LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10684 19.08.2020 Datum des Originals: 19.08.2020/Ausgegeben: 25.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4107 vom 20. Juli 2020 des Abgeordneten Stefan Kämmerling SPD Drucksache 17/10286 Eine Frage des Respekts: Wann spricht der Chef der Staatskanzlei auch mit Vertretern des Karnevals aus Kommunen, die nach Auffassung der Landesregierung erkennbar nicht der Bezeichnung „Hochburgen“ unterfallen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Karneval beschäftigt gegenwärtig alle Karnevalisten in ganz Nordrhein-Westfalen. Ob das Brauchtum wie gewohnt stattfinden kann, hängt von dem Verlauf der Verbreitung von Covid-19 ab und von der Erforschung eines Impfstoffs gegen das Virus. Für viele Karnevalsgesellschaften bedeutet das ein großes finanzielles Bangen. Ministerpräsident Armin Laschet sprach sich jüngst gegen Straßenveranstaltungen zur traditionellen Sessionseröffnung am 11.11. aus: „Draußen, Straßenkarneval, Infektionsübertragungszeit, Alkohol, Enge - das passt nicht in diese Zeit“, sagte der Ministerpräsident im Juni.1 Voraussetzung für eine Karnevalssession 2020/2021 muss eine Corona-konforme Organisation und Planung sein. Dabei helfen soll, so der Plan der Landesregierung, eine Art „Narren-Knigge“ mit Empfehlungen und Informationen. So wurde es laut Medienberichten am 10.07. bei einem Treffen des Chefs der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, Nathanael Liminski, und den Festkomitees der Karnevalshochburgen Aachen, Bonn, Düsseldorf und Köln vereinbart.2 Bei diesem Treffen außen vor gelassen wurden die Festkomitees aller weiteren Städte und Gemeinden in NRW, die sich dem Brauchtum Karneval in gleicher Weise verbunden fühlen wie die Jecken und Narren in Aachen, Bonn, Düsseldorf und Köln.3 Folglich hatten nur die Vertreter der vier genannten Festkomitees ein Mitspracherecht an den bisher angedachten Richtlinien für die Karnevalssession 2020/2021. 1 Der Spiegel (2020): „Laschet spricht sich gegen Straßenkarneval im November aus“, 30.06.2020, https://www.spiegel.de/panorama/corona-krise-armin-laschet-spricht-sich-gegen-strassenkarneval-im-november-aus-a- 55fc0657-9ddf-4648-98ae-d369ff8c1e82 [Zugriff 14.04.2020]. 2 Aachener Zeitung (2020): „Karnevalsgipfel“ verabredet Leitfaden“, 12.07.2020, https://www.aachenerzeitung .de/nrw-region/coronavirus-karnevalsgipfel-verabredet-leitfaden_aid-52141445 [Zugriff 14.04.2020]. 3 Westfalen-Blatt (2020): „Karnevalsgipfel verabredet Leitfaden für Frohsinn trotz Corona“, 11.07.2020, https://www.westfalenblatt .de/Ueberregional/Nachrichten/Politik/4233427-Spitzentreffen-der-Festkomitees-aus-Aachen-Bonn-Duesseldorf-und-Koelnmit -der-NRW-Staatskanzlei-Karnevalsgipfel-verabredet-Leitfaden-fuer-Frohsinn-trotz-Corona [Zugriff 14.04.2020]. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10684 2 Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 4107 mit Schreiben vom 19. August 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. 1. Warum hat sich der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski, ausschließlich mit den Vertretern der Festkomitees der Städte Aachen, Bonn, Düsseldorf und Köln getroffen? 2. Warum wurden nicht die Vertreter weiterer Festkomitees anderer nordrheinwestfälischer Landesteile eingeladen? 3. Wann wird der Chef der Staatskanzlei Vertreter auch des eher ländlich geprägten Karnevals kleinerer Kommunen empfangen? 4. Worin bestehen nach Auffassung der Landesregierung die besonderen Coronabedingten Herausforderungen für die zahlreichen kleinen und kleinsten Karnevalsgesellschaften im ganzen Land? 5. Wie lautet der konkrete Zeitplan der Landesregierung für verbindliche Regeln in der Karnevalssession 2020/2021, sollte denn die Landesregierung den nächsten Karneval für durchführbar halten? Die Fragen 1 bis 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Nathanael Liminski, hat sich am 7. Juli 2020 mit den Spitzen der Festkomitees und Festausschüsse aus Aachen, Bonn, Düsseldorf und Köln über denkbare Rahmenbedingungen für mögliche Karnevalsfeierlichkeiten am 11. November 2020 und in 2021 ausgetauscht. Derzeit ist nicht sicher abzusehen, wie die Covid-19- Pandemie sich in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln wird. Jegliche Veranstaltungen stehen unter dem Vorbehalt der Entwicklungen des Infektionsgeschehens. Das Treffen folgte einer Anfrage des Kölner Festkomitees und wurde in gemeinsamer Abstimmung in der o. g. Zusammensetzung anberaumt. Die Informationsweitergabe an weitere Festkomitees in Nordrhein-Westfalen war zu jeder Zeit durch die enge Verzahnung der Karnevalisten über den Bund Deutscher Karneval gewährleistet. Der Karneval ist für viele Menschen in Nordrhein-Westfalen sowohl in den so genannten Hochburgen, aber auch im ganzen Land von großer Bedeutung. Karneval zu feiern gehört zu den vielfältigen Formen der Pflege von Tradition und Brauchtum in Nordrhein-Westfalen, die Menschen auf positive Weise miteinander verbinden und das Gemeinschaftsgefühl stärken. Diejenigen, die sich in Vereinen und Gesellschaften engagieren, um den Karneval auch für andere mit zu organisieren, betreiben dies in der Regel mit hohem ehrenamtlichen Engagement. Wenn aufgrund einer Pandemie zum Schutze aller der Karneval nur noch eingeschränkt oder phasenweise gar nicht mehr stattfinden kann, bedeutet dies gerade für diejenigen, die seit vielen Jahren einen Großteil ihrer Freizeit mit der Organisation des Karnevals und der Freude an der „Fünften Jahreszeit“ verbringen, eine merkliche Reduzierung ihres gewohnten gesellschaftlichen Lebens. Kleinere und kleinste Karnevalsgesellschaften haben zudem in ihrem Wirkungskreis oft eine identitäts- und gemeinschaftsstiftende Funktion, die inhaltlich wie zeitlich weit über den satzungsgemäßen Vereinszweck und die Karnevalssession hinausreicht. Für sie besteht die besondere Herausforderung darin, geeignete Formen zu finden, diese gemeinschaftsstiftende Funktion auch unter den besonderen Corona-Bedingungen aufrecht zu erhalten. Für die genannten Gesellschaften LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10684 3 stellt es eine besondere Herausforderung dar, mit dieser Folgewirkung von Corona zurecht zu kommen. Aus diesem Grund fand dieser frühzeitige gemeinsame Austausch statt. Aktuell ist nicht sicher abzusehen, wie sich das Infektionsgeschehen in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln wird. Die Landesregierung beobachtet die Entwicklung genau und prüft kontinuierlich, ob weitere Erleichterungen der Regelungen zum Schutz vor Neuinfektionen möglich oder eventuell strengere Vorschriften erforderlich sind. Wie mit den Vertretern der vier großen Festkomitees vor dem Sommer vereinbart, werden die in der vergangenen Woche eingereichten Fragen und Konzepte zum Infektionsschutz bei Karnevalsveranstaltungen durch das zuständige Gesundheitsministerium geprüft. Auf dieser Sach-Grundlage wird dann wie vereinbart im Lichte des Infektionsgeschehens nach der Reisesaison entschieden werden, ob überhaupt und gegebenenfalls wie Karnevalsveranstaltungen unter den Bedingungen der Pandemie durchgeführt werden können. Die Landesregierung wird in ihrer Gesamtbewertung neben dem Infektionsschutz auch die große Bandbreite der organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Fragen, die sich für kleine Karnevalsvereine anders darstellen als für die großen Festkomitees, berücksichtigen. Die Informationen und Empfehlungen sollen den Karnevalsvereinen im ganzen Land bei der Entscheidung über Planung, Vorbereitung und Durchführung als Orientierung dienen und zugleich eine gemeinsame Basis bilden für die in jedem Fall erforderliche individuelle Genehmigung von Veranstaltungen durch die zuständigen lokalen Behörden – immer vorbehaltlich der Entwicklung des Infektionsgeschehens.