LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11150 29.09.2020 Datum des Originals: 29.09.2020/Ausgegeben: 05.10.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4287 vom 4. September 2020 der Abgeordneten Eva-Maria Voigt-Küppers und Jochen Ott SPD Drucksache 17/10831 Haben grafikfähige Taschenrechner eine Zukunft an den Schulen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In einer Schulmail informierte die Landesregierung die nordrhein-westfälischen Schulen am 5. August 2020 über geplante Änderungen beim Einsatz grafikfähiger Taschenrechner.1 Absprachen in der Kultusministerkonferenz machten nun „absehbar, dass zukünftig keine Poolaufgaben entwickelt werden, die einen graphikfähigen Taschenrechner (GTR) als Hilfsmittel voraussetzen.“ Weiter heißt es: „Schulen mit gymnasialer Oberstufe, die bereits in der Sekundarstufe I auf freiwilliger Basis einen GTR anstelle eines wissenschaftlichen Taschenrechners einführen, sollten vor dem Hintergrund der sich verändernden Rahmenbedingungen ihre Planungen für den Werkzeugeinsatz in der Sekundarstufe I beginnend mit der Jahrgangsstufe 7 im kommenden Schuljahr 2020/21 überdenken.“ Gleichzeitig widerspricht eine FAQ-Seite auf dem Bildungsportal des Landes der Schulmail und spricht von „Planungssicherheit“ bezüglich des langfristigen Einsatzes grafikfähiger Taschenrechner und impliziert, dass keine Änderungen geplant seien.2 Die Schulmail wiederum führt aus, dass eine Entscheidung, „welche digitalen Mathematikwerkzeuge neben Computer-Algebra-Systemen (CAS) in Nordrhein-Westfalen zukünftig in der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Mathematik zugelassen werden, [wird] zu einem späteren Zeitpunkt auf Grundlage eines aktualisierten Kernlehrplans für die gymnasiale Oberstufe erfolgen“ werde. Ärgerlich ist, dass die Information die Schulen in der ersten Schuljahreswoche erreicht. Zahlreiche Schulen haben schon in den Sommerferien entsprechende Sammelbestellungen getätigt, um die Geräte im neuen Schuljahr einzuführen. Die jetzigen siebten Klassen, für die zahlreiche Schulen die Geräte angeschafft haben, bräuchten diese aber im Abitur nicht mehr. Für die Schulen ist eine verbindliche Aussage wichtig, ob die grafikfähigen Taschenrechner in Zukunft noch zum Einsatz kommen sollen oder nicht. 1 https://www.schulministerium.nrw.de/ministerium/schulverwaltung/schulmail-archiv/archiv- 2020/05082020-hinweis-zum-einsatz-von-gtr-der 2 https://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/cms/gtr/faq-gtr/ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11150 2 Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 4287 mit Schreiben vom 29. September 2020 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Auf Grundlage des derzeit noch gültigen Erlasses vom 27.06.2012 ist die Nutzung von grafikfähigen Taschenrechnern (GTR) erst mit Eintritt in die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe verpflichtend. In der Sekundarstufe I ist der Einsatz auf freiwilliger Basis möglich. Mit Schulmail vom 05.08.2020 erhielten die Schulen den Hinweis, den Werkzeugeinsatz im Mathematikunterricht beginnend mit den siebten Klassen zu überdenken, wenn hier die Einführung von GTR auf freiwilliger Basis in der Sekundarstufe I vorgesehen ist. Damit wurde bereits vier Jahre bevor die betroffenen Schülerinnen und Schüler der Klasse 7 in die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe eintreten, eine aufgrund eines Beschlusses der Kultusministerkonferenz (KMK) absehbare Änderung zum Werkzeugeinsatz in der schriftlichen Abiturprüfung angekündigt. Im Nachgang zu dieser Schulmail haben sich nur sehr wenige Schulen an die Fachaufsicht Mathematik bei den Bezirksregierungen bzw. an das Ministerium für Schule und Bildung gewendet, dass für die von der Umstellung betroffenen Klassen bereits GTR auf freiwilliger Basis in der Sekundarstufe I angeschafft worden sind. 1. Wann erhalten die Schulen eine verbindliche Aussage darüber, ob in Zukunft noch grafikfähige Taschenrechner im Abitur zum Einsatz kommen sollen? 2. Bis zu welchem Zeitpunkt sollen die Kernlehrpläne dahingehend aktualisiert sein, dass klar ist, welche digitalen Werkzeuge alternativ zum Einsatz kommen sollen? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet. Für die Änderung des Werkzeugeinsatzes im Mathematikunterricht in der gymnasialen Oberstufe ist eine Novellierung des Kernlehrplans notwendig, da die aktuell gültige Fassung aus dem Jahr 2014 den Einsatz von GTR verbindlich vorschreibt. Die Inkraftsetzung eines aktualisierten Kernlehrplans, der weitere Entwicklungen des ländergemeinsamen Aufgabenpools berücksichtigt und die erweiterten schulischen Möglichkeiten zum Einsatz zeitgemäßer Mathematikwerkzeuge im Kontext der voranschreitenden Digitalisierung aufgreifen wird, ist zum 01.08.2023 geplant. Eine verbindliche Aussage, welche digitalen Mathematikwerkzeuge neben Computer-Algebra-Systemen in der Abiturprüfung ab 2026 zugelassen sein werden, wird rechtzeitig vor der geplanten Inkraftsetzung erfolgen. 3. Ist es denkbar, ein geplantes Ende des Einsatzes der grafikfähigen Taschenrechner um ein Jahr zu verschieben, damit die Schulen keine Fehlinvestition geleistet haben? Eine noch längere Übergangszeit würde den Vereinbarungen der Länder im Rahmen der KMK zur Nutzung des ländergemeinsamen Abituraufgabenpools im Fach Mathematik zuwiderlaufen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11150 3 Die von der Umstellung betroffenen Jahrgänge in der Sekundarstufe I können bereits eingeführte GTR weiterhin mit der vollen Funktionalität bis zum Ende der Sekundarstufe I nutzen. Das Ministerium für Schule und Bildung wird sich darum bemühen, für die wenigen betroffenen Schulen perspektivisch eine anschlussfähige Einzelfalllösung für den Einsatz digitaler Mathematikwerkzeuge in der gymnasialen Oberstufe zu finden. Hierzu steht das Schulministerium mit der für die Schulen zuständigen Fachaufsicht in Kontakt, um vor dem Hintergrund der konkreten Gegebenheiten vor Ort eine individuelle Beratung zum Werkzeugeinsatz sicherzustellen. 4. Ist geplant die anzuschaffenden digitalen Endgeräte für die SuS mit einer entsprechenden Software auszustatten, um die Funktionen der Taschenrechner zu ersetzen? Mit Ergänzungserlass zum GTR vom 10.04.2014 wurde festgelegt, unter welchen Bedingungen Schulen Computer-Algebra-Systeme (CAS) auf Tablets, Laptops und Computern anstelle von Taschenrechnern nutzen können. Dieser Erlass soll im Kontext der voranschreitenden Digitalisierung an Schulen weiterentwickelt werden und weitere fachliche sowie technische Entwicklungen berücksichtigen, zum Beispiel die Nutzung von digitalen Endgeräten im Kontext einer schulischen IT-Infrastruktur, die eine Möglichkeit zur prüfungssicheren Verwaltung der Geräte vorsieht. 5. Plant die Landesregierung auch Änderungen bezüglich des Einsatzes nichtgrafikfähiger Taschenrechner? Bezüglich des Einsatzes nicht-grafikfähiger Taschenrechner in der Sekundarstufe I sind aktuell keine Änderungen geplant. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen.