LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10721 24.08.2020 Datum des Originals: 24.08.2020/Ausgegeben: 28.08.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4086 vom 10. Juli 2020 der Abgeordneten Wibke Brems BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/10181 Energiepolitik im Ankündigungsmodus: Welche Maßnahmen zum Ausbau von Windenergie und Geothermie hat die Landesregierung umgesetzt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 17. Dezember 2019 stellte Minister Prof. Andreas Pinkwart das fünfte sogenannte „Entfesselungspaket“ der Landesregierung vor, mit dem schwerpunktmäßig Maßnahmen zur Unterstützung des Ausbaus Erneuerbarer Energien angekündigt wurden. Über den Umsetzungsstand der Mehrzahl der dort angekündigten Maßnahmen ist jedoch nichts bekannt. Dies trifft beispielsweise auf Maßnahmen zur Unterstützung des Windenergiezubaus und der Nutzung der Geothermie zu. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 4086 mit Schreiben vom 24. August 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, dem Minister für Verkehr und der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung hat im Bereich der Erneuerbaren Energien zahlreiche Maßnahmen initiiert. Im Bereich der Windenergie wurden beispielsweise mit der letzten Novelle des Windenergie- Erlasses (WEE), der Überarbeitung des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen sowie den erfolgreichen Bundesratsinitiativen zur Überarbeitung des Erneuerbare-Energien- Gesetzes bezüglich Bürgerenergiegesellschaften oder zur Wiedereinführung der Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch zur Regelung eines Mindestabstandes zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung, die letztlich zu entsprechenden Gesetzgebungsverfahren in Bundesrat und Bundestag geführt haben, diverse Maßnahmen zum Erhalt der Akzeptanz und zur Neuausrichtung der Windenergie in Nordrhein-Westfalen bereits erfolgreich umgesetzt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10721 2 Auch die Maßnahmen des Entfesselungspaketes V zu Erneuerbaren Energien aus Dezember 2019 befinden sich bereits in Umsetzung oder sind schon abgeschlossen. Laut einer aktuellen Auswertung (Stand: 13. Juli 2020) der Fachagentur Windenergie an Land verfügt Nordrhein-Westfalen mit über 1.060 MW deutschlandweit über die meisten genehmigten Windenergieanlagen (WEA) – trotz nicht idealer Standortvoraussetzungen insbesondere im Vergleich zu den Küstenländern und gleichzeitig sehr dichter Besiedlung. Davon wurden laut der oben genannten Auswertung alleine in der ersten Jahreshälfte 2020 bisher über 235 MW genehmigt, nur Schleswig-Holstein konnte im Vergleichszeitraum einen höheren Wert genehmigter Windenergieleistung verbuchen. Im gesamten Jahr 2019 wurde in Nordrhein-Westfalen mit rund 460 MW deutschlandweit sogar die größte Windenergieleistung genehmigt. Auch in den bisherigen 16 Ausschreibungsrunden für Windenergieanlagen an Land waren nach einer aktuellen Auswertung der Fachagentur Windenergie an Land (Stand: 13. Juli 2020) Windenergieanlagen aus Nordrhein-Westfalen mit einer Leistung von über 1.328 MW erfolgreich. Nur Brandenburg hat bisher mehr Zuschläge erhalten. 1. Die Landesregierung hat die Verzögerung bei der angekündigten Überarbeitung des Windenergieerlasses mit ausstehenden Entscheidungen auf Bundesebene begründet, die nun getroffen wurden. Zu welchem Zeitpunkt plant die Landesregierung den betroffenen Akteuren wieder eine aktuelle Handreichung für die rechtssichere Planung und Genehmigung von Windenergieprojekten in NRW zur Verfügung zu stellen? Die Handlungsspielräume im Windenergie-Erlass (WEE) sind durch den geltenden bundeswie landesrechtlichen Rahmen determiniert. Daher hat die Landesregierung es für sinnvoll gehalten, dass vor einer erneuten Novelle zunächst insbesondere die von Seiten des Bundes angekündigte Änderung des Baugesetzbuches und ggfs. landesrechtlich erforderliche Folgeregelungen abzuwarten sind. Das Gesetz zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude und zur Änderung weiterer Gesetze, das auch die Länderöffnungsklausel für Mindestabstände zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung im Baugesetzbuch wiedereingeführt hat, ist erst am 14. August 2020 in Kraft getreten. Insofern ist es bisher zu keiner Verzögerung durch die Landesregierung bei der angekündigten Überarbeitung des WEE gekommen. Unabhängig davon hat bereits im Februar 2020 das erste Ressortgespräch zur anstehenden Novelle stattgefunden und die zahlreichen Fachabteilungen der verschiedenen Ressorts bereiten derzeit die Novelle auf Arbeitsebene vor. In der Regel dauert die vollständige Überarbeitung des WEE mit allen Verfahrens- und Beteiligungsschritten rund eineinhalb Jahre. Zum Vergleich: Die letzte Novelle 2018 wurde in nur rund einem Dreivierteljahr überarbeitet, während die Novelle 2015 deutlich über zwei Jahre in Anspruch genommen hat. 2. Wie sind die bisherigen Erfahrungen mit dem „Beratungsangebot für Bezirksregierungen und Kommunen“, mit dem in Ergänzung zum Windenergieerlass rechtssichere Planungsverfahren sichergestellt werden sollen? (Bitte Anzahl der erfolgten Beratungen, Bewertung der Beratungen durch die Bezirksregierungen und Kommunen sowie die praktischen Ergebnisse der Beratungen nennen) 3. Wie wurden die Bezirksregierungen und Kommunen über das „Beratungsangebot für Bezirksregierungen und Kommunen“ informiert? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10721 3 Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Die Ministerien führen mit ihren nachgeordneten Behörden regelmäßig behördeninterne Dienstbesprechungen durch, bei denen anlassbezogen das Thema Windenergie auf der Tagesordnung steht. In Bezug auf die Windenergie sind insbesondere die Besprechungen der Immissionsschutzbehörden sowie der Landes- und Regionalplanung relevant. Anlassbezogen nehmen daran auch weitere Ressorts wie beispielsweise das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen teil. Darüber hinaus begleitet und unterstützt die EnergieAgentur.NRW (EA.NRW) im Auftrag der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen u.a. im Bereich der Erneuerbaren Energien den Ausbau der verschiedenen Technologien, ihres Netzanschlusses sowie ihres kombinierten Betriebes mit Speichern zum Zwecke des Eigenverbrauches durch allgemeine Informationsund Beratungsangebote. Zielgruppe sind unter anderem Kommunen und öffentliche Einrichtungen. Seit Überarbeitung des WEE (Mai 2018) wurden unter anderem für Kommunen 46 Beratungen, 14 Veranstaltungen und 12 Vorträge zum Thema Windenergie, insbesondere zu Planungs- und Genehmigungsfragen, aber auch zu weiteren Themenkomplexen wie beispielsweise informelle Bürgerbeteiligung, Öffentlichkeitsbeteiligung, Akzeptanzmaßnahmen, Kommunikation mit den verschiedenen Akteuren sowie Abstände bei Windenergieanlagen in der kommunalen Planung durchgeführt. Hinzu kommen zahlreiche Veröffentlichungen. Zudem wurden von der EA.NRW 10 lokale Infomessen Windenergie in den Kommunen vor Ort durch Messestandbetreuung und Beratung unterstützt. 4. Im Januar 2020 berichtete die Landesregierung in der Vorlage 17/2889, dass die Prüfung und Beratung zur besseren wirtschaftlichen Absicherung von Tiefengeothermie-Bohrungen andauere. Mit welchen Ergebnissen wurde diese Prüfung und Beratung in der Zwischenzeit abgeschlossen? Die Prüfungen zur wirtschaftlichen Absicherung von Projekten zur Tiefengeothermie dauern an. Die Komplexität der Risikostruktur in Projekten dieser Art wirkt sich direkt auf die zu prüfenden Instrumente aus. 5. Wie gestaltet sich das Genehmigungsverfahren, in dem drei Genehmigungsverfahren gebündelt werden sollten, um Geothermie-Projekte zu erleichtern? Für das Niederbringen einer Bohrung zur Nutzung von Erdwärme sind in mehreren gesetzlichen Vorschriften Anzeigepflichten geregelt. So muss das Bohrvorhaben nach den geltenden gesetzlichen Regelungen dem Geologischen Dienst gemäß § 8 Geologiedatengesetz (zuvor gem. § 4 Lagerstättengesetz), der Unteren Wasserbehörde gemäß § 49 WHG sowie der Bergbehörde gemäß § 127 Absatz 1 Bundesberggesetz, wenn die Bohrung mehr als hundert Meter in den Boden eindringen soll, angezeigt werden. In einem Online-Portal „Bohranzeige NRW“ sollen diese drei Anzeigeverfahren zusammengeführt werden, so dass Anzeigepflichtige zukünftig nur noch eine digitale Anzeige über einen zentralen Zugang einzureichen hätten. Im digitalen Verfahren werden die Angaben der Anzeige geprüft und ausgewertet und wird die Anzeige an die entsprechend zuständigen Stellen weitergeleitet. Dadurch wird der Aufwand für Grundstückseigentümer bzw. Unternehmen, die Geothermievorhaben mit Bohrungen realisieren möchten, erheblich reduziert sowie die Verfahren vereinheitlicht und beschleunigt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10721 4 Beim Geologischen Dienst ist bereits ein digitales Bohranzeigenportal eingerichtet, über das die gem. Geologiedatengesetz einzureichenden Anzeigen entgegengenommen werden können. Bis Ende 2020 sollen die gem. § 127 Bundesberggesetz einzureichenden Anzeigen in das Portal integriert werden. In einem nächsten Schritt ist angestrebt, die Unteren Wasserbehörden mit einem vereinheitlichten Anzeigeformular an das Portal anzuschließen. Hier wurden konzeptionelle Vorarbeiten geleistet. Mit dem bereits erarbeiteten und zur Anwendung gebrachten Merkblatt „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an die Nutzung von oberflächennaher Erdwärme“ wird sichergestellt, dass Genehmigungsverfahren bei den unteren Wasserbehörden nach einheitlichen Maßstäben bearbeitet werden.