und Supports zurück, was aus Sicherheitsgründen sehr bedenklich ist. Hier verspielt die Landesregierung wichtige Entwicklungen, die mit einer besseren Ausstattung und Absicherung beispielsweise im Kontakt Lehrer – Schüler in den vergangenen Wochen zu mehr kreativen Arbeiten, mehr Zufriedenheit und besseren Ergebnissen auf beiden Seiten geführt hätten. Datensicherungen sind im wirtschaftlichen Bereich ein wichtiger Standard, um Informationen innerhalb einer Abteilung abzusichern. Freie Institute und die Wirtschaft haben sehr schnell reagiert und ihre Beschäftigten entsprechend ausgestattet, um den Betrieb weiter aufrechtzuerhalten. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 3733 mit Schreiben vom 30. Juli 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen, der Ministerin für Schule und Bildung, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung und der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10377 2 1. Welche technischen Möglichkeiten im Home-Office, wie z.B. Videokonferenzen, Webinare und andere digitale, interaktive Arbeitsformen stellt die Landesregierung den kommunalen Einrichtungen und im Bildungsbereich qualitativ und quantitativ zur Verfügung? Die Frage wird so verstanden, dass es um Unterstützungsangebote des Landes im schulischen Bildungsbereich geht. Mit LOGINEO NRW stellt das Land eine webbasierte Arbeitsplattform für Schulen in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung, die schulische Abläufe in einer digitalen, benutzerfreundlichen Umgebung erleichtert und vereinfacht (Hinweis: LOGINEO NRW ist nicht zu verwechseln mit dem System „logineo (orange)“Lehrerinnen und Lehrer erhalten mit LOGINEO NRW Zugriff auf eine Vielzahl von Anwendungen. So können Lehrkräfte beispielsweise rechtssicher über dienstliche E-Mail-Adressen kommunizieren, Termine in gemeinsamen Kalendern organisieren und Materialien in einem geschützten Cloudbereich austauschen. Die Entwicklung von LOGINEO NRW wurde mit den Hauptpersonalräten aller Schulformen abgestimmt. Mit LOGINEO NRW verfügen die Schulen über eine rechtssichere Alternative zu privaten Cloud-Anbietern, um Dateien auszutauschen, gemeinsam zu verwalten und zu bearbeiten. Über LOGINEO NRW haben Lehrkräfte direkten Zugriff auf EDMOND NRW, eine Datenbank mit Tausenden lizensierten, audiovisuellen Bildungsmedien, die sie rechtssicher im Unterricht einsetzen und lerngruppenspezifisch anpassen dürfen. Zur besonderen Unterstützung der Nutzerinnen und Nutzer beinhaltet LOGINEO NRW einen umfangreichen Support- und Hilfebereich mit erläuternden Texten und Videos. In einem eigens zu diesem Zweck eingerichteten virtuellen Datensafe können in LOGINEO NRW auch Dokumente mit sensiblen, personenbezogenen Daten webbasiert gespeichert werden. Seit dem Rollout am 26. November 2019 wurde 872 Schulen LOGINEO NRW zu Verfügung gestellt (Stand 25. Juni 2020). Die Nachfrage ist groß. Der Rollout und der Betrieb von LOGINEO NRW verläuft auch unter der Last der größeren Nutzung während der Corona-Krise ohne größere Störungen. 2. Welche finanziellen Mittel stehen für die Digitalisierung im öffentlichen Bereich zur Verfügung? Mit der Novellierung des EGovG NRW, die der Landtag am 25. Juni 2020 verabschiedet hat, wird die Digitalisierung auf eine deutlich breitere Basis gestellt und der Prozess gleichzeitig beschleunigt. So werden z.B. künftig auch Hochschulen und Schulen mit ihren Verwaltungsbereichen vom EGovG erfasst. Die Landesregierung wird in diesem Zusammenhang in den nächsten Jahren zusätzliche Mittel i.H.v. rd. 600 Mio. € einsetzen. Aus diesen Mitteln wird auch die Einführung der elektronischen Verwaltungsarbeit in der Landesverwaltung (E-Akte, E-Laufmappe, ersetzendes Scannen) finanziert, einschl. der notwendigen Schulungen für die Beschäftigten. Der Rollout in den Ministerien ist gestartet, das Modellministerium MWIDE ist bereits umgestellt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10377 3 Ein weiterer entscheidender Schritt hin zu einer digitalen Verwaltung ist das Onlinezugangsgesetz, mit dem sich Bund und Länder inklusive der Kommunen darauf geeinigt haben, sämtliche Leistungen der deutschen Verwaltung bis zum Ende des Jahres 2022 vollständig digital in einem Portalverbund anzubieten. Zur Finanzierung der für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes notwendigen Maßnahmen in Nordrhein-Westfalen stellt die Landesregierung in den Jahren 2020 bis 2022 Mittel in Höhe von rund 81 Mio. Euro zur Verfügung. Ein wesentlicher Anteil dieser Mittel wird für die Umsetzung und Entwicklung digitaler Services zur elektronischen Inanspruchnahme von Verwaltungsleistungen bereitgestellt, die in Vollzugsverantwortung des Landes und der nordrhein-westfälischen Kommunen liegen. Zudem finanziert die Landesregierung die Entwicklung eines zentralen kommunalen Serviceportals NRW, welchen allen Kommunen und insbesondere den kleineren Kommunen die Nachnutzung von zentral entwickelten und bereitgestellten kommunalen digitalen Services ermöglicht und eine medienbruchfreie Anbindung der Online-Dienste an die kommunalen Fachverfahren der verschiedenen Verwaltungsbehörden sicherstellt. Darüber hinaus hat die Landesregierung im Sommer 2018 das Förderprogramm „Digitale Modellregionen in NRW“ gestartet. Bis Ende 2021 stehen dafür weitere rund 91 Mio. Euro Landesmittel zur Verfügung. Im Mittelpunkt der diesbezüglichen Programmumsetzung stehen neben der Entwicklung und Umsetzung digitaler Pilotprojekte auch hier der kontinuierliche Austausch mit den Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Im Schwerpunkt „E-Government“ geht es darum, das serviceorientierte Handeln in der digitalen Verwaltung voranzutreiben, eingebettet in die rechtlichen Vorgaben und die Open- Government-Strategie des Landes. Im Bereich „digitale Stadtentwicklung“ werden die Modellregionen langfristig wirkende Smart- City-Lösungen in enger Zusammenarbeit mit Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen, Verbänden, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltungen entwickeln, neue Technologien in der Praxis testen und etablieren. Best Practices sollen schnellstmöglich auch auf andere Kommunen im Land übertragen werden. Dazu zählen beispielsweise die Bereiche smarte Mobilität, Energie- Klima-Umwelt, smarte Gesundheit, Wissenstransfer und Start-ups, eHandel, Sicherheit, Menschen mit Behinderung, Alter und Pflege oder smart Home. Ein stetiger Wissenstransfer zu Smart City Projekten mit allen Kommunen in Nordrhein-Westfalen wird durch die Begleitforschung organisiert. Weiterhin hat die Landesregierung das bislang größte Investitionspaket für die Digitalisierung der Schulen beschlossen. Dieses sieht u.a. vor, dass alle Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen und an privaten Ersatzschulen in Nordrhein-Westfalen erstmals mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden. Insgesamt werden dafür rund 103 Millionen Euro investiert. Insgesamt trägt die Landesregierung mit den oben genannten Maßnahmen dazu bei, dass durch die angespannte finanzielle Situation, die auch schon vor der Corona-Krise in einigen Kommunen bestand, der Digitalisierungsprozess von Verwaltungsabläufen im Bereich der Kommunen nicht ins Stocken gerät. Soweit künftige Haushalte betroffen sind stehen die genannten Maßnahmen unter dem Vorbehalt der Haushaltsgesetzgebung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10377 4 3. Wie sieht die Personalentwicklung bzw. -qualifizierung in diesem Bereich aus? Sowohl im Rahmen des Jahresprogramms der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW als auch des IT-Fortbildungsprogramm des CIO NRW werden Fortbildungen zum Aufbau digitaler Kompetenzen angeboten. Die Angebote richten sich jedoch in erster Linie an die Beschäftigten der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen. Beschäftigte anderer Verwaltungen können im Rahmen freier Kapazitäten an den Seminaren teilnehmen. Im schulischen Bereich wird zurzeit daran gearbeitet, den Lehrkräften in Nordrhein-Westfalen zeitnah Webinare bereitzustellen, die zur pädagogischen und technischen Nutzung der Distanzlern-Instrumente befähigen, die den Schulen in Kürze zur Verfügung gestellt werden (Lernmanagementsystem, Messenger und Videokonferenztool). In einem zweiten Schritt sammeln die Fortbildnerinnen und Fortbildner spezifische Bedarfe einzelner Schulen und entwickeln dazu passgenaue weiterführende Angebote. Außerdem beraten sie bezüglich der Nutzung des Fortbildungsangebots externer Anbieter. Das bereits vorliegende vielfältige Fortbildungsangebot für das Lehren und Lernen in der digitalisierten Welt, das bisher in Form von Präsenzveranstaltungen gebucht werden konnte, wird sukzessive für das Lehren und Lernen auf Distanz verfügbar gemacht. 4. Wie sind die Unterstützungsmaßnahmen zur Beratung der kommunalen Strukturen in digitalen Belangen? Im Jahr 2019 wurden die notwendigen Strukturen zur Umsetzung des OZG in Nordrhein- Westfalen in Abstimmung mit allen relevanten Beteiligten und in Abstimmung mit dem E- Government-Rat NRW und dem IT-Kooperationsrat NRW etabliert. Zu den Strukturen gehören neben der Benennung von OZG-Umsetzungskoordinatorinnen und -koordinatoren in jedem Ressort und der Arbeitsaufnahme von bis zu 14 Themenfeldkoordinatorinnen und - koordinatoren für den kommunalen Bereich im Competence Center Digitalisierung des Dachverbandes kommunaler IT-Dienstleister NRW (KDN) insbesondere auch die Einrichtung der OZG-Koordinierungsstelle. Letztere ist – im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie (MWIDE) – bei der d-NRW AöR angesiedelt und sorgt insbesondere für den Informationstransfer zwischen allen Projektbeteiligten auf Ebene von Land und Kommunen und sichert darüber hinaus den Informationsfluss zwischen Nordrhein-Westfalen und dem Bund sowie anderen Ländern zur arbeitsteiligen Umsetzung des OZG. Regelmäßige Koordinatorentreffen und geeignete Plattformen zur Zusammenarbeit sorgen für eine medienbruchfreie Informationsverteilung. Zudem wurden im Rahmen der aufgesetzten Arbeitsorganisation die Verantwortlichkeiten für die Umsetzung jeder der 575 OZG-Leistungen geregelt und den kommunalen Koordinatorinnen und Koordinatoren oder den Koordinatorinnen und Koordinatoren in den Ressorts zugewiesen. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem KDN (Dachverband aller kommunalen IT- Dienstleister in Nordrhein-Westfalen) werden die Projekte des Förderprogramms „Digitale Modellregionen NRW“ von Beginn an für die Übertragbarkeit auf andere Kommunen optimiert und landesweit kommuniziert. Neben der Förderung von Einzelprojekten in den Modellregionen, sieht das Förderprogramm „Digitale Modellregionen in NRW“ quartalsweise stattfindende Austausch- und Transferveranstaltungen zu Fachthemen rund um das Feld der digitalen Stadtentwicklung vor. Im Rahmen dieser Veranstaltungen können Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen in LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10377 5 Nordrhein-Westfalen von den Erfahrungen der Modellregionen, Vorträgen von Fachexperten sowie dem Austausch untereinander profitieren. So hat in den vergangenen Monaten z.B. eine zweiteilige Veranstaltungsreihe zum Thema Datenplattformen mit ca. 45 Digitalbeauftragten bzw. Chief Digital Officers (CDO) aus nordrhein-westfälischen Kommunen stattgefunden. Weiterhin sieht das Förderprogramm für bis zu 120 Kommunen in Nordrhein-Westfalen eine individuelle Beratung im Rahmen von je drei Beratungstagen bzw. Workshops vor. Ziel dieser Einzelberatungen ist es, den Kommunen bei der Entwicklung ihrer Digitalstrategien oder der Konzeption und Umsetzung einzelner Anwendungsfälle zu unterstützten. Dabei kann auf Erfahrungen sowie nachnutzbare Anwendungsfälle aus den Modellregionen zurückgegriffen werden. Mithilfe der kommunalen Spitzenverbände wurden sämtliche Kommunen in Nordrhein-Westfalen eingeladen, dieses Beratungsangebot in Anspruch zu nehmen. 50 Kommunen haben daraufhin bisher ihr Interesse bekundet und sind in diesem Jahr für die Durchführung von Einzelberatungen vorgesehen. Weitere Durchläufe sind zu Ende 2020 bzw. in den Jahren 2021 und 2022 geplant. 5. Was zeigen die Ergebnisse der Reflexion der ersten Wochen in der Pandemie über die Umsetzung der digitalen Unterrichtsformen mit den offiziell zur Verfügung stehenden Plattformlösungen (zum Beispiel Logineo) und ihren Tools im Bildungsbereich? Das Ministerium für Schule und Bildung hat den besonderen Bedarf in Zeiten der Corona-Krise sofort erkannt und die Planungen und die Entwicklungen von LOGINEO NRW entsprechend angepasst. So wird die Entwicklung der Version 1.5 LOGINEO NRW (Einbeziehung der Schülerinnen und Schüler) beschleunigt. Das Lernmanagementsystem LOGINEO NRW LMS wird den Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt und so das Lernen auf Distanz deutlich erleichtert. LOGINEO NRW LMS trägt dazu bei, Lehr-Lernprozesse digital zu unterstützen, sei es in Phasen des Lernens auf Distanz oder im Präsenzunterricht. Seit dem Rollout am 10. Juni 2020 wurden 786 Schulen LOGINEO NRW LMS zu Verfügung gestellt (Stand 02. Juli 2020). Um Schulen bei der Einführung und Nutzung des Systems zu helfen, stehen Anleitungen und Video-Tutorials zur Verfügung, die Administratorinnen und Administratoren, Lehrkräften, und Schülerinnen und Schülern bei der Einrichtung und Nutzung der Lernplattform helfen. Darüber hinaus steht auch eine persönliche Unterstützung durch Medienberaterinnen und Medienberater zur Verfügung. Die LOGINEO NRW Familie soll zudem ergänzt werden durch einen „LOGINEO NRW Messenger“. Außerdem beabsichtigt das Ministerium für Schule und Bildung, in diesem Zusammenhang auch eine Videokonferenzlösung anzubieten.