LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1103 06.11.2017 Datum des Originals: 06.11.2017/Ausgegeben: 09.11.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 375 vom 4. Oktober 2017 der Abgeordneten Wolfgang Jörg, Jochen Ott und Ibrahim Yetim SPD Drucksache 17/831 Integration durch Exklusion? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 27. September 2017 hat in Hagen eine Schule für Flüchtlingskinder eröffnet. In einem ehemaligen Schulgebäude, welches zuletzt als Flüchtlingsunterkunft genutzt wurde, werden nach Berichten des WDR bis zu 100 Kinder unterrichtet. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 375 mit Schreiben vom 6. November 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration beantwortet. 1. Im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Landesregierung wird die Möglichkeit der Bildung externer Klassen eingeräumt. Wie bewertet die Landesregierung die Einrichtung einer externen Schule für Flüchtlingskinder? Gemäß § 2 Abs. 10 S. 3 SchulG NRW sollen Schülerinnen und Schüler, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, gemeinsam mit allen anderen Schülerinnen und Schülern unterrichtet und zu den gleichen Abschlüssen geführt werden. Im Sinne einer schnellen und gelingenden Integration sollen sie nicht segregiert beschult werden. Lediglich in bestimmten Einzelfällen ist im Hinblick auf eine zügige Beschulungsmöglichkeit eine vorübergehende Einrichtung von externen Standorten, an denen ausschließlich neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden, hinnehmbar. Dieses Vorgehen ist allerdings an strenge Voraussetzungen geknüpft: Fehlen einer Kommune aufgrund von überproportionalen und nicht zu planenden Zuzügen die erforderlichen Raumkapazitäten, um neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1103 2 ausreichend Schulplätze zur Verfügung zu stellen, und ist seitens des Schulträgers nachgewiesen, dass diese Kapazitäten nicht anderweitig geschaffen werden können, dürfen auch andere Standorte vorübergehend für eine separate Beschulung genutzt werden. Erforderlich ist jedoch, dass die Standorte als Teilstandorte einer bestehenden Schule eingerichtet werden, sie also organisatorisch an dieser Schule angebunden sind. Zur Umsetzung ist die Erstellung eines gemeinsamen pädagogischen Konzepts entlang der jeweiligen Schulform unerlässlich. In diesem Konzept ist insbesondere die Darlegung erforderlich, wie eine Integration der neu zugewanderten Schülerinnen und Schüler gelingen kann. Sobald absehbar ist, dass die o.g. Zuzüge zurückgehen, muss es durch den Schulträger organisatorisch geregelt sein, dass entweder der separat genutzte Standort wieder geschlossen wird oder, sofern die durch ihn geschaffenen Kapazitäten auch weiterhin benötigt werden, er ein Teilstandort der Schule bleibt, an dem dauerhaft ein gemeinsamer Unterricht aller Schülerinnen und Schüler stattfindet. 2. Wie wird „übergangsweise“ im Kontext der Einrichtung externer Klassen definiert? Bitte Angabe in Monaten. Vorrangiges Ziel im Falle eines Besuchs von externen Klassen ist die möglichst frühe und möglichst erfolgreiche Integration der neu zugewanderten Schülerinnen und Schüler in die Regelklassen der allgemeinbildenden Schulen. Dieser Übergang findet statt, sobald die Schülerinnen und Schüler über hinreichende Deutschkenntnisse verfügen, um dem Unterricht der Regelklasse umfänglich folgen zu können. Die Entscheidung hierüber ist stets eine Einzelfallentscheidung, die sich am individuellen Lernstand und Lernfortschritt orientiert. Infolgedessen können keine konkreten Zeitangaben gemacht werden. Allerdings ist unter Berücksichtigung einer schnellen Integration der Übergang in die Regelklasse nach spätestens zwei Jahren anzustreben. 3. Besteht in der Landesregierung die Auffassung, dass die Integration von Flüchtlingskindern besser gelingt, wenn sie separat unterrichtet werden? Nein. Grundsätzlich ist Integration zu einem möglichst frühen Zeitpunkt anzustreben. Jedoch muss es – orientiert an den heterogenen Strukturen vor Ort zur schnellstmöglichen Erfüllung der Schulpflicht – übergangsweise auch andere Möglichkeiten geben. Siehe auch Antworten auf Fragen 1 und 2. 4. Nach welchen Kriterien werden Flüchtlingskinder in einer externen Schule aufgenommen und welche sind für die Aufnahme in einer Regelschule notwendig? Neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler werden grundsätzlich den allgemein- u. berufsbildenden Schulen zugewiesen. Die Zuweisung zu externen Teilstandorten erfolgt ausschließlich aus Kapazitätsgründen in Verbindung mit der Sicherung der Erfüllung der Schulpflicht. Sie hat insbesondere nichts mit Herkunft, Lernstand, Aufenthaltsstatus o.ä. zu tun (siehe Antwort auf Frage 1). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1103 3 5. Plant die Landesregierung weitere Schulen, die ausschließlich für neuzugewanderten Schülerinnen und Schüler bestimmt sind? Bitte ggf. die Städte nennen. Diese Planung erfolgt nicht durch die Landesregierung. Nach Maßgabe der Schulentwicklungsplanung entscheidet der Schulträger über die Einrichtung, die Änderung und die Auflösung einer Schule durch Beschluss. Dieser Beschluss bedarf der Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde (vgl. § 81 Abs. 2 u. 3 SchulG NRW). Neben Hagen sind auch andere Städte in Nordrhein-Westfalen gezwungen, ausgelagerte Schulräume für neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler einzurichten. Dem Ministerium für Schule und Bildung sind folgende Städte bekannt, in denen entsprechende Planungen bzw. Umsetzungen stattfinden: Mülheim an der Ruhr, Essen, Duisburg, Solingen und Gelsenkirchen. Die Prozesse werden durch die Schulaufsicht intensiv begleitet.