LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10681 18.08.2020 Datum des Originals: 18.08.2020/Ausgegeben: 24.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3787 vom 3. Juni 2020 der Abgeordneten Sigrid Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/9554 Welche Vorgaben gibt die Landesregierung für die Versorgung der Schülerinnen und Schüler mit Essen in Corona-Zeiten? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Zuge der Ausweitung des Ganztagsunterrichts in den vergangenen Jahren erhielt auch die Frage der Verpflegung in den Schulen einen immer höheren Stellenwert. Die kommunalen und freien Schulträger haben erhebliche Anstrengungen unternommen, um Schulen sukzessive mit Schulmensen baulich auszustatten. Gerade von Elternseite wurde auch die Frage der Qualität der Verpflegung gestellt. Viele Fördervereine haben hier enorme Unterstützung geleistet. Von Seiten der Verbraucherzentrale NRW wurde mit der Vernetzungsstelle Schulverpflegung landesseitig Unterstützung und Beratung geleistet. Qualitätsempfehlungen kommen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Eine gute Verpflegung in der Schule ist gerade für Kinder aus benachteiligten Familien eine grundlegende Voraussetzung für gute Bildungsteilhabe an einer Ganztagsschule und leider manchmal die einzig verlässliche Mahlzeit. Die Corona-Pandemie hat den regulären Schulbetrieb für Wochen außer Kraft gesetzt. Bis zu den Sommerferien ist noch nicht mit einem regelmäßigen täglichen Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler zu rechnen. Die Schulmensen blieben geschlossen, die Versorgung der Schülerinnen und Schüler gerade aus benachteiligten Familien war nicht gewährleistet. Schulen und Kommunen haben sehr pragmatisch reagiert und oft eine Versorgung mit Verpflegung für diejenigen organisiert, von denen sie wussten, dass sie das dringend benötigen. Auch im kommenden Schuljahr wird Corona noch nicht Geschichte sein. Alle Beteiligten gehen davon aus, dass es im kommenden Schuljahr noch auf absehbare Zeit eine Mischung von Präsenz- und Fernunterricht geben wird. Für die Schulverpflegung stellen sich damit erhebliche Fragen, auf die die Landesregierung bislang keine Antwort gibt. Auch Fragen der Beachtung der Hygienevorschriften müssen für die Schulverpflegung konkret gefasst werden. Nach Angaben des Bundes sollen Kommunen Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) nutzen, um benachteiligten Schülerinnen und Schülern ein kostenloses Mittagessen auch nach Hause zu liefern. Auch hier fehlen bislang konkrete Empfehlungen von Landesseite. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10681 2 Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 3787 mit Schreiben vom 18. August 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, dem Minister für Arbeit Gesundheit und Soziales und der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Grundsätzlich ist für die Genehmigung des Betriebes von Einrichtungen der Schulverpflegung der Schulträger im Benehmen mit den örtlichen Gesundheitsbehörden zuständig (Schulverpflegung als eine äußere Schulangelegenheit). Die Fragen werden auf der Grundlage des aktuellen Standes der Coronaschutzverordnung (vom 11.08.2020) und der Coronabetreuungsverordnung (vom 11.08.2020) beantwortet. 1. In welchen Szenarien und Schritten plant die Landesregierung die Wiederaufnahme des Regelbetriebs der Offenen Ganztagsschule mit Mittagsverpflegung sowie des Ganztags an den weiterführenden Schulen und Förderschulen mit Mittagsverpflegung? Nach § 14 Abs. 2 der geltenden Coronaschutzverordnung können nicht öffentlich zugängliche Mensen und Kantinen von Bildungseinrichtungen (außer Hochschulmensen, aber einschließlich Schulen) unter bestimmten Voraussetzungen betrieben werden: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=18663&menu=1&sg=0&key word=Coronaschutzverordnung Des Weiteren sei auf § 1 „Schulische Gemeinschaftseinrichtungen“ der geltenden Coronabetreuungsverordnung verwiesen, der Regelungen zum Schulbetrieb beinhaltet, die auch für die Schulmensen gelten: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=2126&bes_id=43046& menu=1&sg=0&aufgehoben=N&keyword=CoronaBetrVO#det0 Zudem hat das Ministerium für Schule und Bildung mit der Schulmail vom 03.08.2020 ein „Konzept für einen angepassten Schulbetrieb in Corona-Zeiten zu Beginn des Schuljahres 2020/21“ vorgelegt: https://www.schulministerium.nrw.de/system/files/media/document/file/Faktenblatt%20angep asster%20Schulbetrieb%20Schuljahresbeginn%202020%2021.pdf Offene Ganztagsschulen Unter Beachtung des Hygienekonzepts der Schule und der vorhandenen Kapazitäten wurden an offenen Ganztagsschulen seit dem 15.06.2020 je nach Möglichkeiten der Schule der Schulbetrieb sowie sonstige Betreuungsangebote wiederaufgenommen (Schulmail Nr. 23). Schulleitung und OGS-Leitung entscheiden gemeinsam, welche Regelungen für die Teilnahme getroffen werden. Da an offenen Ganztagsschulen in der Regel die Gruppen stabil zusammengesetzt sind, kann auch ein Mensabetrieb gegebenenfalls stattfinden. Dabei sollte eine Durchmischung der Schülergruppen verhindert werden. Inwieweit eine Verpflegung sichergestellt werden kann, ist vor Ort zu entscheiden. Grundsätzlich sollten die Schülergruppen von anderen Gruppen getrennt essen. Gegebenenfalls sollten gestaffelte Mittagspausen eingerichtet werden. Darüber hinaus müssen geeignete Vorkehrungen u.a. zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Gewährleistung eines Mindestabstandes LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10681 3 zwischen Personen etwa in Warteschlangen gewährleistet sein. Es muss ein Hygienekonzept vorliegen. Die einzelnen Maßnahmen sind durch den Schulträger jeweils in Rücksprache mit der Schulleitung und dem örtlichen Gesundheitsamt abzustimmen. Weiterführende Schulen und Förderschulen An den Schulen der Sekundarstufen I und II war grundsätzlich ein Ganztagsbetrieb aufgrund des Infektionsschutzes der am Schulleben Beteiligten und damit auch ein regulärer Mensabetrieb bis zum Ende des Schuljahres ausgesetzt (Schulmail Nr. 20). An weiterführenden Schulen und Förderschulen mit Mittagsverpflegung ist mit Beginn des Schuljahres 2020/21 ein Mensabetrieb möglich. Dabei sollte unter anderem eine Durchmischung von Schülergruppen vermieden werden. Es muss ein Hygienekonzept vorliegen. Möglich sind Angebote von Zwischen- und Mittagsverpflegung durch Dienstleister, Schulmensen oder Kioske sowie Bistros zur Versorgung derjenigen, die sich am Schulstandort aufhalten, wenn die gültigen Vorgaben gemäß Infektionsschutz eingehalten werden. Die einzelnen Maßnahmen sind durch den Schulträger jeweils in Rücksprache mit der Schulleitung und dem örtlichen Gesundheitsamt abzustimmen. Nähere Angaben finden sich auch in den Hygieneempfehlungen für die Verpflegung in Schulmensen des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales und des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (in der Fassung vom 06.08.2020): https://www.schulministerium.nrw.de/system/files/media/document/file/empfehlungenschulverpflegung .pdf 2. Welche organisatorischen Rahmenbedingungen, insbesondere welche Kriterien werden für die Verpflegung in Schulen mit eingeschränktem bzw. uneingeschränktem Regelbetrieb vorgegeben? Für den eingeschränkten wie den uneingeschränkten Betrieb sind im Einzelfall die Schule und der jeweilige Schulträger zuständig, der sich ins Benehmen mit der örtlichen Gesundheitsbehörde setzen sollte. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu Frage 1 verwiesen. 3. In den Schulen wird häufig im „Schichtbetrieb“ mit versetzten Essenzeiten gegessen. Welche Hygiene- und Infektionsschutzvorschriften sind im Schichtbetrieb einzuhalten? Gegebenenfalls sind zur Zwischenreinigung der Essplätze notwendige Hygienemaßnahmen und Reinigungsintervalle unter Beachtung der aktuellen Erfordernisse des Infektionsschutzes vorzunehmen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu Frage 1 verwiesen. 4. Wenn Schichtbetrieb in der Mensa nicht möglich ist, wo sollen die Schülerinnen und Schüler wie essen (inklusive Schulobstprogramm)? Es ist auch die Einnahme von Zwischen- und Mittagsverpflegung im Klassenraum unter Beachtung der notwendigen Hygienemaßnahmen und Reinigungsintervalle gemäß den aktuellen Erfordernissen des Infektionsschutzes möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10681 4 Die Belieferung mit Obst und Gemüse im Rahmen des EU-Schulprogramms stand den teilnehmenden Grundschulen auch in Zeiten der Notbetreuung offen und ist grundsätzlich auch bei Wiederaufnahme des Regelbetriebs möglich. Das Obst und Gemüse wird in der Regel für alle Klassen vorportioniert in „Klassenkisten“ geliefert und im Laufe des Vormittags von Schülerinnen und Schülern verzehrt. 5. Gibt es konkrete Anweisungen des Landes NRW, wie das Angebot sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern ein kostenloses Mittagessen nach Hause zu liefern, genutzt werden soll? Konkrete Vorgaben, wie eine Mittagsverpflegung an sozial benachteiligte Schülerinnen und Schülern nach Hause geliefert werden soll, gibt es seitens der Landesregierung nicht. Die konkrete Umsetzung der Art und Weise einer Lieferung bleibt den kommunalen Trägern überlassen, da die Lieferbedingungen maßgeblich von den örtlichen Gegebenheiten abhängen. Die Landesregierung kann daher nur den Rahmen vorgeben, welche pandemiebedingten Aufwendungen bei der Mittagsverpflegung im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets und des Härtefallfonds „Alle Kinder essen mit“ des Landes Nordrhein- Westfalen übernommen werden können. Zur Fragestellung, welche Aufwendungen bei einer Lieferung der Mittagsverpflegung an sozial benachteiligte Schülerinnen und Schülern zu berücksichtigen sind, wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3786 verwiesen. Anlage Hygieneempfehlungen für die Verpflegung in Schulmensendes Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales und des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen Stand: 6. August 2020 Um eine Verbreitung des Corona-Virus zu verhindern, benötigen Schulverpflegungseinrichtungen geeignete Vorkehrungen zur Hygiene. Die nachfolgenden Empfehlungen beruhen auf den Regelungen, die sich aus dem Infektionsschutzgesetz des Bundes sowie der aktuell gültigen CoronaSchVO und der CoronaBetrVO ergeben. 1. Gäste müssen sich nach Betreten der Mensa die Hände waschen bzw. bei Bedarf desinfizieren (Bereitstellung Desinfektionsmittel mind. „begrenzt viruzid“). 2. Um im Falle einer Infektion mit Covid-19 mögliche Kontaktpersonen auch im Nachhinein identifizieren zu können, werden folgenden Regelungen getroffen: a. Schülerinnen und Schüler, die im Klassen- oder Kursverbund unterrichtet werden, sollen – soweit möglich – die Mahlzeiten gemeinsam einnehmen. Eine Durchmischung der verschiedenen Schülergruppen bei der Ausgabe und der Einnahme der Mahlzeiten sollte möglichst vermieden werden. Gegebenenfalls sollten gestaffelte Essenszeiten für die Schülergruppen eingerichtet und der gesamte Essenszeitraum verlängert werden. Bei äußerer Differenzierung der Gruppen bzw. Jahrgänge ist Nr. 4 anzuwenden. b. Kleinere Schülergruppen, insbesondere der höheren Jahrgänge, bei denen die Inanspruchnahme der Mahlzeiten durch die Schülerinnen und Schüler erwartungsgemäß geringer ist, können unter Wahrung des Abstandsgebots und unter Angabe ihrer Kontaktdaten, ihres Sitzplatzes und ihres Aufenthaltszeitraum ihre LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10681 5 Mahlzeiten gemeinsam an eigenen Tischen getrennt von denen der anderen Schülerinnen und Schüler, die im Klassen- oder Kursverbund sitzen, einnehmen. Dies ist für jeden Tag zu erfassen und von den Mensabetreibern/Aufsichtspersonen für vier Wochen aufzubewahren. 3. Bei schulexternen Besucherinnen und Besuchern, sind die Kontaktdaten, der Sitzplatz und der Aufenthaltszeitraum an dem das Essen eingenommen wurde, zu dokumentieren (analog zu Ziffern 2 b und c). Schulfremde Besucher sollten allenfalls deutlich außerhalb der üblichen Essenszeiten Zugang zur Mensa erhalten. 4. Wenn unterschiedliche Gruppen i.S. der Ziffer 2 ihre Mahlzeit zeitgleich einnehmen, sind Tische entsprechend dieser Gruppen zu belegen und so anzuordnen, dass a. zwischen den Tischen mindestens 1,5 m Abstand (gemessen ab Tischkante bzw. den zwischen zwei Tischen liegenden Sitzplätzen) liegen. Ausnahme: bauliche Abtrennung zwischen den Tischen, die eine Übertragung von Viren für den Tisch- und kompletten Sitzbereich verhindert. b. bei Sitzbereichen in Nähe von Arbeitsplätzen (Theke etc.) und Verkehrsflächen (Eingang/Ausgang, Gang zur Toilette etc.) ein Abstand von 1,5 m zu diesen Flächen eingehalten wird. Unmittelbar vor der Theke sind Sitzplätze nur mit zusätzlichen Barrieren zulässig (z. B. Plexiglas wie im Einzelhandel). 5. Gänge zum Ein-/Ausgang, zur Küche, zu Toiletten etc. sollen eine Durchgangsbreite haben, mit der beim Durchgehen die Einhaltung des Abstandes von 1,5 m zu den an den Tischen sitzenden Personen grundsätzlich eingehalten werden kann. Soweit dies baulich nicht sichergestellt werden kann, sind aber Abweichungen flexibel zulässig, da grundsätzlich im Innenbereich eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nase- Bedeckung außer am Sitzplatz (§ 2 Abs. 3 Ziffer 7 CoronaSchVO) gilt. 6. Über Tischanordnungen und Bewegungsflächen ist eine Raumskizze zu erstellen, aus der sich die Abstände erkennen lassen. Diese ist vor Ort vorzuhalten. In stark frequentierten Bereichen/Warteschlangen (Eingang, Toiletten etc.) sollen Abstandsmarkierungen angebracht werden. Sollte es an Platz fehlen, um die Abstandsregeln einzuhalten, sollte das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckung die Alternative sein. 7. Gebrauchsgegenstände (Gewürzspender, Zahnstocher, etc.) dürfen nicht offen auf den Tischen stehen. Besteck, Gläser, etc. werden nur an der Essensausgabe ausgeteilt. 8. Selbstbedienungsbuffets sind nur zulässig, wenn die Schülerinnen und Schüler sich vor jeder Nutzung an bereitgestellten Desinfektionsmittelspendern die Hände desinfizieren und bei der Nutzung eine Mund-Nase-Bedeckung tragen. Eine möglichst gute Abschirmung oder Abdeckung der Speisen („Spuckschutz“ o.ä.) ist zusätzlich sinnvoll. 9. Die Räumlichkeiten sind ausreichend zu belüften. Abfälle müssen in kurzen Intervallen ordnungsgemäß entsorgt werden. 10. Alle Kontaktflächen wie Arbeitsflächen, Stühle etc. sowie die Tischflächen sind regelmäßig mit einem fettlösenden Haushaltsreiniger zu reinigen. 11. Spülvorgänge für Geschirr und Gläser sollten möglichst maschinell mit Temperaturen von mindestens 60 Grad Celsius durchgeführt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10681 6 12. Beschäftigte mit Kontakt zu den Gästen (Service, Kasse etc.) müssen eine Mund-Nase- Bedeckung tragen. Diese muss bei Durchfeuchtung gewechselt werden. Nach jedem Abräumen von Speisengeschirr sollen Händewaschen/-desinfektion erfolgen; im Übrigen mindestens alle 30 Minuten. 13. Die Beschäftigten der Mensen werden in den vorgenannten Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln (inkl. allg. Regeln des Infektionsschutzes wie „Niesetikette“, Einordnung von Erkältungssymptomen etc.) unterwiesen. Gäste werden durch Hinweisschilder, Aushänge usw. über die einzuhaltenden Regeln informiert.