LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10765 28.08.2020 Datum des Originals: 28.08.2020/Ausgegeben: 03.09.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4141 vom 29. Juli 2020 des Abgeordneten Christian Loose AfD Drucksache 17/10374 Wie lange können die wenigen Speicherkraftwerke NRW versorgen und wie lange halten die Erdgasspeicher – Nachfrage zur unvollständig beantworteten Kleinen Anfrage 3744 vom 27. Mai 2020 des Abgeordneten Christian Loose, AfD Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit der Drucksache 17/9965 vom 26. Juni 2020 behauptet die Landesregierung, die oben genannte Kleine Anfrage beantwortet zu haben. Die Fragen 4 und 5 der Kleinen Anfrage lauteten: „4. Wie viele Tage könnte der Gesamtstrombedarf des Landes NRW aller Sektoren – also Verkehr, Haushalte, Industrie sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen – für den Fall eines normalen Regelverbrauchs allein mit Speicherkraftwerken aufrechterhalten werden, sofern diese vollaufgeladen wären und alle anderen Kraftwerke zu diesem Zeitpunkt nicht in die Netze einspeisen könnten (z. B. weil keine Gas- und Kohlekraftwerke vorhanden sind und eine Dunkelflaute herrscht)? 5. Wie viele Tage könnte der Strombedarf allein durch Speicherkraftwerke aufrechterhalten werden, wenn das Land NRW alle ihm zur Verfügung stehenden möglichen Maßnahmen zur Reduzierung und Priorisierung des Stromverbrauchs nutzen würde?“1 Die Landesregierung „beantwortet“ diese beiden Fragen mit trivialen Ausführungen zur allgemein bekannten, angestrebten – aber in diesem Zusammenhang überhaupt nicht abgefragten – Funktionsweise der europäischen Netzinfrastruktur: „Die elektrischen Netze in Europa und damit auch alle darin befindlichen Verbraucher, Speicher und Erzeuger sind grenzübergreifend zu einem Verbundnetz zusammengeschaltet. Daher findet der Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage nach Strom sowohl zwischen den deutschen Bundesländern als auch grenzüberschreitend im Austausch mit anderen europäischen Ländern statt. Auch 1 Vgl. http://landtag/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-9965.pdf LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10765 2 möglichen Versorgungsengpässen und Dunkelflauten würde daher durch entsprechende Ausgleichsmaßnahmen im europäischen Stromverbund und nicht ausschließlich im deutschen bzw. nordrhein-westfälischen Kraftwerkspark begegnet. Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) weist den Energieversorgungsunternehmen die Verpflichtung einer möglichst sicheren leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität zu. Für den sicheren Netzbetrieb sind dabei die Netzbetreiber zuständig, die diesbezüglich von der Bundesnetzagentur überwacht werden. Zur Bewältigung von möglichen Versorgungsengpässen sind im Energiewirtschaftsgesetz überdies unterschiedliche Instrumente verankert, die den Netzbetreibern zur Verfügung stehen, um eine sichere Stromversorgung zu gewährleisten. Unter anderem dient der Einsatz der sogenannten Regelenergie zum Ausgleich kurzfristiger Schwankungen, der Bildung von Reserven wie der Netzreserve und der Kapazitätsreserve (ab 01.10.2020) oder der Sicherheitsbereitschaft zum Ausgleich längerfristiger Engpässe.“2 Der Fragesteller hat in seiner Frage explizit ausgeschlossen, dass ein Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage durch andere Kraftwerke – wo auch immer sie stehen mögen – erfolgt. Genau diese Lösung des angefragten Problems unterstellt die Landesregierung in ihrer Antwort. Der Fragesteller erkundigte sich auch explizit über eine Mengenangabe in Tagen. Die Antwort der Landesregierung geht deshalb fehl und ist unvollständig. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 4141 mit Schreiben vom 28. August 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet. 1. Wie viele Tage könnte der Gesamtstrombedarf des Landes NRW aller Sektoren – also Verkehr, Haushalte, Industrie sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen – für den Fall eines normalen Regelverbrauchs rechnerisch allein mit Speicherkraftwerken aufrechterhalten werden, sofern diese voll aufgeladen wären und alle anderen Kraftwerke zu diesem Zeitpunkt nicht in die Netze einspeisen könnten (z. B. weil keine Gas- und Kohlekraftwerke vorhanden sind, eine Dunkelflaute herrscht und weil Importe innerhalb des europäischen Verbundnetzes aufgrund der Auslastung von Kuppelkapazitäten o.ä. nicht möglich sind)? 2. Wie viele Tage könnte der Strombedarf des Landes NRW rechnerisch allein durch Speicherkraftwerke aufrechterhalten werden, wenn das Land NRW alle ihm zur Verfügung stehenden möglichen Maßnahmen zur Reduzierung und zur Priorisierung des Stromverbrauchs nutzen würde und (wie bei Frage 1) keine anderen Kraftwerke sowie kein Import aus dem europäischen Verbundnetz zur Verfügung stehen? Aufgrund des inhaltlichen Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet. 2 Vgl. ebenda. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10765 3 Die in das elektrische Energieversorgungssystem eingebundenen Speicher werden nicht verwendet, um Dunkelflauten und Nichtverfügbarkeiten von Kraftwerken zu kompensieren. Vielmehr werden sie verwendet, um Lastspitzen auszugleichen bzw. Regelenergie bereitzustellen. Batteriespeicher in Verteilnetzen werden überwiegend zur Optimierung der Eigenbedarfe eingesetzt. Mit Blick auf die Versorgungssicherheit im elektrischen Energieversorgungssystem bleibt weiterhin anzumerken, dass die elektrischen Netze in Europa und damit alle darin befindlichen Verbraucher, Speicher und Erzeuger grenzübergreifend zu einem Verbundnetz zusammengeschaltet sind. Versorgungssicherheit, also der jederzeitige Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage nach Strom, findet in diesem Verbundsystem, sowohl zwischen den deutschen Bundesländern als auch grenzüberschreitend im Austausch mit anderen europäischen Ländern, statt. Auch möglichen Versorgungsengpässen (z. B. Dunkelflauten) würde damit durch entsprechende Ausgleichsmaßnahmen im europäischen Stromverbund und nicht ausschließlich im deutschen bzw. nordrhein-westfälischen Kraftwerkspark begegnet. Des Weiteren stehen dem Land Nordrhein-Westfalen keine Maßnahmen zur Reduzierung und zur Priorisierung des Stromverbrauchs zur Verfügung. Rechtliche Grundlagen diesbezüglich sind auf der Bundesebene insbesondere im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und beispielsweise in der Verordnung zu abschaltbaren Lasten (AbLaV) verankert. 3. Welche Energiemenge in TWh können alle in NRW verfügbaren Erdgasspeicher maximal speichern? Nordrhein-Westfalen verfügt über zehn Erdgasspeicher mit einer Kapazität von insgesamt rd. 39 TWh. 4. Wie hoch ist die notwendige Erdgasspeichermenge (in TWh) in NRW, um in einem kalten Winter einen Lieferstopp von Gas (z. B. weil Russland kein Gas mehr liefert) für einen Zeitraum von vier Wochen zu überbrücken, damit Gas für Heiz- und Prozesswärme sowie für Gaskraftwerke weiterhin in der normal benötigten Menge zur Verfügung steht? Die Versorgungssicherheit mit Erdgas wird in Deutschland überregional mittels der Ferngasunternehmen und regional über die Verteilnetzebene bundesweit sichergestellt. Eine auf Bundesländer bezogene Abgrenzung erfolgt dabei nicht. 5. Wie hoch war der Füllstand der Erdgasspeichermenge (in TWh) in NRW jeweils zum 31. März der Jahre 2017 bis 2020? Die Erdgasspeicherfüllstände in Nordrhein-Westfalen betrugen zum 31. März der Jahre 2017 bis 2020 jeweils: • 2017: 19 TWh • 2018: 8 TWh • 2019: 26 TWh • 2020: 29 TWh