LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1054 27.10.2017 Datum des Originals: 27.10.2017/Ausgegeben: 03.11.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 346 vom 20. September 2017 der Abgeordneten Barbara Steffens und Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/715 Bericht aus dem eigenen Ministerium zum Familienbetrieb: Wer erteilte die Weisung und wie war der Verfahrensverlauf? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat für die Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landtags Nordrhein-Westfalens am 06.09.2017 den Bericht „Tierschutzrechtliche Vorwürfe gegen den Schweinemastbetrieb Schulze Föcking“ vorgelegt. In diesem Bericht bezieht das Ministerium Stellung zu den durch die Sendung „Stern TV“ am 12.07.2017 publik gewordenen Vorwürfen gegenüber dem Schweinemastbetrieb Schulze Föcking. Im ersten Teil des Berichts wird ausgeführt, dass das für Tierschutz zuständige Fachreferat des Ministeriums „in der Eigenschaft als oberste Fachaufsicht gegenüber dem zuständigen Kreisveterinäramt auf der Grundlage behördlicherseits vorliegender Informationen und Erkenntnisse zum Geschehen eine tierschutzfachliche Bewertung vorgenommen“ hat. Diese Bewertung ist dem Bericht als Anlage beigefügt. Dort wird eingangs erläutert, dass die Auswertung im zuständigen Ministerium als „weisungsunabhängige fachaufsichtliche Bewertung erfolgt“ ist. Die Kommunikation zwischen dem Ministerium und einer nachgeordneten Behörde erfolgt i.d.R. in Form einer schriftlichen Weisung bzw. eines Erlasses. Die Ministerin hat das Weisungsrecht gegenüber der nachgeordneten Behörden inne. Im Gegenzug dazu erfolgt die Kommunikation durch den Bericht von unten nach oben. Die Weisungsbefugnis spiegelt das hierarchische Verhältnis zwischen dem Ministerium und den nachgeordneten Behörden wider und geht mit einem institutionellen Druck auf einzelne Mitarbeiter*innen einher, die offensichtlichen Erwartungen der Ministerin zu erfüllen. Dies gilt nicht nur für Beschäftigte des Ministeriums, sondern darüber hinaus auch für Mitarbeiter*innen des Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Verbraucherschutz. Auch sie sind der Ministerin persönlich unterstellt und arbeiten weisungsabhängig. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1054 2 Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 346 mit Schreiben vom 27. Oktober 2017 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Vorbemerkung der Fragesteller unterstellt, dass es einen diffusen „institutionellen Druck“ auf Mitarbeiter gäbe, die „offensichtlichen Erwartungen der Ministerin zu erfüllen“. Ungeachtet der Frage, was die Fragesteller unter einem „institutionellen Druck“ konkret verstehen, besteht die Erwartungshaltung einer Ministeriumsleitung immer (allein) darin, dass – wie auch im vorliegenden Fall – ungeachtet von Personen nach Recht und Gesetz objektive und fundierte fachliche Stellungnahmen erfolgen. Dies entspricht auch den beamtenrechtlichen Pflichten von Fachbeamten (§§ 33 ff. BeamtStG) und den Pflichten von Tarifbeschäftigen im öffentlichen Dienst. 1. Wie ist eine "weisungsunabhängige fachaufsichtliche Bewertung" durch eine Fachabteilung zu definieren, wenn diese direkt der Ministerin unterstellt ist? Eine „weisungsunabhängige fachaufsichtliche Bewertung“ liegt vor, wenn – wie hier – keine konkreten Weisungen zum Inhalt der fachaufsichtlichen Bewertung durch Weisungsberechtigte erteilt wurden. Dabei ist die gesetzlich vorgesehene (abstrakte) Weisungsgebundenheit (§ 35 BeamtStG) und das bestehende Weisungsrecht von der Frage zu unterscheiden, ob in einem konkreten Vorgang von einem Weisungsrecht Gebrauch gemacht wurde oder nicht. Vorliegend erfolgte die tierschutzfachliche Auswertung und Bewertung des Sachverhalts durch das Fachreferat eigenverantwortlich und ohne Einflussnahme durch die Leitungsebene des Ministeriums. Von einem Weisungsrecht wurde bei der Erstellung der fachaufsichtlichen Bewertung durch das Fachreferat des Ministeriums kein Gebrauch gemacht. Insofern besteht der in der Fragestellung angedeutete Widerspruch nicht. 2. Wer hat zu welchem Zeitpunkt die Fachaufsicht des Ministeriums mit der Prüfung der Tierschutzverletzungen auf ihrem Hof beauftragt? Die fachaufsichtliche Beurteilung von Sachverhalten ist eine ständige Aufgabe der Fachabteilung, die routinemäßig und eigeninitiativ erfolgt. Dies gilt insbesondere dann, wenn bestimmte Vorgänge eine besondere Aufmerksamkeit erhalten, wie im konkreten Fall durch die Fernsehsendung "stern TV". Das Bildmaterial hat bereits bei erster Inaugenscheinnahme klar erkennen lassen, worum es sich veterinärmedizinisch bei den gezeigten Aufnahmen gehandelt hatte. Nach Ausstrahlung der Fernsehbilder wurde die Fachabteilung durch die Leitungsebene mündlich gebeten, dass eine fachaufsichtliche Einschätzung weisungsunabhängig erfolgen solle. Daraufhin hat die Fachabteilung eine vertiefende fachaufsichtliche Bewertung vorgenommen und dazu neben der eigenen Expertise auch die Kontrollergebnisse des Veterinäramtes Steinfurt sowie die Stellungnahme des Betriebsleiters, die Filmaufnahmen und das Gutachten von Prof. Ueberschär zugrunde gelegt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1054 3 3. Erfolgte dieser Auftrag schriftlich oder mündlich? Auf die Beantwortung der Frage 2 wird verwiesen. 4. Die Fachabteilung des Ministeriums hat den Bericht erstellt. Welchen Dienstweg (inklusive Paraphen) hat der Bericht genommen? Der Entwurf des Berichts der Landesregierung, einschließlich der als Anlage beigefügten Bewertung, wurde am 4. September 2017 von der Fachabteilung VI über den Abteilungsleiter II und Herrn Staatssekretär an das Ministerbüro weitergeleitet. Von dort wurde nach erfolgter Ressortabstimmung Frau Ministerin Schulze Föcking das Übersendungsschreiben (nebst Bericht und Anlage) an die Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Landwirtschaft, Naturund Verbraucherschutz (AULNV) am 4. September 2017 zur Unterzeichnung erstmalig vorgelegt. Die dem Bericht als Anlage beigefügte tierschutzfachliche Bewertung weist keine Paraphe, Anmerkungen oder Änderungen der Ministerin auf. Die tierschutzfachliche Bewertung wurde inhaltlich unverändert dem Bericht der Landesregierung als Anlage beigefügt. 5. Wann hat Frau Ministerin Schulze Föcking diesen Bericht zum ersten Mal erhalten? Auf die Beantwortung der Frage 4 wird verwiesen.