LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10548 13.08.2020 Datum des Originals: 13.08.2020/Ausgegeben: 19.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4073 vom 9. Juli 2020 des Abgeordneten Markus Wagner AfD Drucksache 17/10168 Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes in NRW Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach Angaben des DGB trafen sich Mitte Mai 2020 die DGB-Gewerkschaften zu einem Spitzengespräch, um die in der vorangegangenen Besoldungsrunde mit der Landesregierung vereinbarten Gespräche über weitere Möglichkeiten zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes wieder aufzunehmen. An dem Gespräch nahmen seitens der Landesregierung Ministerpräsident Armin Laschet, der stellvertretende Ministerpräsident Dr. Joachim Stamp, Finanzminister Lutz Lienenkämper und der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski, teil. Die DGB NRW-Vorsitzende erklärte dazu: „Die Corona-Krise zeigt deutlicher denn je, dass ein funktionierender Staat mit motivierten Beschäftigten eine wesentliche Säule für gutes Zusammenleben ist. Das Gespräch gestern war ein gutes Signal der Wertschätzung für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst“, so Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW. „Ansatzpunkte für eine Attraktivitätssteigerung wurden in offener Atmosphäre besprochen. Dabei stehen die Themen Arbeitszeit und Verbesserungen für besonders belastete Beschäftigtengruppen im Schichtdienst im Zentrum. Sie sollen jetzt im Rahmen von Arbeitsgruppen weiter bearbeitet werden. Der Anfang war gut, jetzt muss es um belastbare Ergebnisse und substanzielle Verbesserungen gehen. Damit sich in Zukunft ausreichend Nachwuchs für die Aufgaben beim Staat findet, muss sich auch beim Thema Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten in NRW endlich etwas bewegen. NRW leistet sich als eines der letzten Bundesländer eine 41-Stunden-Woche für einen Teil seiner Beschäftigten, das ist das genaue Gegenteil von attraktiv.“1 1 Die indirekten und direkten Zitate sind nachfolgender Quelle entnommen: DGB (2020): DGB NRW: Jetzt an morgen denken! – Ein attraktiver öffentlicher Dienst braucht attraktive Arbeitszeiten!; online im Internet: https://nrw.dgb.de/presse-und-social-media/++co++cd7a5634-9a74-11ea-9279- 5254008f5c8c. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10548 2 Der Minister der Finanzen hat die Kleine Anfrage 4073 mit Schreiben vom 13. August 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. 1. Beabsichtigt die Landesregierung, sich den Argumenten der Gewerkschaftsvertreter anzuschließen und die zurzeit für NRW-Beamte geltende Arbeitszeit von 41 Wochenarbeitsstunden zeitnah zu reduzieren? 5. Wann wird die Landesregierung Langzeitarbeitskonten einführen? (Bitte gesondert beantworten für den Bereich Polizei und Justizvollzug) Die Fragen 1 und 5 werden gemeinsam beantwortet: Die Landesregierung befasst sich derzeit mit einer Offensive zur Steigerung der Attraktivität im öffentlichen Dienst und führt dazu Gespräche mit Vertretern der Verbände/Gewerkschaften. 2. Was unternimmt die Landesregierung, um die aktuell unbesetzten Stellen im Öffentlichen Dienst zu besetzen? Zu besetzende Stellen werden frühzeitig ausgeschrieben, um eine schnellstmögliche Besetzung sicherzustellen. Die Ausschreibungen erfolgen u.a. auf dem Karriere.NRW Portal oder – je nach Zielgruppe – auf unterschiedlichen Internetplattformen oder in Fachmagazinen. Darüber hinaus wird die Personalgewinnung unterstützt durch • Präsenz auf Ausbildungs- und Berufsmessen und Betreiben von Recruiting auf Stellenplattformen, • Vorhalten von Praktikumsplätzen, Ausbildung von Referendarinnen und Referendaren sowie spezielle Praktikantenprogramme, • weitere Programmformate wie beispielsweise „Karrierewege FH-Professur“ oder „FH- Personal“ des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft, die zur Gewinnung von Personal an den Hochschulen für angewandte Wissenschaft (HaW) beitragen und • zielgruppenspezifische Kampagnen wie die „Cross-Mediakampagne des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration zur Gewinnung von Menschen mit Einwanderungsgeschichte“. Zur Steigerung der Attraktivität und zur Verbesserung des Images der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen initiiert das Ministerium der Finanzen seit 2017 jährlich eine Ausbildungs- und Imagekampagne für die Finanzverwaltung des Landes. Weiterhin soll ein Stellenfokus auf die Gewinnung von Juristinnen und Juristen für die Laufbahngruppe 2 gerichtet werden. Im Rahmen der Kampagne des Landesbetriebes Straßen.NRW „NRW verbinden“ wurde ein WebPortal mit Beschreibungen der unterschiedlichen Berufsgruppen und Ausbildungsmöglichkeiten bei dem Landesbetrieb eingerichtet, an das eine Stellenbörse angeschlossen ist. Bei der im Januar 2019 gestarteten Kampagne "Arbeiten bei der Justiz.NRW. Den Menschen im Sinn“ werden aktuell virtuelle Live-Veranstaltungen angeboten, die Interessentinnen und Interessenten trotz ausgefallener Ausbildungs- und Berufsmessen die Möglichkeit bieten, sich LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10548 3 zu informieren und in ein persönliches Gespräch mit Justizangehörigen verschiedener Berufsgruppen zu kommen. Weitere Maßnahmen: • Für die Steuerverwaltung hat das Ministerium der Finanzen Ausbildungsoffensiven für die Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt und für die Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt initiiert. Parallel hierzu werden in der Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt, auch wieder Regierungsbeschäftigte eingestellt • Im Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern erfolgt ab Einstellungsjahrgang 2020 eine Erhöhung der Einstellungsermächtigungen für die Anwärterinnen und Anwärter der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt, für den Bereich der allgemeinen inneren Verwaltung, um zukünftige Abgänge zu kompensieren. Die Bezirksregierungen werden hierzu finanziell und personell im Bereich der Nachwuchswerbung unterstützt. Der spezielle Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen besitzt weiterhin eine hohe Attraktivität, was die Einstellungszahlen von Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärtern verdeutlichen. Für das Jahr 2020 sind bereits 11.405 Bewerbungen entgegengenommen worden. Um den Bedarf an geeigneten Verwaltungsbeamtinnen und Verwaltungsbeamten für diesen Bereich zu decken, können Anwärterinnen und Anwärter der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt für den Bereich der allgemeinen inneren Verwaltung unmittelbar bei den Polizeibehörden ausgebildet werden. Um den Einstieg in die Polizei auch für Menschen attraktiv zu gestalten, die bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen, wurde das Modell „Spezialisten zu Polizisten“ implementiert. Dieses ermöglicht, bei einer dem polizeilichen Auftrag dienlichen Vorqualifizierung, den Einsatz in dem entsprechenden Spezialgebiet direkt im Anschluss an die Ausbildung Bei den Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb der Polizei wurde ebenfalls zu den bereits vorhandenen Möglichkeiten das Modell der „Modularen Qualifizierung“ geschaffen, welches Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten, die sich im Endamt der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt befinden und sich daher bereits über Jahre bewährt haben, einen prüfungserleichterten Aufstieg in die nächsthöhere Laufbahn ermöglichen soll. • Aus dem erkannten Bedarf an Personal mit Kenntnissen in den Bereichen Verwaltung und IT wurden zwei neue Studiengänge im Bereich der Verwaltungsinformatik entwickelt, die ab September 2020 beginnen. Unter Federführung des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie wurde eine neue Laufbahnausbildung für Informatikoberinspektorinnen und -inspektoren eingeführt. Erstmals in diesem Jahr starten die künftigen Fachkräfte die duale Ausbildung, bei der neben der Laufbahnbefähigung für die Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt der Abschluss „Verwaltungsinformatik (B.Sc.)“ erlangt wird. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10548 4 Parallel hierzu wird die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung ab September 2020 an den Standorten Köln und Münster für Inspektorenanwärterinnen und –anwärter den Studiengang „Verwaltungsinformatik (B.A.)“ anbieten. • Im Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule kann an Gymnasien der Bedarf an Lehrkräften gedeckt werden, da ausreichend Lehrkräfte mit der Befähigung für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen (Gym/Ge-Lehrkräfte) zur Verfügung stehen Die Landesregierung hat seit dem Sommer 2017 bereits vier Maßnahmenpakete zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung ergriffen, mit dem Ziel, alle Lehrerstellen mit qualitativ hochwertig ausgebildetem Personal zu besetzen. Neben dem seit Jahren bewährten Seiteneinstieg für Personen ohne Lehramtsbefähigung wurden im Einstellungsverfahren folgende weitere Maßnahmen zur Gewinnung von Lehrkräften umgesetzt. - die Erweiterung des Seiteneinstiegs an Grundschulen (bisher möglich für die Fächer Kunst, Musik und Sport) um das Fach Englisch, - die Nutzung des Bewerberüberhangs von Gym/Ge-Lehrkräften für die Schulform Grundschule, Schulen der Sekundarstufe I sowie für das Gemeinsame Lernen an allgemeinen Schulen, - die Gewinnung von Lehrkräften im Ruhestand durch zusätzliche finanzielle Anreize (Aussetzen der Hinzuverdienstgrenze bei einer Verwendung im öffentlichen Dienst), - die Gewährung von Zuschlägen bei Neueinstellungen in Höhe von monatlich 350 Euro brutto für zweieinhalb Jahre an Lehrkräfte, die ihrer Lehramtsbefähigung entsprechend an Schulen eingesetzt werden, die innerhalb des letzten Jahres alle Besetzungsverfahren erfolglos genutzt haben, - die Schaffung zusätzlicher Studienplätze für das Lehramt an Grundschulen und das Lehramt für die sonderpädagogische Förderung, - weitergehende Möglichkeiten für die befristete Beschäftigung von Lehrkräften, abhängig von den jeweiligen konkreten Erfordernissen vor Ort, - sukzessive Neueinstellungen von Gym/Ge-Lehrkräften am Gymnasium mit sofortiger Teilabordnung an eine Schule einer anderen Schulform, im Vorgriff auf den wegen der Wiedereinführung von G9 erhöhten Lehrkräftebedarf am Gymnasium ab dem Schuljahr 2025/26, - die Fortführung der im Jahr 2018 begonnenen Informations- und Werbekampagne für den Lehrerberuf auch im Jahr 2021, mit Schwerpunkt auf den Grundschulen, Berufskollegs und den Schulen der Sekundarstufe I sowie für die sonderpädagogische Förderung. 3. Wieviel zusätzliche Mehrarbeit bzw. wie viele Überstunden sind während der Corona-Krise im Bereich der Polizei NRW bis heute entstanden? 4. Wieviel zusätzliche Mehrarbeit bzw. wie viele Überstunden sind während der Corona-Krise im Bereich des Justizvollzugs NRW bis heute entstanden? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet: Es können lediglich die jeweiligen Stundenstände zu einem bestimmten Zeitpunkt erhoben werden. Diese lassen nicht erkennen, ob die Entstehung der Stunden auf ein dienstliches Bedürfnis im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zurückzuführen wäre oder nicht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10548 5 Die Frage nach der Entstehung von Mehrarbeitsstunden bzw. allgemeinen Überstunden kann in der geforderten Spezifizierung (ob coronabedingt oder nicht) daher nicht beantwortet werden. Im Übrigen unterliegen die Stundenstände auch und gerade in Zeiten eines pandemischen Ereignisses nicht unerheblichen Schwankungen durch das Abbauverhalten der einzelnen Beamtinnen und Beamten.