LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10823 04.09.2020 Datum des Originals: 04.09.2020/Ausgegeben: 10.09.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4203 vom 6. August 2020 des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/10476 Wie wird in den nordrhein-westfälischen Kommunen bei der Identifizierung tot aufgefundener Haustiere bzw. Fundtiere verfahren? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Jedes Jahre werden tausende Haustiere in diversen Onlineportalen von ihren Besitzerinnen und Besitzern vermisst gemeldet. Es ist gut nachvollziehbar, dass insbesondere für Haustierbesitzerinnen und Haustierbesitzer die Ungewissheit über das Schicksal eines verschwundenen Haustieres sehr belastend sein kann. Viele bleiben im Ungewissen, denn auch wenn viele Haustiere später tot aufgefunden werden, erfahren ihre Besitzerinnen und Besitzer dies nicht automatisch – auch dann nicht, wenn das Tier mittels Mikrochip elektronisch gekennzeichnet ist und ein Totfund durch offizielle Stellen erfolgt. Aktuell besteht für die Kommunen keine Pflicht, Mikrochips bei tot aufgefundenen Haustieren auszulesen. Immer mehr Tierbesitzerinnen und Tierbesitzer lassen ihre Haustiere freiwillig mit einem Mikrochip kennzeichnen und in einem Haustierregister registrieren, auch wenn aktuell nur bei großen und gefährlichen Hunden eine NRW-weite Pflicht zur elektronischen Kennzeichnung mittels Mikrochip im Inland besteht. Außerdem besteht in einigen Städten eine Pflicht zur elektronischen Kennzeichnung von Freigängerkatzen. Daher ist ein Identifizierungsversuch mittels Auslesen des Mikrochips bei einem tot aufgefundenen Tier durchaus sinnvoll. Nach WDR-Recherchen gehen NRW-Kommunen bei der Identifizierung von tot aufgefundenen Haustieren sehr unterschiedlich vor.1 Das betrifft sowohl die Organisationsstruktur als auch die Verfahrensweise beim Auslesen von Mikrochips. Je nach Kommune sind unterschiedliche Akteure mit dem „Einsammeln“, gegebenenfalls Auslesen der Mikrochips bis hin zum Verbringen der toten Fundtiere in Tierkörperbeseitigungsanstalten betraut. Oftmals entfernen Straßenmeistereien überfahrene Tiere von der Fahrbahn. In Solingen beispielsweise ist ein Taxiunternehmen beauftragt, die Kadaver zu einem Wertstoffhof zu transportieren.2 In Velbert liest die Feuerwehr Mikrochips aus und gibt die Nummer an einen Verein für Haustierregister weiter, der wiederum die Tierhalterin bzw. den Tierhalter informiert.3 Das Bergische Veterinäramt, zuständig für die Tierkörperbeseitigung in 1 Westdeutscher Rundfunk (19.12.2019): Tote Fundtiere: Städte informieren Tierhalter nicht. Im Internet: https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/haustierkadaver-mit-chip-halter-oft-nicht-informiert- 100.html (Stand: 06.08.2020). 2 Ebd. 3 Ebd. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10823 2 Solingen, Wuppertal und Remscheid, liest die Mikrochips auf Anfrage der Halterinnen und Halter kostenfrei aus.4 Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4203 mit Schreiben vom 4. September 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister für Verkehr beantwortet. 1. Wie viele Haustiere wurden in den letzten fünf Jahren in NRW tot aufgefunden? (Antwort bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten, nach Jahr und Tierart) 2. In wie vielen der unter 1 genannten Fälle konnten Halterinnen und Halter über das Schicksal ihres Haustiers informiert werden? (Antwort bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten und nach Jahr) Die Frage 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Eine Verpflichtung zur Erfassung tot aufgefundener Haustiere besteht weder für die Kreise und kreisfreien Städte noch für den Landesbetrieb Straßenbau. 3. Welche Akteure sind in den Kreisen und kreisfreien Städten mit dem Handling von toten Fundtieren - vom „Einsammeln“ bis zur Tierkörperbeseitigung - betraut? (Antwort bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten und benennen, ob diese Mikrochips routinemäßig auslesen) In Nordrhein-Westfalen obliegt es nach § 29 Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz und zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz den Kreisen und kreisfreien Städten sowie den Zweckverbänden beseitigungspflichtiger Körperschaften zur gemeinsamen Erfüllung der Beseitigungspflicht Tierkörper zu beseitigen. Im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie sind diese frei in der Gestaltung ihrer internen Organisation und weisen die Aufgabe nach eigenem Ermessen intern zu. Werden tote Tiere im öffentlichen Raum gefunden, besteht für einen Finder die Möglichkeit, die Behörde zu verständigen, damit von dort aus dann die Beseitigung veranlasst wird. Ein routinemäßiges Auslesen der Mikrochips findet nicht statt. Siehe auch Antwort auf Frage 4 und 5. 4. Wie positioniert sich die Landesregierung zu einer möglichen Ausstattung aller Straßenmeistereien in NRW mit Mikrochip-Lesegeräten, um den Verbleib von Haustieren mithilfe von Haustierregistern dokumentieren zu können? Die Straßenmeistereien des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen haben hier lediglich eine Meldepflicht. Darüber hinaus sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Straßenmeistereien gehalten, den Kontakt mit toten Tieren möglichst zu vermeiden, um Seuchen- und Ansteckungsgefahren zu reduzieren. 4 Ebd. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10823 3 Es kommt hinzu, dass getötete Heimtiere auf den Bundesfern- und Landesstraßen im Zuständigkeitsbereich des Landesbetriebs Straßenbau ohnehin nur einen kleinen Anteil ausmachen und eher im Bereich der kommunalen Straßen vorzufinden sind. Somit ist eine Ausstattung der Straßenmeistereien mit Mikrochip-Lesegeräten nicht zielführend. 5. Wie positioniert sich die Landesregierung zu einer möglichen flächendeckenden Pflicht für Kommunen, Mikrochips bei tot aufgefundenen Fundtieren auszulesen, damit diese Informationen in einem Haustierregister erfasst werden können? Die Regelungskompetenz für eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Hunde und Katzen liegt bei der Bundesregierung. Die 12. Verbraucherschutzkonferenz hatte am 22. April 2016 unter TOP 10 die Bundesregierung gebeten, von der Ermächtigungsgrundlage des §2a Absatz 1b Tierschutzgesetz Gebrauch zu machen und durch Rechtsverordnung eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Hunde und Katzen vorzuschreiben. Solange dies noch nicht erfolgt ist, haben Halterinnen und Halter die Möglichkeit, ihr Heimtier auf freiwilliger Basis zu kennzeichnen und in einem der marktverfügbaren Heimtierregister registrieren zu lassen.