LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10936 08.09.2020 Datum des Originals: 08.09.2020/Ausgegeben: 14.09.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4099 vom 20. Juli 2020 der Abgeordneten Sigrid Beer, Mehrdad Mostofizadeh und Josefine Paul BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/10218 Nachweis über einen negativen Corona-Status: Unterstützung für Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Rückwirkend zum 14. Mai 2020 ist die „Verordnung zum Anspruch auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2“ des Bundesministeriums für Gesundheit in Kraft getreten, mit der der erweiterte Anspruch auf einen Corona-Test umgesetzt wird. Hierbei geht es darum, „umfassender als bisher insbesondere Personengruppen zu testen, bei denen noch keine Symptome für das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorliegen, bei denen aber dennoch eine Infektion naheliegend erscheint oder bei denen eine hohe Gefahr besteht, dass sie oder andere Personen in ihrem Umfeld bei Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besonders gefährdet wären.“1 Anspruch haben Personen, wenn sie auf Veranlassung des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) aus den oben genannten Gründen getestet werden. Konkret sind dies Personen mit Kontakt zu einer infizierten Person, z.B. in der Familie, oder Personen, die vor der Aufnahme in die stationäre Altenpflege, Tagespflege oder anderen Gemeinschaftseinrichtungen stehen, aber auch Kinder, die nach einer Corona-Infektion einen ärztlichen Nachweis darüber brauchen, „dass die Weiterverbreitung nicht mehr zu befürchten ist“2, um in die Kindertagesstätte/-tagespflege gehen zu können. Der Test wird allerdings zumeist bei den Hausärztinnen und Hausärzten oder den Kinderärztinnen und Kinderärzten durchgeführt, ohne dass der ÖGD dies veranlasst hat. Im Gegensatz zu den Tests bei Personen mit COVID-19-Symptomen oder den Personen, die nach einer Meldung „erhöhtes Risiko“ durch die Corona-WarnApp direkt die Ärztin oder den Arzt aufsuchen, können diese Tests auf Veranlassung des öffentlichen Gesundheitsdienstes nicht nach EBM („Einheitlicher Bewertungsmaßstab“, das Vergütungssystem der 1 Corona-Test-VO, 08.06.2020: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C/Coronavirus/Corona -Test-VO_20i_SGB_V_mit_Begruendung.pdf 2 MKFFI, 26.06.2020: https://www.mkffi.nrw/sites/default/files/asset/document/20200626_offizielle_information_land_nrw_ne uregelung_wiederaufnahme_nach_krankheit.pdf LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10936 2 vertragsärztlichen Versorgung) abgerechnet werden, sondern gemäß regionaler Vereinbarungen zwischen dem öffentlichen Gesundheitsdienst und den kassenärztlichen Vereinigungen.3 Solche regionalen Rahmenvereinbarungen für die oben genannten Personengruppen oder Fallkonstellationen existieren allerdings bisher nicht. Dies führt regelmäßig zu Problemen bei der Abrechnung in den einzelnen Praxen und schafft Verunsicherung bei den Patientinnen und Patienten beziehungsweise den Eltern, die ihre Kinder testen lassen müssen, damit Kita- oder demnächst Schulbesuch wieder möglich ist. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 4099 mit Schreiben vom 8. September 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration und der Ministerin für Schule und Bildung beantwortet. 1. Wie unterstützt die Landesregierung die Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte in diesen Fällen bei der Klärung der Abrechnungsmodi zwischen den kassenärztlichen Vereinigungen und dem öffentlichen Gesundheitsdienst? Zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen, den Kassenärztlichen Vereinigungen, dem Städtetag sowie dem Landkreistag ist ein Rahmenvertrag geschlossen worden, der es den Kommunen ermöglicht, zu den dort vereinbarten Konditionen von ihnen veranlasste Testungen durch Vertragsärztinnen und Vertragsärzte durchführen zu lassen. Für diese Fälle steht, wie in der Testkostenverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG-TestkostenVO) geregelt worden ist, ein Abrechnungsformular zur Verfügung. Über die Kassenärztlichen Vereinigungen werden die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte über die jeweiligen Abrechnungsmodalitäten informiert. Sogenannte Freitestungen für die Wiederaufnahme in Kindertageseinrichtungen sind von der BMG-TestkostenVO nicht umfasst. Wird ein solcher Nachweis von den Eltern angefordert, ist dieser privat zu bezahlen. Die Empfehlung des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI) zum Umgang mit Krankheitssymptomen vom 28.07.2020 sieht das Erfordernis einer solchen Bestätigung für die Wiederaufnahme der Betreuung in Kindertageseinrichtungen im Übrigen nicht vor. 2. Für die kommende Erkältungssaison ist von einer erhöhten Notwendigkeit von Tests bei gleichzeitig höherem Patientenaufkommen in den Praxen der Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte auszugehen. Wie unterstützt die Landesregierung die Aufrechterhaltung dieser Strukturen bei gleichzeitiger Umsetzung des Anspruchs auf Corona-Testung? Zwischen dem MAGS, dem MKFFI, den Kassenärztlichen Vereinigungen sowie Vertretern der Kinderärztinnen und Kinderärzte haben zu der Problematik eines zu erwartenden erhöhten Aufkommens von Patientinnen und Patienten mit (leichten) Erkältungssymptomen bereits Gespräche stattgefunden. Die Empfehlung des MKFFI ist auf Grundlage dieser Gespräche fortentwickelt worden und sensibilisiert alle Beteiligten – insbesondere Eltern und Beschäftigte der Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegepersonen – für einen verantwortungsvollen 3 KVWL, 14.07.2020: https://www.kvwl.de/arzt/kv_dienste/info/berichte/dok/2020_01_28.htm LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10936 3 Umgang mit dieser Thematik. Ein erhöhtes Testaufkommen in allen testenden Arztpraxen ist bereits durch die derzeit laufende Testung von Reiserückkehrern sowie von Lehrern und in der Kindertagesbetreuung Tätigen gegeben. Es wird davon ausgegangen, dass die Erfahrungen im Umgang mit der pandemischen Lage aus den vergangenen Monaten dazu genutzt werden konnten, Praxisabläufe – wo notwendig – zu optimieren, um zukünftig neben erforderlichen Testungen auch die Regelversorgung aufrecht erhalten zu können. 3. Für den eingeschränkten Regelbetrieb gilt, laut Handreichung des MKFFI, dass Kinder generell nicht betreut werden dürfen, „wenn sie Krankheitssymptome aufweisen. Die Art und Ausprägung der Krankheitssymptome sind dabei unerheblich.“ In der Erkältungssaison weisen viele (kleinere) Kinder jedoch nahezu dauerhaft leichte Symptome auf. Inwieweit arbeitet die Landesregierung mit wissenschaftlicher Unterstützung an einer Teststrategie für Kindertagesstätten und Schulen, die Kriterien enthält, um Kindern mit leichten Erkältungen die Betreuung oder Beschulung zu ermöglichen und auf der anderen Seite klarzustellen, welche Kinder mit Verdacht auf COVID-19 nicht betreut werden dürfen? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Ergänzend ist festzuhalten, dass eine gesonderte Teststrategie für betreute Kinder in der Kindertagesbetreuung nach derzeitiger Einschätzung nicht geboten ist. Anlassbezogene Testungen finden durch die jeweils zuständige Behörde bei Erforderlichkeit statt. Vom 03.08.2020 bis zu den Herbstferien können sich überdies die in der Kindertagesbetreuung Tätigen auf Kosten des Landes alle 14 Tage auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 testen lassen. Die Ergebnisse der Testungen wertet das Landeszentrum Gesundheit (LZG.NRW) aus. Damit werden im Rahmen der Aufnahme des Regelbetriebs die Beschäftigten in der Kindertagesbetreuung und die Kindertagespflegepersonen besonders aufmerksam beobachtet, um bei erhöhtem Infektionsgeschehen zeitnah und angemessen reagieren zu können. 4. Welche Rolle spielen die Gesundheitsämter für die Landesregierung in solchen Teststrategien? Die Gesundheitsämter überwachen das lokale Infektionsgeschehen und ergreifen Maßnahmen nach Bedarf. 5. Was ist zur Unterstützung von Eltern und pflegenden Angehörigen geplant, die ihrer Erwerbsarbeit nicht nachkommen können, weil ihre Kinder oder pflegebedürftigen Angehörigen mit Symptomen wie Schnupfen etc. nicht institutionell betreut werden dürfen? Bei Erkrankung eines jeden Kindes kann sich ein berufstätiges Elternteil nach den bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Kinderkrankengeld (§ 45 SGB V), bis zu zehn Tage – alleinstehende Mütter und Väter jeweils bis zu 20 Tage – unentgeltlich von der Arbeit befreien lassen und in dieser Zeit von der gesetzlichen Krankenversicherung eine Lohnersatzleistung erhalten. Diese Regelung, nach der berufstätige Eltern bei mehreren Kindern maximal 25 Krankentage – alleinerziehende Mütter und Väter bis zu 50 Tage – in Anspruch nehmen können, reicht während der Pandemie jedoch nicht aus. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10936 4 Von daher begrüßt die Landesregierung den Beschluss des Koalitionsausschusses vom 25. August 2020. Die auf dieser Basis gefertigte Formulierungshilfe für den Entwurf eines Gesetzes für ein Zukunftsprogramm Krankenhäuser (Krankenhauszukunftsgesetz – KHZG) sieht für das Kalenderjahr 2020 eine Verlängerung des Anspruchs auf Kinderkrankengeld für jedes Kind auf längstens 15 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte auf längstens 30 Arbeitstage vor. Der Anspruch soll nach der erweiterten Regelung zukünftig für Versicherte bei mehreren Kindern für nicht mehr als 35 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 70 Arbeitstage bestehen. Das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) sieht generell vor, dass Beschäftigte das Recht haben, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Für diese Zeit besteht nach § 44a Absatz 3 SGB XI ein Anspruch auf einen Ausgleich für entgangenes Arbeitsentgelt (Pflegeunterstützungsgeld). Aus Anlass der Covid-19-Pandemie gilt – befristet bis zum 30. Dezember.2020 – die Sonderregelung, bis zu 20 Tage der Arbeit fernzubleiben, wenn die akute Pflegesituation auf Grund der Pandemie aufgetreten ist. Mit dem vorgenannten Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) soll (Stand: 27. August 2020) auch diesbezüglich eine weitere Änderung des Pflegezeitgesetzes erfolgen. Der Koalitionsausschuss hat festgelegt, dass die Möglichkeit der Inanspruchnahme bis zum 31. Dezember 2020 verlängert werden soll.