LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10461 05.08.2020 Datum des Originals: 05.08.2020/Ausgegeben: 11.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4080 vom 9. Juli 2020 des Abgeordneten Sven W. Tritschler AfD Drucksache 17/10175 Ist Köln ein Zentrum des Linksextremismus in Nordrhein-Westfalen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Stadt Köln und/oder einer ihrer Stadtteile, „Veedel“ genannt, werden allein zwölfmal in der Sektion „Autonome Linksextremisten“ des kürzlich erschienenen Verfassungsschutzberichts NRW über das Jahr 2019 erwähnt. Es geht bei diesen Erwähnungen in erster Linie um rechtswidrige Hausbesetzungen. Diese haben über das gesamte Stadtgebiet verteilt stattgefunden. Außerdem existiert in Köln eine Vielzahl von linken Treffpunkten, die zum Teil sogar von der Stadt Köln gefördert werden. Es gibt das Autonome Zentrum an der Luxemburger Straße, Bauwagenplätze, sogenannte Bürgerzentren in freier Trägerschaft usw. Die Landesregierung hat in der Vergangenheit bestätigt, dass allein das Autonome Zentren vier vom Verfassungsschutz beobachtete linke Organisationen zumindest temporär beherbergt. In Köln können wegen meist gewaltsamer Proteste die Veranstaltungen der Partei AfD nur unter massiven Polizeischutz stattfinden. An diesen Protesten nehmen auch Politiker aus dem sogenannten demokratischen Spektrum von SPD und Grünen teil. Viele Gastronomen trauen sich nicht, der AfD und anderen nicht-linken Organisationen Räumlichkeiten aufgrund der Bedrohung durch Linke zu überlassen. Offen beworbene Stammtische sind z.B. für den Kreisverband der AfD in Köln nicht möglich. Das stellt einen massiven Eingriff in die grundgesetzlich verbrieften Rechte der Partei dar, für ihre Positionen Wähler und Mitglieder werben zu können. Die Einschüchterung erfolgt mit mafiaähnlichen Methoden. Die Wirte werden außerdem für das Überlassen ihrer Räumlichkeiten an Nichtlinke in der Nachbarschaft mit Flugblättern und in den sozialen Medien gebrandmarkt. Insbesondere im Stadtteil Sülz können in letzter Zeit vermehrt Aktivitäten der Linken wahrgenommen werden z.B. das Verteilen von Flugblättern, die Organisation von Demonstrationen und das Anbringen von Aufklebern und Plakaten wie auch das Umbenennen von Straßen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10461 2 Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4080 mit Schreiben vom 5. August 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Bildung und der Ministerin für Kultur und Wissenschaft wie folgt: 1. Welche linksextremen Bestrebungen haben im Jahr 2019 und im ersten Halbjahr 2020 in der Stadt Köln Aktivitäten entfaltet? (Bitte nennen Sie hier neben dem Namen der jeweiligen Bestrebung auch die Mitgliederzahl in Köln, die Mitgliederzahl im Bund und NRW sowie das Kölner Veedel des Sitzes der Organisation). Alle im Verfassungsschutzbericht des Landes NRW für das Jahr 2019 (Vorlage 17/3479) genannten linksextremistischen Bestrebungen sind auch in Köln festzustellen. Die Mitgliederzahlen für Nordrhein-Westfalen sind den jährlich veröffentlichten Verfassungsschutzberichten zu entnehmen. Eine auf einzelne Städte oder Stadtviertel bezogene Personenanzahl lässt sich im Phänomenbereich Linksextremismus nicht seriös abschätzen. Zu den kommunalen Gliederungen der orthodoxen kommunistischen Parteien und der Zahl ihrer Anhänger und Unterstützer liegen der Landesregierung keine genauen Zahlen vor. Die Sitze und Erreichbarkeiten der Untergliederungen dieser Parteien in Köln werden von den Parteien veröffentlicht. Auf eine Auflistung wird daher verzichtet. Der autonome Linksextremismus ist grundsätzlich durch die Ablehnung fester und hierarchischer Organisationsstrukturen gekennzeichnet, insofern gibt es auch keine Sitze der Organisationen. Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz geht für 2019 von ca. 135 bis 150 Anhängern und Unterstützern des autonomen Linksextremismus in Köln und Umgebung aus. Das Mobilisierungspotential für demonstrative Aktionen kann davon je nach Themenlage stark abweichen. 2. Auf welche Akteure des demokratischen Spektrums haben linksextreme Bestrebung in Köln im Jahr 2019 und im ersten Halbjahr 2020 Einfluss zu nehmen versucht? Zu den wesentlichen Versuchen der Einflussnahme von extremistischen Personenzusammenhängen auf demokratische Organisationen wird auf die Darstellungen in den jährlich veröffentlichten Verfassungsschutzberichten verwiesen. 3. Ist die Stadt Köln im Vergleich zu anderen Ballungszentren Nordrhein-Westfalens ein Schwerpunkt der linksextremen Szene? Grundsätzlich sind Linksextremisten vor allem in urbanen Zentren aktiv. In Nordrhein- Westfalen ist daher auch Köln ein wichtiger Treff- und Anlaufpunkt von Linksextremisten. 4. Sind linksextreme Bestrebungen in bestimmten Stadtteilen Kölns besonders aktiv? Nein. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10461 3 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um den Linksextremismus in Köln zu bekämpfen und politisch Andersdenkende zu schützen? Die Kreispolizeibehörde Köln trifft ihre Maßnahmen auf Grundlage des Rahmenkonzepts zur Bekämpfung von Intensivtätern der Politisch motivierten Kriminalität in Nordrhein-Westfalen sowie der Gefährdersachbearbeitung. Mit der Einrichtung des Aussteigerprogramms „LEFT“ hat der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz im September 2018 eine wichtige Präventionsmaßnahme im Bereich Linksextremismus umgesetzt. Es bietet Personen aus dem Linksextremismus Unterstützung bei einem nachhaltigen Ausstieg aus der extremistischen Szene. Das Aussteigerprogramm „LEFT“ richtet sich sowohl an deutsche Linksextremisten (zum Beispiel Angehörige der gewaltbereiten Autonomen Szenen) als auch an Linksextremisten mit Auslandsbezug (beispielsweise PKK oder DHKP-C). Dabei verfolgt „LEFT“ das Ziel, einschlägige Straftaten zu verhindern und das linksextremistische Personenpotential zu reduzieren. Die Arbeit der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen (LZpB NRW) richtet sich gegen alle Formen des Extremismus und umfasst daher auch Angebote zum Thema Linksextremismus. Mit Fokus auf den Phänomenbereich Linksextremismus bietet die LZpB NRW zum Beispiel Publikationen zu den Themen „Rote Armee Fraktion – RAF“, „Linksextremismus in Deutschland“ oder zu „Linksaffinen Jugendlichen“ an. Darüber hinaus hat die LZpB NRW im Jahr 2019 die Tagung „Mitte – Links – Linksextrem? Herausforderungen der pädagogischen Extremismusprävention“ veranstaltet. Im Zentrum standen aktuelle Debatten zum Linksextremismus. Im Jahr 2018 führte die LZpB NRW außerdem zwei Workshops für Mitarbeitende von Ministerien durch, die sich im Rahmen ihrer Arbeit mit dem Thema „Linksextremismus“ befassten. Zu den Workshops waren auch Akteure aus der Zivilgesellschaft eingeladen. Auch im schulischen Bereich tritt Nordrhein-Westfalen allen Formen des Extremismus, einschließlich des Linksextremismus, mit einer klaren Haltung entgegen und fördert strukturell sowie konzeptionell schulische Prävention von bzw. Intervention bei Gewalt und Diskriminierung. Schulen sollen sichere Orte sein, an denen Ideologien der Ungleichwertigkeit keinen Raum haben dürfen.