LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10444 03.08.2020 Datum des Originals: 30.07.2020/Ausgegeben: 07.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4071 vom 7. Juli 2020 der Abgeordneten Dr. Nadja Büteführ, Ernst-Wilhelm Rahe und Alexander Vogt SPD Drucksache 17/10162 Wie wirkungsvoll ist der Solidarpakt für den NRW-Lokalfunk tatsächlich? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Aufgrund der Corona-Krise sieht sich der NRW-Lokalfunk mit einem deutlichen Rückgang von Werbeeinnahmen und damit der zentralen Einnahmequelle konfrontiert. Gemeinsam mit den Vertretern des Lokalfunks, den Infrastrukturanbietern und der Landesanstalt für Medien NRW hatte sich die nordrhein-westfälische Landesregierung daher im Mai auf einen bis zu 700.000 Euro umfassenden „Solidarpakt Lokalfunk NRW“ geeinigt, wovon jeweils die Hälfte aus dem Etat der Landesmedienanstalt sowie aus dem Landeshaushalt aufgebracht werden soll. Erklärtes Ziel war es, journalistisch-redaktionelle Arbeitsplätze sowie die Medienvielfalt zu schützen. Allerdings muss dieses Ziel mit mehreren Fragezeichen versehen werden. Fraglich ist einerseits, inwieweit der Weiterbetrieb der Sender langfristig gewährleistet werden kann, wenn die Unterstützungsleistung durchschnittlich weniger als 16.000 Euro pro Radiosender beträgt. Andererseits ist die Ernsthaftigkeit des Solidarpakts kritisch zu hinterfragen, wenn als Bezugswert für Aufträge an freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Monat April gewählt wurde, in dem es für viele freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Lokalfunk bereits keine Aufträge mehr gab. Fraglich bleibt letztlich auch, wie sich die zukünftige redaktionelle Personalsituation der Sender über den 30. September 2020 hinaus ausgestalten wird, da die Lokalradiosender immer erst im September über den Stellenplan im kommenden Jahr entscheiden. Der Ministerpräsident hat die Kleine Anfrage 4071 mit Schreiben vom 30. Juli 2020 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Zunächst und bevor auf die gestellten Fragen im Einzelnen eingegangen wird, ist aus Sicht der Landesregierung hervorzuheben, dass der Solidarpakt nicht nur ein Akt der Solidarität, sondern auch Ausdruck des gemeinsamen Engagements und Willens aller Beteiligten ist, den LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10444 2 Lokalfunk, seine Funktionsfähigkeit und die damit verbundene lokaljournalistische Leistung aufrechtzuerhalten und zu sichern. Dies ist auch in der Öffentlichkeit positiv gewürdigt worden. Nordrhein-Westfalen war mit dem Solidarpakt Vorreiter im Länderkreis. Die Sicherung redaktioneller Arbeit, wie sie durch fest angestellte Redakteurinnen und Redakteure sowie durch freie Journalistinnen und Journalistinnen und Journalisten im Hörfunk geleistet wird, ist bundesweit einmalig. Der Ansatz der Infrastrukturförderung dient nunmehr auch als Vorbild für die ergänzenden Förderhilfen, welche auf Drängen von Nordrhein-Westfalen und der anderen Länder vom Bund aktuell im Hilfsprogramm „NEUSTART KULTUR“ zur Verfügung gestellt werden. Bei der Unterstützung des Solidarpaktes durch Mittel des Landes Nordrhein-Westfalen hat die Landesregierung zugleich deutlich gemacht, dass diese Hilfen nur eine zeitlich begrenzte Maßnahme zur Bewältigung der pandemiebedingten Auswirkungen auf den Lokalfunk sein können. Gleiches wird auch für die vom Bund zur Verfügung gestellten Förderhilfen für den Hörfunk gelten, deren Ausgestaltung aktuell beraten wird. Diese Hilfen dienen der Reduzierung der Krisenbelastungen. Sie ersetzen aber nicht die zusätzlich erforderlichen Anstrengungen des Lokalfunks, die grundsätzlichen Herausforderungen der sich verändernden Medienlandschaft zu bewältigen. Die Landesregierung hat mit den Reformen im Rahmen der Gesamtstrategie „Radio in NRW 2022“ wie im Koalitionsvertrag avisiert die Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen und zukunftsfähigen Lokalfunk geschaffen. Hierzu gehören neben der Schärfung der Vergabekriterien für DAB+ und UKW-Frequenzen auch die Schaffung der Rahmenbedingungen für eine Innovationsförderung im Audio-Bereich durch die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen. 1. Nach welchen Kriterien wurden die im Solidarpakt veranschlagten Mittel an die einzelnen Lokalradiosender verteilt? Mit dem Solidarpakt wurden dem Lokalfunk Zuschüsse zu den Kosten des UKW-Sendenetzes, welches die Versorgung der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen mit lokalem Hörfunk ermöglicht, im Zeitraum Mai bis Juli 2020 in Höhe von 700.000 Euro gewährt. Die Fördergelder wurden an radio NRW GmbH (radio NRW) als Rahmenprogrammanbieter und zugleich alleinigen Rechnungsempfänger der technischen Dienstleistungen im Bereich der Sende- und Leitungskosten für den Betrieb der UKW-Sendeanlagen im Förderzeitraum ausgegeben. Über radio NRW wurde die Fördersumme gemäß des im Solidarpakt vereinbarten Verfahrens an die Betriebsgesellschaften der lokalen Hörfunksender in Nordrhein-Westfalen ausgeschüttet. Hierbei wurden im System anteiliger Kostenweiterbelastung die Eigenanteile der Betriebsgesellschaften an den Sendekosten vollständig übernommen. Im Übrigen erfolgte eine gleichmäßige Verteilung auf die 44 Betriebsgesellschaften. 2. Wie wird nachgehalten, dass es keinen Stellenabbau innerhalb der Lokalradioredaktionen gibt? Wesentlicher Bestandteil des Solidarpaktes ist die Zusicherung vonseiten der Veranstaltergemeinschaften und der Betriebsgesellschaften des Lokalfunks, redaktionelle Arbeitsplätze zu sichern. Die entsprechende Selbstverpflichtung sieht insofern höchste Priorität für den Schutz der Arbeitsplätze im gesamten Jahr 2020 vor. Kurzarbeit soll vermieden werden. Explizit soll es bis zum 30. September 2020 zu keinem betriebsbedingten Abbau von Arbeitsplätzen redaktioneller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den NRW- Lokalradios kommen. Auch soll bis zu diesem Zeitpunkt eine durchschnittliche Quote von LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10444 3 mindestens 75% der Aufträge für freiberuflich tätige Journalistinnen und Journalisten erfüllt werden (Referenzzeitraum: April 2020). Voraussetzung für die Gewährung der Zuschüsse war daher die schriftliche Erklärung des Verbands Lokaler Rundfunk in Nordrhein-Westfalen (VLR) und des Verbands der Betriebsgesellschaften Nordrhein-Westfalen (BG Verband), dass diese Zusicherungen zur Arbeitsplatzsicherheit im Lokalfunk eingehalten werden. Ein entsprechender Verwendungsnachweis hat im Nachgang zur Förderung die Einhaltung dieser Verpflichtung zu belegen. Die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen ist, wie von ihr bereits im Vorfeld des Solidarpaktes angekündigt, im fortgesetzten Dialog mit den Beteiligten des Solidarpaktes. Im Nachgang zur Bewilligung der Förderung erfolgte Anfang Juli ein Follow-up unter Einbeziehung der Staatskanzlei und Beteiligung insbesondere des VLR, des BG Verband, radio NRW, des Verbands der Chefredakteure NRW und des Deutschen Journalisten Verbands. Von allen Seiten wurde betont, dass die Vereinbarung eingehalten werde und es bisher zu keinen personellen Veränderungen gekommen sei. Allein in einem Verbreitungsgebiet habe Kurzarbeit in Anspruch genommen werden müssen. 3. Wie hat sich die Anzahl der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im lokalen Hörfunk seit Januar monatsweise verändert (bitte nach Veranstaltergemeinschaft sowie nach Anzahl der Aufträge an freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auflisten)? 4. Wie viele Minuten lokales Programm pro Tag wurden durchschnittlich seit Januar in den 44 Radiosendern in NRW produziert (bitte monatsweise und nach Sender auflisten)? 5. Wie viel Prozent des lokalen Programms wurde seit Januar von festangestellten bzw. freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern produziert (bitte monatsweise und nach Sender auflisten)? Zu den Fragen 3 bis 5 liegen der Landesregierung keine eigenen Daten vor. Eine Abfrage bei der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen hat ergeben, dass auch dieser keine umfassenden Zahlen hierzu vorliegen und solche auch unter Einbeziehung der Beteiligten des Lokalfunks nicht kurzfristig ermittelbar sind.