LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10567 18.08.2020 Datum des Originals: 18.08.2020/Ausgegeben: 24.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3953 vom 25. Juni 2020 der Abgeordneten Thomas Kutschaty, Christina Kampmann und Josef Neumann SPD Drucksache 17/10017 Ruhrkonferenz – Sachstand des Projektes „Virtuelles Krankenhaus“ Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Aus dem ehemaligen Prestigeprojekt des Ministerpräsidenten ist mittlerweile ein undurchschaubares Geflecht von Projekten und Projektpartnern geworden. Dass selbst die Landesregierung bei der wichtigen Förderung dieses Projektes den Überblick verloren hat, beweist die Antwort auf die Kleine Anfrage LT-Drs. 17/9170. Auf Nachfragen nach den konkreten Zahlen der Förderung wird auf sehr allgemeine Statusmeldungen zu den Projekten verwiesen. Hinweise auf die Projektpartner sind ebenfalls nicht ersichtlich. Diese Klagen hört man auch bei Nachfragen vor Ort. Niemand weiß, wie es weitergeht, wie es um den Förderstand steht und insbesondere nicht, wie der Mittelzufluss funktionieren soll und wann dieser geplant ist. Damit droht dieses Projekt endgültig zu scheitern. Wollte man eigentlich eine Aufbruchsstimmung erzeugen, hat die Landesregierung so einmal mehr vor Ort bei den Betroffenen lediglich Frustration und Resignation erzeugt. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 3953 mit Schreiben vom 18. August 2020 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Der 21. Dezember 2018 markiert mit der Schließung des letzten Steinkohlebergwerkes in Bottrop eine Zäsur für das Ruhrgebiet. Damit ging eine 200-jährige Industriegeschichte zu Ende. Dieses Ende im Jahr 2018 stand allerdings seit dem Kohlekompromiss von 2007 fest. Vor diesem Hintergrund kündigte Ministerpräsident Armin Laschet in seiner Regierungserklärung zum Antritt der Landesregierung im September 2017 die Ruhr-Konferenz an. Nach intensiven Beratungen mit Stakeholdern aus dem Ruhrgebiet stellte der Ministerpräsident im April 2018 beim Initiativkreis Ruhr in Essen das Konzept der Ruhr- Konferenz vor: Als breit angelegten interaktiven Prozess über alle Lebensbereiche und Politikfelder hinweg, mit Beteiligung aller Ressorts der Landesregierung und unter Einbindung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10567 2 führender Köpfe der Zivilgesellschaft. Einen ähnlich tiefgreifenden Prozess der Beratung und Beteiligung über die Zukunft des Ruhrgebiets hat es bisher nicht gegeben. Eine nachhaltige Stärkung des Ruhrgebiets kann nur gelingen, wenn seine Chancen und Potenziale als wirtschaftlich erfolgreiche, dynamische und lebenswerte Metropolregion ins Bewusstsein rücken, sowohl in der Selbst- wie auch in der Außenwahrnehmung. Die Herausforderungen durch das Ende des Steinkohlebergbaus und den damit einhergehenden Strukturwandel sind zweifellos groß. Aber wer in der Defizitbetrachtung verharrt und nicht zur Chancenbetrachtung übergeht, verhindert den notwendigen Aufbruch. Ein Prozess wie die Ruhr-Konferenz der jetzigen Landesregierung hätte bereits deutlich vor dem Ende der Steinkohle-Förderung eingeleitet werden müssen. Doch seit dem Erfolg der Kulturhauptstadt 2010 hat es etwas Vergleichbares nicht gegeben. Mit der Ruhr-Konferenz verbindet die Landesregierung das endgültige Aus für die Steinkohle mit einem Signal des Aufbruchs. Sie ist eine Initiative, die auf die Ideen, die Mitwirkung und das Engagement von Akteuren aus allen gesellschaftlichen Bereichen setzt und damit nachhaltig angelegt ist. Die Ruhr-Konferenz gibt auf fünf zentralen Handlungsfeldern wichtige Impulse für die Entwicklung des Ruhrgebiets: • Vernetzte Mobilität – kurze Wege, • Erfolgreiche Wirtschaft – gute Arbeit, • Gelebte Vielfalt –starker Zusammenhalt, • Sichere Energie – gesunde Umwelt, • Beste Bildung – exzellente Forschung. Diese Handlungsfelder bilden die Schwerpunkte für die vielfältigen Fördermaßnahmen der Landesregierung im Ruhrgebiet. Darüber hinaus hat das Kabinett am 5. November 2019 weitere 74 Projekte zu ihrer Umsetzung beschlossen. Für jedes dieser Projekte wurden Meilensteinpläne entwickelt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Antwort der Landesregierung vom 3. Juni 2020 auf die Kleine Anfrage 3580 (LT-Drs. 17/9564) Bezug genommen. In den kommenden Jahren werden weitere Vorhaben und Ideen von Partnern wie Kommunen, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern oder Unternehmen unter dem Dach der Ruhr-Konferenz diesen Impuls verstärken und die Entwicklung der Chancenregion Ruhr unterstützen. 1. In welcher Höhe wurden seitens der Projektpartner Mittel für das Projekt „Virtuelles Krankenhaus“ im Rahmen der Ruhrkonferenz beantragt (bitte mit der konkreten Summe nach Projektpartnern gegliedert aufführen)? 2. In welcher Höhe wurden Mittel für dieses Projekt bewilligt (bitte mit der konkreten Summe nach Projektpartnern gegliedert aufführen)? 3. In welcher Höhe wurden Mittel für dieses Projekt bereits ausgezahlt (bitte mit der konkreten Summe nach Projektpartnern gegliedert aufführen)? 4. Wie ist der Zufluss der Restmittel für dieses Projekt geplant (bitte mit der konkreten Summe nach Projektpartnern gegliedert aufführen)? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10567 3 5. Wie ist der genaue Informationsstand der einzelnen Projektpartner für dieses Projekt (bitte nach Projektpartnern aufschlüsseln)? Die Fragen 1 - 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Wer die Lebensqualität im Ruhrgebiet für alle langfristig steigern und wer Investoren, Startups und Fachkräfte für die Metropolregion gewinnen will, muss in allen Lebensbereichen möglichst attraktive Bedingungen schaffen. Dazu gehört auch das Thema Gesundheit, das für alle Menschen von großer Bedeutung ist. Das virtuelle Krankenhaus, das fachärztliche Expertise digital zugänglich macht, leistet einen wichtigen Beitrag zum Handlungsfeld „Gelebte Vielfalt – starker Zusammenhalt“. Mit dem Virtuellen Krankenhaus will die Landesregierung unter Nutzung der Telemedizin zukunftsfähige Versorgungsstrukturen schaffen, die für die Patientinnen und Patienten eine bedarfsgerechte, ortsnahe und qualitätsorientierte Behandlung bieten. Dabei handelt es sich um ein landesweites Netzwerk medizinischer Leistungserbringer im Dienste einer flächendeckenden, strukturierten und digital gestützten Versorgungslandschaft. Über eine digitale Plattform soll die fachärztliche Expertise landesweit gebündelt und besser zugänglich gemacht werden. Fehlt beispielsweise in einem Krankenhaus oder in einer Arztpraxis eine spezielle Expertise, kann das entsprechende Zentrum über die Vermittlungsplattform kontaktiert werden. Am 01.10.2019 wurde unter Leitung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales ein Gründungsausschuss eingesetzt, um das grundlegende Konzept zu konkretisieren und die einzelnen Schritte zur praktischen Umsetzung des Virtuellen Krankenhauses zu begleiten. Dazu gehört die Klärung von Fragen zu Startindikationen, Trägerstruktur, Kooperationspartnern, Finanzierung, rechtliche und organisatorische Fragestellungen sowie die Beschreibung der technischen Infrastruktur. Der Gründungsausschuss setzt sich zusammen aus Experten mit medizinischen, IT-technischen, juristischen und kaufmännischen Kompetenzen aus den Universitätsklinika Aachen, Bochum, Essen, Münster sowie Vertretern der Krankenhäuser, niedergelassenen Ärzteschaft und gesundheitlichen Selbstverwaltung, die allesamt Erfahrung sowohl mit Strukturen und Prozessen rund um die Digitalisierung als auch mit dem medizinischen und pflegerischen Versorgungsalltag mitbringen. Das Zentrum für Telematik und Telemedizin in Bochum ist ebenfalls eingebunden. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird noch im Herbst 2020 für die zentrale Organisationseinheit eine gGmbH in Landesträgerschaft gründen. Später können weitere Gesellschafter beitreten. Für die Pilotphase soll eine Anschubfinanzierung der Trägergesellschaft durch das Land erfolgen. Die telekonsiliarischen Beratungen und Visiten sollen zeitnah in die Regelfinanzierung der gesetzlichen Krankenkassen überführt werden, die bei der Umsetzung des Vorhabens bereits beteiligt sind. Es ist beabsichtigt, die zentrale Organisationseinheit im Ruhrgebiet anzusiedeln. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde am 29.03.2020 mit der Vorstufe des Virtuellen Krankenhauses für die Indikationen Intensivmedizin und Infektiologie begonnen. Hierdurch konnte u.a. die Zahl von Intensivbetten mit angemessener medizinischer Expertise kurzfristig gesteigert werden. Vor allem kleinere Krankenhäuser, die Beratung bei der Behandlung von Beatmungspatienten benötigten, konnten so bestmöglich unterstützt werden. Die Bereitstellung intensivmedizinischer Expertise per Telekonsil erweist sich im Rahmen der aktuellen Pandemie als sehr erfolgreiches Mittel, um die Versorgung schwerst erkrankter Patientinnen und Patienten in Nordrhein-Westfalen sicherzustellen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10567 4 Für das Virtuelle Krankenhaus sind für den Haushalt 2021 Haushaltsmittel in Höhe von 8 Mio. Euro (Barmittel und Verpflichtungsermächtigungen) angemeldet. Bisher sind für Planungskosten rund 25.000 € verausgabt worden. Der weitere Mittelabfluss ist vom Projektfortschritt abhängig.