LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10677 18.08.2020 Datum des Originals: 18.08.2020/Ausgegeben: 24.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4098 vom 15. Juli 2020 der Abgeordneten Josefine Paul und Sigrid Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/10208 Noch mehr Nicht-Schwimmerinnen bzw. Nicht-Schwimmer durch Corona? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Schwimmen ist besonders für Kinder und Jugendliche jedes Jahr im Sommer eine beliebte Aktivität. Schwimmfähigkeit ist Voraussetzung, um sich im Wasser sicher und frei bewegen zu können. Schwimmen ist für Kinder – und Jugendliche sowohl aus gesundheitlicher als auch aus psychosozialer Perspektive von sehr hoher Bedeutung. Der Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG) beklagt, dass nur noch 40% aller Kinder, die die Grundschule abschließen, das Deutsche Jugendschwimmabzeichen in Bronze erlangen (https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/morgenmagazin/ service/service-badesicherheit-fuer-kinder-100.html). Die Gründe für die steigenden Zahlen der nicht-schwimmsicheren Kinder sind laut der DLRG vielfältig. Zum einen sind die Wartelisten für Schwimmkurse überfüllt, zum anderen reichen die Schwimmstunden in der Schule nicht aus, um Kindern ohne Vorerfahrung sicheres Schwimmen beizubringen. Aber auch die Schließung von Bädern ist ein Problem. Der DLRG befürchtet zudem, dass durch die Corona Pandemie die Zahl der Badeunfälle steigen könnte. Die Schwimmbäder waren während der Pandemie lange geschlossen. Kinder und Jugendliche sind nicht mehr im Training. Aber auch der Schwimmunterricht in Schulen und Schwimmkurse sind ausgefallen. Viele Menschen werden nun in den Ferien in heimische Gewässer Schwimmen gehen, die häufig unbeaufsichtigt sind (https://www.ksta.de/panorama/wegen-corona-krise-dlrg-prophezeit-in-diesem-sommermehr -badetote-36979198). Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 4098 mit Schreiben vom 18. August 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten und der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10677 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung hat sich mit dem Aktionsplan „Schwimmen lernen in Nordrhein-Westfalen 2019 bis 2022“ zum Ziel gesetzt, die Schwimmfähigkeit der Kinder in Nordrhein-Westfalen nachhaltig zu fördern und zu verbessern. Seit 2019 wird dieser Plan Schritt für Schritt gemeinsam mit Kommunen, Kommunalen Spitzenverbänden, dem Landessportbund Nordrhein-Westfalen, den Schwimmsport treibenden Verbänden und weiteren Partnern umgesetzt und weiterentwickelt. Zu den 10 Maßnahmen des Aktionsplans zählen: Die Anpassung der Lehrpläne an die Empfehlungen der KMK, die Erweiterung des Erfolgsprogramm ,,NRW kann schwimmen!", die Einrichtung von kommunalen Schwimmassistenzpools zur Unterstützung der Lehrkräfte in Grundschulen und der Erprobungsstufe der weiterführenden Schulen, der Ausbau des Fort- und Weiterbildungsangebotes von Lehrkräften für das Anfängerschwimmen, das Durchführen von „Wochen des Schulschwimmens", die Werbung für das Schwimmen durch eine gezielte Imagekampagne, der Austausch mit den Badbetreibern über den Erhalt und die Nutzung von Wasserflächen, das Abhalten eines Schwimmkongresses, die Auslobung eines Wettbewerbs „Gute Praxis aus Kommunen, Verbänden und Vereinen“ und die Evaluation des Aktionsplans, u.a. mit einer erstmaligen Erhebung zur Schwimmfähigkeit der Schülerinnen und Schüler am Ende der Schwimmausbildung in der Grundschule. 1. Wie viele Kinder erreichen bis zum Abschluss der Grundschule das Jugendschwimmabzeichen „Bronze“? Die Zahlen wurden in der Vergangenheit nicht zentral erhoben. Geplant war eine erstmalige, landesweite Erhebung zur Schwimmfähigkeit der Schülerinnen und Schüler am Ende der Schwimmausbildung in der Grundschule kurz vor Ende des Schuljahres 2019/2020 auf der Basis des Niveaustufenkonzeptes der „Empfehlungen der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder(KMK), der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) und des Bundesverbandes zur Förderung des Schwimmunterrichts in der Schule“ von 2017. Aufgrund der vorübergehenden vollständigen Schließung der Schulen, der nachfolgenden Einschränkungen im Schulbetrieb und der Schließung der Schwimmbäder im Rahmen der Eindämmungsmaßnahmen der Corona-Pandemie musste die Schwimmerhebung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. 2. Wie viele Kinder haben im vergangenen Schuljahr an Maßnahmen „NRW kann schwimmen“ teilgenommen? Die Daten des Programms von „NRW kann schwimmen!“ werden jeweils bezogen auf das Kalenderjahr erfasst. Die Kurse finden in den Oster-, Sommer- und Herbstferien statt. 2019 wurden 639 Kurse durchgeführt, an denen ca. 6400 Kinder teilgenommen haben. 2018 waren es noch 564 Kurse, in denen ca. 5500 Kinder ihre Schwimmkompetenz verbessern konnten. Der Zuwachs um 75 Kurse bzw. 13,3% bildete einen neuen Rekord an Kursangeboten ab. Im Jahr 2020 konnten aufgrund der vorübergehenden Schwimmbadschließungen, begründet durch Infektionsschutzmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, während der Osterferien keine Kurse durchgeführt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10677 3 Auch in den Sommerferien 2020 bleibt das Angebot mit 75 Kursen und ca. 700 teilnehmenden Kindern, aufgrund der vielerorts durch die Covid19-Situation noch immer eingeschränkt zur Verfügung stehenden Bäder und der besonderen Anforderungen an Hygiene- und Abstandsregeln in Schwimmbädern weit hinter der zu „normalen Zeiten“ erwartbaren Anzahl zurück. 3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung, über die oben angeführten Gründe hinaus, über die unterschiedliche Schwimmfähigkeit von Kindern vor, z.B. soziale Unterschiede und geschlechterdifferenzierte Daten? Schwimmen ist in der Grundschule obligatorischer Teil des Sportunterrichts und wird in der Regel im Umfang von einer Stunde mit mindestens 30 Minuten Unterricht im Wasser über die Dauer eines Schuljahres unterrichtet. Auch in der Sekundarstufe I ist Schwimmunterricht verbindlicher Teil des Sportunterrichtes. Aussagen von Lehrkräften zufolge haben es Schülerinnen und Schüler, deren Eltern bzw. Erziehungsberechtigte keine oder wenig Affinität zum Schwimmen und Bewegen im Wasser haben, schwerer, das sichere Schwimmen im Rahmen des Schulschwimmunterrichtes zu erlernen. Für diese Kinder, die im schulischen Schwimmunterricht nicht das vorgesehene Lernziel erreichen, gibt es z. B. das spezielle Förderangebote „NRW kann schwimmen!“. Weitere Daten liegen für Nordrhein-Westfalen nicht vor. 4. Wie unterstützt und fördert die Landesregierung den Erhalt von Schwimmbädern und Wasserflächen? Im Rahmen der Städtebauförderung kann die Modernisierung von Schwimmbädern als Gemeinbedarfseinrichtung sowie Wasserflächen als Bestandteil öffentlicher Grün- und Freiflächen innerhalb von Stadterneuerungsgebieten gefördert werden. Zum Erhalt von Schwimmbädern und Wasserflächen werden die Träger durch verschiedene Förderprogramme im Bereich der Sportstättenförderung unterstützt: - „Moderne Sportstätte 2022“ - Sportpauschale - Förderung von herausragenden Sportstätten - Sportstättenfinanzierungsprogramm („Bürgschaftsprogramm“) - „Integrationspakt zur Förderung von Sportstätten“, - Stadterneuerungsprogramme, mit denen der Erhalt und die Modernisierung von Schwimmbädern gefördert werden können, - „Gute Schule 2020“. 5. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung bezüglich der Bäderlandschaft in NRW vor? (Bitte Angaben zur Sanierungsbedürftigkeit, zum Rückgang von Wasserflächen für den Schwimmunterricht sowie zum Neubau von Bädern machen.) Ausweislich des KfW-Kommunalpanel 2020 vom Juni dieses Jahres wird von den Kommunen bundesweit ein Investitionsrückstand im Bereich der Sportstätten und Bäder in Höhe von 10,3 Mrd. EUR benannt. Hochgerechnet auf Nordrhein-Westfalen entspricht dies einem Investitionsrückstand für Sportstätten und Bädern in Nordrhein-Westfalen von rund 2 Mrd. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10677 4 EUR. Nähere Angaben zur Sanierungsbedürftigkeit bzw. dem Neubau von Bädern liegen der Landesregierung nicht vor. Im Hinblick auf die Gesamtzahl von Bädern kann aufgrund aktueller Untersuchungen davon ausgegangen werden, dass es zwischen 2015 und 2020 zu keinem Rückgang von Wasserflächen in Nordrhein-Westfalen gekommen ist.