LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10441 03.08.2020 Datum des Originals: 27.07.2020/Ausgegeben: 07.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3850 vom 12. Juni 2020 der Abgeordneten Dr. Dennis Maelzer, Ellen Stock und Jürgen Berghahn SPD Drucksache 17/9777 Wie reagiert die Landesregierung auf den Hilferuf der Eventfirmen aus Ostwestfalen- Lippe? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Von den zahlreichen Lockerungen der vergangenen Wochen profitieren längst nicht alle Bereiche und Branchen. Dazu zählen in besonderem Maße Firmen in der Veranstaltungsbranche, im Bereich der Schaustellerei und in den Bereichen Messe, Messebau, Catering sowie der Licht- und Tontechnik. Vor allem durch das sehr weitreichende, vorerst bis zum 31.08.2020 geltende Veranstaltungsverbot sind die Unternehmen aus der Eventbranche in ihrem Geschäftszweig vollständig begrenzt. Die großen Probleme, vor denen diese Firmen stehen, haben mehrere Unternehmen am 22.05.2020 in einem Brief an Ministerpräsident Armin Laschet geschildert. Darin erläutern sie u.a. die massiven finanziellen Folgen, die die Corona-Krise für sie hat. Ob Messebau, Kirmesbetrieb, Organisatoren von Partys, Festen und Events, Schausteller usw. – sie alle sind in besonderem Maße betroffen und stehen vor einer ungewissen Zukunft. Nicht nur die sehr hohe Absagerate, sondern auch der totale Einbruch von neuen Aufträgen und die nicht abzusehende Entwicklung, treffen die Branche mit voller Wucht. Neue Aufträge bleiben aufgrund der unklaren Lage aus. Aufgrund der dramatischen Lage und, um Insolvenzen abzuwenden und Arbeitsplätze zu sichern, fordern die Firmen der Eventbranche aus Ostwestfalen-Lippe weitere Entlastungen, Zuschüsse und Hilfen als die bislang bestehenden. Dazu zählen u.a.: - Bundeseinheitliche Regelungen, wann, welche Art und welche Größenordnung von Veranstaltungen wieder erlaubt sind. - Eine Fortsetzung der Soforthilfe bzw. des Beihilfe-Programms NRW für die Eventbranchen sowie eine Erhöhung der Beihilfe um min. 50%; 30% sollen für die Inhaber verwendet werden können, damit zumindest ein Teil der weiterlaufenden geschäftlichen und privaten Kosten gedeckt sind. - Eine rückwirkende und zukünftige Stundung von Steuern, Beiträgen und Abgaben sowie die Stundung aktueller und zukünftiger Zahlungen bis zum 31.12.2021, statt wie bisher zum 31.12.2020. - Eine Übernahme von Bürgschaften für bestehende und neue Kredite. Schutz vor Fälligstellung von Krediten und Kontokorrentlinien durch Kreditinstitute. Insbesondere geht es den Firmen um die Gleichbehandlung von Inhabern von Einzelfirmen und GmbH- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10441 2 Firmen. Inhaber sollten nicht mit dem gesamten Privatvermögen haften müssen, sondern mit max. 10% - wie bei einer GmbH-Geschäftsführung. - Weitere Zuschüsse für den Existenzerhalt und den damit verbundenen Arbeitsplätzen. Eine unkomplizierte und schnelle Zuteilung muss gewährleistet sein. - Die Landesregierung sowie die Städte und Kommunen aus NRW sollen bei der zukünftigen Durchführung von Veranstaltung auf Firmen, Künstler und Dienstleister aus NRW zurückgreifen. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 3850 mit Schreiben vom 27. Juli 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet. 1. Wie reagiert die Landesregierung auf den Hilferuf aus der Eventbranche aus Ostwestfalen Lippe? 2. Wie steht die Landesregierung zu der im Schreiben der Eventfirmen aus Ostwestfalen Lippe vom 22.05.2020 genannten Forderung, die Soforthilfen und das Beihilfe-Programm für die Eventbranche zu verlängern und aufzustocken? 4. Welche weiteren Zuschüsse oder weitergehenden Hilfsprogramme plant die Landesregierung für die Firmen der Eventbranche, um Existenzen und Arbeitsplätze zu sichern? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1, 2 und 4 gemeinsam beantwortet. Ministerpräsident Laschet hat auf den Brief der Event- und Veranstaltungsbranche bereits am 24. Juni 2020 ausführlich geantwortet. Zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Unternehmen in Nordrhein-Westfalen hat die Landesregierung gemeinsam mit dem Bund die NRW Soforthilfe 2020 aufgesetzt. Das Programm der Soforthilfe ist zum 31.05.2020 ausgelaufen. Zur weiterführenden Unterstützung der Unternehmen, der Solo-Selbstständigen und Angehörigen der freien Berufe wurde seitens der Bundesregierung am 12.06.2020 die Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit im Zuge der Corona-Pandemie ganz oder teilweise einstellen müssen, mit dem Ziel beschlossen, die wirtschaftliche Existenz dieser Wirtschaftsakteure zu sichern. Die Überbrückungshilfe ist branchenübergreifend angelegt, wobei jedoch den besonders betroffenen Branchen wie Unternehmen der Veranstaltungsbranche Rechnung getragen wird. Die Höhe der Überbrückungshilfe wird in Stufen in Abhängigkeit von der Höhe der Umsatzeinbrüche des Unternehmens gewährt. Zusätzlich zu den Förderbeträgen des Bundes wird das Land im Rahmen des Verfahrens der Überbrückungshilfe einen fiktiven Unternehmerlohn für Solo-Selbstständige, Freiberufler und im Unternehmen tätige Inhaber von Einzelunternehmen und Personengesellschaften in Höhe von maximal 1.000 Euro pro Monat für drei Monate bereitstellen. Das Ziel des Zusatzprogrammes ist die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz dieser wichtigen Wirtschaftsakteure. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10441 3 Weiterhin kann die Bürgschaftsbank Nordrhein-Westfalen derzeit bis zu 90 Prozent eines Bankkredits (max. 2,5 Mio. Euro) verbürgen. Für kleine Unternehmen mit bis zu 10 Mitarbeitern gibt es darüber hinaus die SchnellBürgschaft 100 (100 Prozent Verbürgungsgrad) für Kredite bis 250.000 Euro mit vollständiger Besicherung bei festgeschriebenen Kreditkosten von max. einem Prozent pro Jahr. Hinzu kommt eine von der Verbürgungsquote abhängige Bürgschaftsprovision. Entscheidungen trifft die Bürgschaftsbank innerhalb von 72 Stunden nach der Beantragung durch die Hausbank. Darüber hinaus werden derzeit in Gesprächen auf Ministerebene mit Vertretern von Wirtschaftsförderungsgesellschaften und Unternehmen der Veranstaltungsbranche konkrete Maßnahmen zur Unterstützung dieser Branche bei der Bewältigung der aus der Corona- Pandemie resultierenden wirtschaftlichen Folgen erörtert. 3. Wie steht die Landesregierung dazu, die Eventbranche durch eine weitgehende Stundung von Steuern, Beiträgen und Abgaben finanziell zu entlasten? Die seitens der Finanzverwaltung bundeseinheitlich getroffenen Regelungen zur erleichterten Beantragung der Stundung von Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer dienten und dienen weiterhin der Überbrückung von Liquiditätsengpässen der durch die Corona-Pandemie unmittelbar und nicht unerheblich betroffenen Unternehmen. Die Erleichterungen wirken nach den derzeitigen Vereinbarungen auf Bund-Länder-Ebene bis zum 31.12.2020. Die Landesregierung beobachtet kontinuierlich die weitere Entwicklung und überprüft die eingeleiteten Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit, den negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie zu begegnen. 5. Welche finanziellen Mittel stehen zur Verfügung, um die oben genannten Hilfsmöglichkeiten zu schaffen? Bereits im Rahmen der NRW-Soforthilfe hat die Landesregierung zusätzliche Haushaltsmittel bereitgestellt. Zur Unterstützung von mittelständischen Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten hat das Land rund 620 Millionen Euro Soforthilfe ausgezahlt. Für Solo- Selbstständige, Freiberufler und im Unternehmen tätige Inhaber von Einzelunternehmen und Personengesellschaften wurden seitens des Landes 300 Millionen Euro bereitgestellt. Bis August 2020 beträgt das geplante Volumen der durch die Bundesregierung deutschlandweit bereitgestellten Überbrückungshilfen 25 Mrd. Euro. Die auf Nordrhein- Westfalen entfallenden Mittel werden dem Land aus dem Bundeshaushalt auf Abruf bereitgestellt. Weiterhin werden wie erwähnt von Seiten des Landes Haushaltsmittel für die ergänzende existenzsichernde Gewährung von Hilfen an Solo-Selbständige, Freiberufler und im Unternehmen tätige Inhaber von Einzelunternehmen und Personengesellschaften in Höhe von maximal 1.000 Euro pro Monat für drei Monate zur Verfügung gestellt. Die Erweiterung wird voraussichtlich Landesmittel in Höhe von 300 Millionen Euro erfordern, die bereits durch den Kabinettbeschluss über das Nordrhein-Westfalen-Programm I abgesichert sind.