LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10490 10.08.2020 Datum des Originals: 07.08.2020/Ausgegeben: 14.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4087 vom 9. Juli 2020 der Abgeordneten Inge Blask SPD Drucksache 17/10183 Gewährleistung von Hygiene- und Lebensmittelsicherheit für die nordrheinwestfälischen Verbraucherinnen und Verbraucher Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In dem von der schwarz-gelben Landesregierung beschlossenen Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2017 heißt es: „Die Menschen in Nordrhein-Westfalen müssen sich stets auf die Sicherheit ihrer Lebensmittel und die Unbedenklichkeit von Produkten verlassen können. Unsere Verbraucherschutzpolitik setzt auf schlagkräftige, an wirklichen Risikopunkten orientierte öffentliche Kontrollen. (…) Die so genannte „Hygiene-Ampel“ wird abgeschafft, weil sie nur eine Scheintransparenz erzeugt und unsere Bäcker, Fleischer und Gastwirte gleichzeitig mit unverhältnismäßigen bürokratischen Lasten belegt. Wir werden stattdessen eine Regelung schaffen, die eine übersichtliche und eindeutige Verbraucherinformation zu Hygiene und Lebensmittelsicherheit gewährleistet und unseren Betrieben auf freiwilliger Basis die Möglichkeit bietet, die Kontrollergebnisse darzustellen. (…) Eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunen, die wesentliche Zuständigkeiten im Verbraucherschutz wahrnehmen, hat für uns Priorität. Zusammen mit den Kommunen werden wir die Organisation der Lebensmittelüberwachung im Land effizienter gestalten. Dies gilt insbesondere für die Verbraucherschutzaufgaben im Landesamt. Routinekontrollen von größerem Umfang müssen nicht von öffentlichen Mitarbeitern selbst durchgeführt werden, sondern können auch durch Dritte erledigt werden.“1 1 NRW-CDU (2017): "Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen 2017-2022", https://www.cdunrw .de/sites/default/files/media/docs/nrwkoalition_koalitionsvertrag_fuer_nordrhein-westfalen_2017_-_2022.pdf [Zugriff 09.07.2020]. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10490 2 Am 21. März 2018 wurde mit dem „Entfesselungspaket I“ der Landesregierung die nordrheinwestfälische „Hygiene-Ampel“ als wegweisende Auskunft für Verbraucherinnen und Verbraucher im Bereich der Hygiene- und Lebensmittelsicherheit abgeschafft.2 Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4087 mit Schreiben vom 7. August 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet. 1. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung seit der Abschaffung der „Hygiene- Ampel“ im März 2018 getroffen, um die Hygiene- und Lebensmittelsicherheit für Verbraucherinnen und Verbraucher zu gewährleisten? 3. Wie genau gestaltet sich die Umsetzung der im Koalitionsvertrag angekündigten „engen Zusammenarbeit“ der Landesregierung mit den Kommunen im Bereich der Hygiene- und Lebensmittelsicherheit? Frage 1 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Unabhängig von der Thematik Transparenz von Kontrollergebnissen hat die Landesregierung zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die in NRW bestehende Hygiene- und Lebensmittelsicherheit für Verbraucherinnen und Verbraucher noch weiter zu verbessern. Die amtliche Lebensmittelüberwachung ist in Nordrhein-Westfalen den Lebensmittelüberwachungsämtern der Kreise und kreisfreien Städte als Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung übertragen. Diese kontrollieren risikoorientiert, ob die Lebensmittelunternehmen ihrer Verantwortung zur Gewährleistung von Hygiene- und Lebensmittelsicherheit nachkommen. Die zuständigen Behörden führen ihre amtlichen Kontrollen anhand von dokumentierten Verfahren durch und überprüfen diese Verfahren auf ihre Wirksamkeit. In diesem Zusammenhang ist die Implementierung von wesentlichen Elementen eines Qualitätsmanagements (QM) in die Arbeit der Behörden des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ein unverzichtbarer unterstützender Prozess für eine wirksame und einheitliche Durchführung der amtlichen Kontrollen. Die QM-Systeme der Behörden werden im Rahmen des Landesinternen Auditsystems (LIAS) regelmäßig und systematisch überprüft. Ausführende Erlasse des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MULNV) sowie Verfügungen des Landesamtes für Natur- Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) schaffen den Rahmen für eine landesweit einheitliche Überwachungs- und Vollzugspraxis. Mit der Wiederaufnahme der fachaufsichtlichen Überprüfungen durch das LANUV wird bei den kommunalen Behörden regelmäßig und systematisch die Sicherstellung und Wirksamkeit der amtlichen Kontrollen überprüft. Die jährliche Erhebung von Betriebs- und Kontrollzahlen, von Probenahmedaten und Personalzahlen im Bereich der amtlichen Lebensmittelüberwachung durch das MULNV liefert 2 Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen: "Entfesselungspaket I - Maßnahmen beschlossen", 21.03.2018, https://www.wirtschaft.nrw/weg-frei-fuer-erstes-entfesselungspaket [Zugriff 09.07.2020]. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10490 3 außerdem Anhaltspunkte dafür, wie sich die Situation in der Lebensmittelüberwachung darstellt und welche weiteren Maßnahmen sinnvoll sind, um weitere Fortschritte zugunsten einer einheitlich gut aufgestellten Lebensmittelüberwachung in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt zu erreichen. In diesem Zusammenhang zeigen die vergangenen Jahren einen Anstieg bei den sich in Ausbildung befindenden LebensmittelkontrolleurInnen sowie der Anzahl der VerwaltungsmitarbeiterInnen der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden. In einem derzeit laufenden Pilot-Benchmarking, das durch das MULNV zunächst in einer Gruppe von acht Kreisen/kreisfreien Städten als weiteres die Fachaufsicht ergänzendes Instrument initiiert wurde, können die Lebensmittelüberwachungsbehörden im gemeinsamen Austausch mit externer Beratung Best-Practice-Beispiele als Verbesserungsmöglichkeiten nutzen und gute Lösungen erarbeiten. Dazu werden die Qualität und Quantität (Leistungsfähigkeit) der Lebensmittelüberwachung genauer betrachtet, die Abläufe/Prozesse der Lebensmittelüberwachung näher untersucht und so die verschiedenen Einflussfaktoren vergleichbar gemacht. 2. Wie gestaltet sich die von der Landesregierung angekündigte übersichtliche und eindeutige Verbraucherinformation zur Hygiene- und Lebensmittelsicherheit auf freiwilliger Basis der betroffenen nordrhein-westfälischen Unternehmen? (Bitte um genaue Auflistung, welche Unternehmen wann freiwillig Auskunft über Hygiene- und Lebensmittelsicherheit erteilten) Der Koalitionsvertrag Nordrhein-Westfalen sieht – ebenso wie der Koalitionsvertrag im Bund – die Schaffung einer Regelung vor, die eine übersichtliche und eindeutige Verbraucherinformation zu Hygiene und Lebensmittelsicherheit gewährleistet und Betrieben auf freiwilliger Basis die Möglichkeit bietet, die Kontrollergebnisse darzustellen. Auf Landesebene sollten zur Entwicklung eines neuen Modells die Fachkreise einbezogen werden. Dazu hat im April 2018 ein Runder Tisch im MULNV getagt, an dem Wirtschaftsbeteiligte, Berufsverbände der für die Lebensmittelüberwachung tätigen Berufsgruppen, die kommunalen Spitzenverbände und die Verbraucherzentrale Nordrhein- Westfalen teilgenommen haben. In diesem Kreis wurde überwiegend die Auffassung vertreten, dass die Transparenz amtlicher Kontrollergebnisse, aber auch die Einführung eines so genannten Hygiene Führerscheins (Sachkundenachweis), je nach Ausgestaltung zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit beitragen könnten, allerdings nur in Form einer bundeseinheitlichen Regelung. Im Jahr 2019 hat die Verbraucherschutzministerkonferenz auf Initiative Nordrhein-Westfalens die Argumente, die für eine bundeseinheitliche rechtliche Regelung zur Transparenzmachung von Kontrollergebnissen der amtlichen Lebensmittelüberwachung sprechen, wieder aufgegriffen. Denn nur eine rechtssichere Veröffentlichung erhöht die Transparenz für VerbraucherInnen und unterstützt so das Bestreben der Europäischen Union, die den Mitgliedstaaten mit Artikel 11 der Verordnung (EU) 2017/625 (gilt seit dem 14.12.2019) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.03.2017 die Möglichkeit einer Veröffentlichung amtlicher Lebensmittelkontrollergebnisse eröffnet. Zwar steht das nationale Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch der Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Veröffentlichung amtlicher Kontrollergebnisse durch die Länder nicht entgegen (vgl. Beschluss zu TOP 44 Ziffer 3 der 15. Verbraucherschutzministerkonferenz). Die Mehrheit der Länder, einschließlich Nordrhein-Westfalen, hält hierzu aber eine einheitliche Regelung durch den Bund für sinnvoll und erstrebenswert. Dieses Ziel wird landesseitig weiterverfolgt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10490 4 Die Auskunft und Information über die Hygiene- und Lebensmittelsicherheit im Betrieb kann derzeit jeder Lebensmittelunternehmer auf freiwilliger Basis und in eigener Verantwortung vornehmen. Ein Überblick, in welchem Maße davon Gebrauch gemacht wurde, liegt der Landesregierung nicht vor. 4. Hat die Landesregierung, wie im Koalitionsvertrag angekündigt, sogenannte „Dritte“ nicht-öffentliche Dienstleister mit Routinekontrollen im Bereich der Hygiene- und Lebensmittelsicherheit in NRW beauftragt? 5. Um welche Dienstleister handelt es sich in welchem Zeitraum und bei welchen Kontrollen? Bitte um genaue Auflistung. Frage 4 und 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Bisher hat es in Nordrhein-Westfalen keine Notwendigkeit gegeben, „Dritte“ mit der Wahrnehmung von Routinekontrollen zu beauftragen.