LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10464 05.08.2020 Datum des Originals: 03.08.2020/Ausgegeben: 11.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4072 vom 8. Juli 2020 des Abgeordneten Stefan Kämmerling SPD Drucksache 17/10164 Sieht die Landesregierung finanzielle Mittel zur Unterstützung des Brauchtums „Karneval“ vor? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die NRW-Landesregierung hat mit ihrem Sonderprogramm „Heimat, Tradition und Brauchtum“ insgesamt 23 Millionen Euro aus dem NRW-Rettungsschirm für die Unterstützung von Vereinen und Verbänden während der Corona-Lage freigegeben. In der Presserklärung des Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung der Ministerin Scharrenbach vom 26.06.2020 heißt es dazu: „Vereine erzielen mit der Durchführung von Festen oder durch zeitweise Vermietung oder durch Eintrittsgelder in der Zeit zwischen März und August regelmäßig Erlöse, die zur Deckung laufender Kosten zwingend erforderlich sind. Kann der Wegfall dieser Erlöse aufgrund der Corona-Pandemie nicht ausgeglichen werden, kann der Betrag gefördert werden, der zur Deckung unvermeidlicher laufenden Kosten erforderlich ist.“1 Folglich ist die finanzielle Hilfestellung der Landesregierung im Rahmen des Sonderprogramms „Heimat, Tradition und Brauchtum“ zeitlich bis zum 31.08.2020 begrenzt. Das Programm ignoriert die Problematik, vor der das Brauchtum Karneval unmittelbar steht. Bereits am 30.06.2020 hat sich Ministerpräsident Laschet gegen die üblichen Traditionen der sogenannten Sessionseröffnung im Karneval zum 11.11. ausgesprochen. Darüber hinaus lässt der Ministerpräsident offen, wie sich die Landesregierung eine Karnevalssession 2021 vorstellt.2 Damit lässt die Landesregierung die zahlreichen Karnevalsvereine in NRW im Ungewissen darüber, ob die traditionellen Sitzungen in der kommenden Session stattfinden können und wie die Ausgestaltung des Brauchtums Karneval mindestens in der bevorstehenden Session überhaupt aussehen kann. 1 Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung NRW (2020): „Sonderprogramm „Heimat, Tradition und Brauchtum““, 26.06.2020, https://www.mhkbg.nrw/themen/heimat/sonderprogramm-heimat-tradition-und-brauchtum [Zugriff am 01.07.2020]. 2 Bonner General-Anzeiger (2020): „Laschet spricht sich gegen Straßenkarneval am 11.11. aus“, 30.06.2020, [Zugriff am 01.07.2020]. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10464 2 Säle und Künstler werden in der Regel lange Zeit im Voraus gebucht und angezahlt. Sollten diese Ausgaben nicht gedeckt werden, würden besonders kleinere Karnevalsvereine in Existenznot geraten und somit ein wichtiger Teil des Brauchtums Karneval gefährdet werden. Die Gesundheit und der Schutz der Bevölkerung stehen an erster Stelle. Dennoch benötigen die Karnevalsvereine in NRW dringend eine Absicherung für den Fall, dass die Sitzungen der kommenden Session nicht stattfinden werden. Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 4072 mit Schreiben vom 3. August 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet. 1. In welcher Weise gedenkt die Landesregierung die nordrhein-westfälischen Karnevalsvereine über den August 2020 hinaus vor finanziellen Engpässen, verursacht durch einen möglichen Ausfall des Sitzungskarnevals 2020 / 2021, zu schützen? 2. Wird die Landesregierung das Sonderprogramm „Heimat, Tradition und Brauchtum“ so ausweiten, dass auch Karnevalsvereine mit ihren finanziellen Ausfällen während der bevorstehenden Session daran partizipieren können? 3. Wird das Sonderprogramm „Heimat, Tradition und Brauchtum“, das gegenwärtig 23 Millionen Euro aus dem NRW-Rettungsschirm umfasst, aufgestockt? 4. Mit welcher konkreten Höhe von finanziellen Landeshilfen können die einzelnen Karnevalsvereine in NRW rechnen? 5. Werden die Karnevalsvereine in NRW mit finanziellen Mittel des Landes unterstützt, sofern die Feierlichkeiten zur Sessionseröffnung am 11.11.2020 aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden werden? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen gemeinsam beantwortet. In Nordrhein-Westfalen engagieren sich rund sechs Millionen Menschen unentgeltlich und freiwillig für unser Gemeinwohl. Dieses Ehrenamt ist oftmals sichtbares Zeichen unserer Traditionen, unseres Brauchtums, zu dem auch der von gemeinnützigen Vereinen organisierte Karneval gehört. Brauchtum und Tradition offen für alle zu bewahren und zu leben, schafft Verbundenheit in Zeiten, wo uns Vieles zu trennen scheint. In einer globalisierten Welt können Bräuche wie der Karneval Menschen ein Stück Heimat sein. Die Landesregierung trägt dafür Sorge, die Basis für diese Form der Gemeinschaft auch über schwierige Zeiten hinaus zu erhalten. Auf die Antwort zu der Kleinen Anfrage 3899, LT-Drs. 17/10325, wird verwiesen. Die Sonderhilfe des Landes steht für alle gemeinnützigen Vereine bereit, die aktuell ohne Unterstützung finanziell in ihrer Existenz bedroht wären. Antragsberechtigt sind auch die vielen gemeinnützigen Karnevalsvereine. Sollte sich über den 31. Oktober 2020 hinaus weiterer Bedarf zur Sicherung der Existenz von gemeinnützigen Vereinen herausstellen, wird die Landesregierung – auch in Bezug auf die „Fünfte Jahreszeit“ – dies im Blick behalten und neu entscheiden.