LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1045 26.10.2017 Datum des Originals: 24.10.2017/Ausgegeben: 02.11.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 292 vom 11. September 2017 der Abgeordneten Verena Schäffer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/594 Landesregierung uneins: Gibt es in NRW „No-Go-Areas“ und wenn ja, wie viele? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im schriftlichen Bericht der Staatskanzlei zu TOP 4 „Was macht die Bosbach-Kommission“ der Sitzung des Innenausschusses am 07. September 2017 begründet der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski, die Einrichtung einer solchen Kommission damit, dass es u.a. eine „dramatische Entwicklung von ‚No-Go-Areas‘“ in Nordrhein-Westfalen gebe (Vorlage 17/81). In der Innenausschusssitzung konnten jedoch weder Herr Liminski noch Innenminister Herbert Reul die Fragen der Abgeordneten zu Anzahl und Orten von vermeintlichen „No-Go-Areas“ beantworten . Stattdessen wurde auf die gefühlte Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger verwiesen . Maßnahmen der Landesregierung dürfen sich jedoch nicht auf eine subjektive Verunsicherung , sondern müssen sich auf belegbare Fakten begründen. Zudem hat Innenminister Reul in der besagten Innenausschusssitzung eine völlig andere Definition für den Begriff „No-Go-Areas“ geliefert als diejenige, die bisher von CDU und FDP verwendet wurde. Er revidiert damit das Bild, das in den Monaten vor der Landtagswahl von Innenpolitikern von CDU und FDP gezeichnet wurde. Die Klarstellung, dass es keine Stadtteile und Gebiete in Nordrhein-Westfalen gibt, in die die Polizei nicht hineingehen würde, ist daher dringend notwendig. Der Innenminister hat die Kleine Anfrage 292 mit Schreiben vom 24. Oktober 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1045 2 1. Was versteht die Landesregierung unter „No-Go-Areas“? Der GdP-Landesvorsitzende Arnold Plickert stellte fest: „Wenn sich Menschen bei Dunkelheit nicht mehr in bestimmte Straßen trauen, ist und bleibt das für mich eine No-Go-Area“ (WAZ, 3. März 2017). Eine Lagedarstellung der Präsenzkonzeption „Duisburg-Nordstadt“ des Polizeipräsidiums Duisburg , die der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3734 (Drucksache 16/9632) beigefügt wurde, thematisierte solche Zustände ebenfalls. In Nordrhein-Westfalen gibt es keine Gegenden oder Straßen, die von Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten nicht betreten oder befahren werden. Gleichwohl werden polizeiliche Einsätze aus Eigensicherungsgründen an bestimmten Einsatzörtlichkeiten auch mit mehr als einem Streifenwagen wahrgenommen. Die Landesregierung geht bei der Verwendung des Begriffes von der Wahrnehmung der Menschen vor Ort aus. Eine „No-Go-Area“ ist ein Ort, an dem Menschen entweder erhebliche Angst und Unsicherheit empfinden oder den Menschen aus Angst gar nicht mehr betreten. Dementsprechend ist jede „No-Go-Area“ auch als „Angstraum“ zu bezeichnen. 2. Wie viele dieser von Herrn Liminski benannten „No-Go-Areas“ gibt es derzeit in NRW? 3. Wie hat sich die Anzahl der von Herrn Liminski benannten „No-Go-Areas“ in den vergangenen zehn Jahren in NRW verändert? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln.) Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Verstärkt seit etwa zwei Jahren erhält die Landesregierung eine Vielzahl von Eingaben zum Thema „Innere Sicherheit“. Dabei betreffen die Eingaben verschiedene Aspekte wie die Entwicklung der Kriminalität, die Präsenz und Ausstattung der Polizei, Clan- und Bandenkriminalität , die sexuellen Übergriffe an Silvester 2015 in Köln, die die Domplatte für viele Frauen in dieser Nacht zu einer No-Go-Area gemacht haben, sowie die immer offenkundiger werdenden Versäumnisse im Fall Amri. In vielen dieser Eingaben ist das Thema „No-Go-Areas“ angesprochen worden. Eine Statistik speziell zur Erwähnung von „No-Go-Areas“ wird allerdings nicht vorgehalten. Die Landesregierung und die Sicherheitsbehörden führen keine gesonderte Liste über „No- Go-Areas“ in Nordrhein-Westfalen. 4. Nimmt zukünftig der Chef der Staatskanzlei die Bewertungen zur Sicherheitslage für die Landesregierung vor? Die Bewertung wird, wie in der Vergangenheit auch, durch die Sicherheitsbehörden vorgenommen . Unabhängig davon wird der Chef der Staatskanzlei auch in Zukunft auf Berichtsanfragen von Ausschüssen des Landtags und/oder auf im Rahmen von Ausschusssitzungen geäußerte Fragen einzelner Abgeordneter des Landtags Antworten geben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1045 3 5. Was unternimmt die Landesregierung, um Angsträume zu vermeiden und zu beheben ? Zur Abwehr von Gefahren und zur Kriminalitätsbekämpfung analysieren die Kreispolizeibehörden fortlaufend und umfassend die örtliche Sicherheitslage. Auf Grundlage der Analyseergebnisse werden in den jeweiligen Sicherheitsprogrammen behördenstrategische Schwerpunktsetzungen bestimmt und in diesem Kontext auch brennpunktorientierte operative Maßnahmen festgelegt. Insoweit haben die Kreispolizeibehörden Orte mit einer „signifikant höheren Kriminalitätslage “ im Blick und richten ihre polizeilichen Maßnahmen, wie z. B. die gezielte Präsenz an solchen Brennpunkten, danach aus. Die neue Landesregierung hat bereits mit ihren ersten Maßnahmen der Wichtigkeit der inneren Sicherheit und des Sicherheitsgefühls der Bürgerinnen und Bürger Rechnung getragen: Wir bringen mehr Polizei auf die Straßen. Dazu haben wir 100 Stellen für Polizeiangestellte auf die Kreispolizeibehörden verteilt und 300 zusätzliche Kommissaranwärterinnen und -anwärter eingestellt. Außerdem investieren wir mit dem Nachtragshaushalt 2017 in eine bessere technische Ausstattung der Polizei.