LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10452 04.08.2020 Datum des Originals: 04.08.2020/Ausgegeben: 10.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4074 vom 9. Juli 2020 des Abgeordneten Markus Wagner AfD Drucksache 17/10169 Öffentlichkeitsfahndung nach Mahmoud H. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach zwei schweren Auseinandersetzungen am 27. April und am 1. Mai 2020 auf dem Von- Ossietzky-Ring im Hörsterfeld sucht die Polizei Essen mit Fotos nach dem 32-jährigen Mahmoud H., dem vorgeworfen wird, einem der an dem Vorfall vom 1. Mai Beteiligten mit einer Machete auf den Kopf geschlagen zu haben. Überdies wird er verdächtigt, gewerbsmäßig mit Betäubungsmitteln gehandelt und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet zu haben.1 Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4074 mit Schreiben vom 4. August 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet. 1. Was ist der jeweilige Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den Vorfällen am 27. April und 1. Mai 2020? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen und mögliche Bezüge zur Clankriminalität nennen) 2. Welche Staatsbürgerschaft(en) besitzen die Tatverdächtigen? 3. Wie viele Personen wurden durch Mahmoud H. verletzt? (Bitte auch die Schwere der Verletzung angeben) 4. Was ist der Sachstand der Öffentlichkeitsfahndung? Die Fragen 1 bis 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. 1 Vgl. nrw-aktuell.tv (2020): Öffentlichkeitsfahndung nach gefährlicher Körperverletzung auf dem Von- Ossietzky-Ring in Essen - Polizei sucht nach 32-jährigen Tatverdächtigen und bittet um Hinweise; online im Internet: https://www.nrw-aktuell.tv/2020/06/offentlichkeitsfahndung-nach_29.html. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10452 2 Zum aktuellen Sachstand der Ermittlungen hat mir das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen mit Schreiben vom 21.07.2020 folgende Informationen zur Verfügung gestellt: „Der Leitende Oberstaatsanwalt in Essen hat dem Ministerium der Justiz unter dem 16.07.2020 im Wesentlichen Folgendes berichtet: ‚Am 27.04.2020 kam es in Essen zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen Angehörigen zweier, nach hiesigen Erkenntnissen bereits seit mehreren Jahren verfeindeter Familien, die einerseits syrischer und andererseits libanesisch/palästinensischer Herkunft sind. Bei den aus der syrischen Familie stammenden Beschuldigten A und B handelt es sich um zwei Brüder (32 und 27 Jahre [alt]). Beide sind bislang nicht vorbestraft. Sie leben seit einigen Jahren in der Bundesrepublik. Bei den übrigen Beschuldigten handelt es sich um Angehörige der Familie H. Sie sind libanesisch/palästinensischer Herkunft und leben seit ca. 40 Jahren in der Bundesrepublik. Teilweise besitzen die jüngeren Tatverdächtigen auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Der am 27.04.2020 zunächst verbal geführte Konflikt eskalierte und gipfelte in einer körperlichen Auseinandersetzung mittels Schlagwerkzeugen, insbesondere Holzlatten, auf dem Von-Ossietzky-Ring in Essen-Horst. Aufgrund der örtlichen Nähe zu den Wohnorten der beteiligten Personen erschienen in kürzester Zeit weitere, derzeit noch zu ermittelnde Personen, die ebenfalls bewaffnet ihre Familie/Bekannten unterstützten. Es waren zeitweise ca. 40 Personen, teilweise vermummt, vor Ort involviert. Passanten und Anwohner filmten die Situation aus verschiedenen Positionen. Die herbeigerufene Polizei konnte unter Vorhalt von Schusswaffen die Situation deeskalieren und schließlich auflösen. Mit sämtlichen ermittelten Beteiligten wurde ein sog. „Gefährderansprache“ durchgeführt. Am 01.05.2020 kam es zu einer weiteren körperlichen Auseinandersetzung unter Beteiligung von Angehörigen derselben Familien. Hierbei wurde ebenfalls am Von-Ossietzky-Ring auf öffentlicher Straße mit Schlagwerkzeugen aufeinander eingeschlagen, wobei diesmal die Aggressivität von der palästinensischen Familie ausging. Bei drei Beschuldigten erfolgte eine Durchsuchung der Wohnung, anlässlich derer entsprechende Beweismittel sichergestellt werden konnten. Auch von der Auseinandersetzung am 01.05.2020 liegen mehrere Videos von Anwohnern vor, die derzeit noch abschließend ausgewertet werden. Vor wenigen Wochen konnten weitere Handys und dementsprechende Videos sichergestellt werden. Hierauf ist u. a. auch die Tat des Mahmoud H. erstmals zu erkennen: Der Beschuldigte Mahmoud H. (deutsche Staatsangehörigkeit, ledig, 32 Jahre alt) ist dabei dringend verdächtig, am 01.05.2020 einer anderen Person mit einer Machete mehrfach auf den Kopf geschlagen zu haben. Bei dieser Person handelt es sich um den bereits inhaftierten B (syrische Staatsangehörigkeit, verheiratet, 27 Jahre alt). Er ist der verfeindeten syrischen Familie zuzuordnen. Zum Tatzeitpunkt wurde der B bereits mehrfach mit Holzrohren geschlagen und flüchtete deshalb. Als er auf der Flucht ins Stolpern geriet und zu Boden fiel, wurde er von drei derzeit noch LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10452 3 unbekannten Tätern am Boden sitzend geschlagen und getreten. Im Anschluss daran wurde er von Mahmoud H. mit einer Machete (ca. 50 cm Klingenlänge) auf den Kopf geschlagen, sodass er zur Seite auf den Boden kippte. Am Boden liegend schlug Mahmoud H. weitere Male mit der Machete auf den Oberkörper des B und trat ihm mehrfach gegen den Kopf. Des Weiteren ist Mahmoud H. dringend verdächtig, am 02.05.2020 gewerbsmäßig mit Kokain gehandelt zu haben. Das zunächst getrennt geführte Verfahren wurde zum hiesigen Ermittlungsverfahren hinzuverbunden. Hierbei hat er u. a. […] einen „Bubble“ Kokain (ca. 4 g) versteckt. Er wurde bei der Tat durch die Polizei zufällig beobachtet und kontrolliert. Dem Beschuldigten eilten ca. 30 Anwohner zur Hilfe. Es entstand eine tumultartige Auseinandersetzung, bei welcher die Polizeibeamten in einem Hinterhof für kurze Zeit durch Verschließen der Rolltore auch eingesperrt wurden. Es kam auch zu leichteren Widerstandshandlungen durch den Mahmoud H. in Form von Sperren und Festhalten der Polizeibeamten. Der Beschuldigte Mahmoud H. ist bereits 13-mal vorbestraft. Zuletzt verurteilte ihn das Landgericht Essen im Jahr 2015 wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Personen unter 18 Jahren in 30 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren. Diese hatte er im November 2018 vollverbüßt. Im September 2019 verurteilte ihn das Amtsgericht Essen- Steele wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte im besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung. […] Die Hintergründe der Auseinandersetzungen sind bislang nicht abschließend geklärt. Es deutet sich jedoch an, dass diese […] nicht auf „Verteilungskämpfe“ oder „Clankriminalität“ zurückzuführen sind. Ein Bezug zur organisierten Kriminalität ist zum jetzigen Ermittlungsstand gleichermaßen nicht festzustellen. Der Familienstreit dauert schon seit mehreren Jahren an, ohne dass es bislang zu strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Essen kam. Es kam zu keinen erheblichen Verletzungen der an den Auseinandersetzungen beteiligten Personen. Drei der Beschuldigten, u. a. der B, mussten mit Platzwunden im Krankenhaus erstversorgt werden, konnten jedoch anschließend entlassen werden. Weitergehende Verletzungen sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt. Gegen vier Beschuldigte wurde die Untersuchungshaft angeordnet und vollstreckt. Bei einem Beschuldigten konnte die Untersuchungshaft dabei gegen strenge Auflagen vorläufig außer Vollzug gesetzt werden. […]‘ Die Generalstaatsanwältin in Hamm hat dem Ministerium der Justiz am 20.07.2020 im Wesentlichen Folgendes mitgeteilt: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10452 4 ‚Der Leitende Oberstaatsanwalt in Essen hat mir ergänzend berichtet, dass das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz geführt werde. Zudem habe sich der Beschuldigte Mahmoud H. am 17.07.2020 bei der Polizei gestellt und sei in Untersuchungshaft genommen worden. Gegen die Sachbehandlung habe ich keine Bedenken.‘ “