LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11186 29.09.2020 Datum des Originals: 29.09.2020/Ausgegeben: 05.10.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4257 vom 26. August 2020 des Abgeordneten Stefan Kämmerling SPD Drucksache 17/10769 Dorferneuerungsprogramm 2020 und Denkmalförderprogramm 2020 – warum die Geheimniskrämerei? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4102 gibt an, wegen der folgenden Begründung keine Auskunft über die privaten Förderempfänger geben zu können. „Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Zuständigkeit für das Förderprogramm „Dorferneuerung“ im Rahmen des GAK-Rahmenplans. Am 25. Mai 2018 ist die Datenschutzgrundverordnung in Kraft getreten, die besondere Anforderungen an den Schutz personenbezogener Daten stellt. Die Antragstellenden sind in den angefügten Tabellen zum Schutz ihrer personenbezogenen Daten daher nicht mit Namen genannt. Personenbezogene Daten sind nach Artikel 4 Ziffer 1 EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Dazu gehören der Name und die Adresse natürlicher Personen. Die Identifizierbarkeit kann sich aber auch aus Merkmalen ableiten, die zum Beispiel Ausdruck der kulturellen oder sozialen Identität dieser Person sind, zum Beispiel aus einer Vereinsmitgliedschaft.“ Der Antragsteller bittet die Landesregierung aus diesem Grund um die Auskunft über die privaten Förderempfänger in Form einer Vertraulichen Vorlage zu erteilen. Ein ähnliches Dokument hatte die Landesregierung dem Antragssteller bereits auf die Kleine Anfrage 3592 (DS 17/9183) mit ihrer Antwort (DS 17/9676) zur Verfügung gestellt. Vor diesem Hintergrund stellt der Antragssteller die Kleine Anfrage mit dem Titel „Dorferneuerungsprogramm 2020 und Denkmalförderprogramm 2020 – warum die Geheimniskrämerei?“ noch einmal: Bereits seit einigen Jahren gibt es jährlich wiederkehrend die Förderungsmöglichkeiten des „Dorferneuerungsprogramms“ und des „Denkmalförderprogramms“. Zum Dorferneuerungsprogramm heißt es: „Grundlegendes Ziel des Förderprogramms ist es, Orte und Ortsteile von bis zu 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern in ländlichen Räumen im LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11186 2 Rahmen der vorläufigen Gebietskulisse Ländlicher Raum 2014-2020 in ihren dörflichen bzw. ortsteilspezifischen Siedlungsstrukturen als Lebens-, Arbeits-, Erholungs-, Kultur- und Naturräume für die Menschen zu sichern und zu entwickeln.“ Dieses Förderprogramm richtet sich an private Denkmaleigentümer, Vereine, Bürgerinitiativen, Stiftungen, Kirchen und Kommunen zum Erhalt und zur Pflege historischer Gebäude, Plätze und ortsbildprägender Dinge. Daneben gibt es das „Denkmalförderprogramm“. Hierzu heißt es: „Mit der Denkmalförderung sichert die Landesregierung das kulturelle Erbe, denn Baudenkmäler sind Teil des Gedächtnisses unseres Landes. Nordrhein-Westfalen verfügt über rund 82.000 Baudenkmäler und rund 6.100 Bodendenkmäler. Der Schwerpunkt der finanziellen Unterstützung liegt auf Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen. Die Fördermittel für die Denkmalpflege ermöglichen es, gerade das große Engagement von Privaten in unserem baukulturellen Erbe zu unterstützen. Zugleich ist die Förderung auch als Dank und Anerkennung für den vielfältigen ehrenamtlichen Einsatz im Denkmalschutz zu werten. Mit dem „Dorferneuerungsprogrammes 2020“ können insgesamt 270 Maßnahmen in 133 Städten und Gemeinden gefördert werden, wofür rund 24,8 Millionen Euro aufgewendet werden. Das „Denkmalförderprogramm 2020“ umfasst rund 21 Millionen Euro für die Denkmalpflege. Somit werden über beide Förderprogramme insgesamt rund 45,8 Mio. Euro Steuermittel verteilt, die teilweise auch privaten Eigentümern und privaten Projekten zufließen. Vor dem Hintergrund eines verantwortungsvollen Umgangs mit Steuermitteln und einem Transparenzinteresse von Bürgerinnen und Bürgern ist von elementarer Bedeutung, welche Projekte von welchen Eigentümern mit wie vielen Steuermitteln gefördert werden. Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 4257 mit Schreiben vom 29. September 2020 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Jedem Mitglied des Landtags Nordrhein-Westfalen steht aus Artikel 30 Absätze 2 und 3 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen ein Frage- und Informationsrecht gegen die Landesregierung zu, mit dem grundsätzlich eine Pflicht der Landesregierung zur vollständigen und zutreffenden Beantwortung korrespondiert. Es soll den Abgeordneten die für ihre Tätigkeit erforderlichen Informationen verschaffen und ist auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Reichweite des Informationsanspruchs korreliert daher mit dem Inhalt der wahrzunehmenden Parlamentsaufgaben. Grenzen dieses Rechtes ergeben sich aus der Verfassung selbst, u.a. aus den zu beachtenden Grundrechten privater Dritter, z.B. dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten. Die Landesregierung hat beide verfassungsmäßigen Schutzgüter gegeneinander abzuwägen. Gerade bei den Fördernehmern und Fördernehmerinnen des Denkmalförderprogramms und des Programms der Dorferneuerung handelt es sich zu einem wesentlichen Teil um Privatpersonen. Bei einer Veröffentlichung oder Weiterverbreitung deren personenbezogener Daten ist immer abzuwägen, ob hierzu eine Notwendigkeit besteht. So ist auch zu prüfen, in welchem Umfang eine Verbreitung personengebundener und personalisierbarer Daten zur Erfüllung des unwidersprochenen Informationsrechts des Parlaments notwendig ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11186 3 1. 6.004.000 Euro aus dem Dorferneuerungsprogramm 2020 fließen an private Förderempfänger1. Welche Projekte privater Förderempfänger werden über das Dorferneuerungsprogramm 2020 unterstützt? (jeweils nach Kommune, Fördermaßnahme, Fördersumme und Förderempfänger in Klarnamen aufgeschlüsselt angeben). 2. 12.800.000 Euro für private und kirchliche denkmalpflegerische Maßnahmen (Baudenkmalpflege) sowie weitere 2.300.000 Euro für die Restaurierung an Kirchenbauten von besonderer Bedeutung werden aus dem „Denkmalförderprogramm 2020“ an private oder kirchliche Förderempfänger ausgezahlt.2 Welche Projekte privater oder kirchlicher Förderempfänger werden über das Denkmalförderprogramm 2020 unterstützt? (jeweils nach Kommune, Fördermaßnahme, Fördersumme und Förderempfänger in Klarnamen aufgeschlüsselt angeben). 3. Die Landesregierung beruft sich in ihrer Argumentation regelmäßig auf die besondere und historische Bedeutung der aus beiden hier genannten Förderprogrammen geförderten Projekte und den für Bürgerinnen und Bürger besonders hohen immateriellen Wert selbiger. Warum macht die Landesregierung vor diesem Hintergrund regelmäßig ein wahres Geheimnis um solche – für die Allgemeinheit besonders wichtigen – geförderten Projekte? 4. Warum nennt die Landesregierung nicht ganz aktiv auch private oder kirchliche Förderempfänger mit jeweils geförderten Projekten, die allesamt – um in den Genuss der Förderung zu kommen – von herausragendem ortsbildprägendem Charakter sein müssen? Zu den Fragen 1 bis 4 wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4102 (Drs. 17/10718) verwiesen. Die in der Anlage zur Antwort bereitgestellten Tabellen enthalten u. a. Angaben zum Investitionsort, Projektbeschreibungen, die Förderhöhe sowie Angaben zum Zuwendungsempfänger, soweit dieser keine natürliche Person ist. Dem Parlament liegen somit umfangreiche Informationen zur Verwendung der vom Haushaltsgesetzgeber veranschlagten Mittel zu den jeweiligen Programmen vor. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen: Veröffentlichungspraxis Denkmalförderung Die im Rahmen des Denkmalförderprogramms geförderten Objekte wurden bis einschließlich 2013 veröffentlicht, jeweils ohne Nennung der geförderten Privatpersonen und Institutionen. Ab 2014 hat die damalige Landesregierung gänzlich auf eine Bekanntgabe der Fördermittelempfängerinnen und -empfänger verzichtet. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat diese Veröffentlichungspraxis seit 2017 geändert und stellt damit nunmehr wieder öffentlich dar, wie sich die Mittel aus dem Denkmalförderprogramm verteilen; jeweils ohne Nennung der geförderten Privatpersonen. Da es sich auch bei den Angaben zu den im einzelnen geförderten Objekten (z.B. Adresse, Eigenbezeichnung) um personalisierbare Daten handelt, wird auch diesbezüglich auf eine Veröffentlichung verzichtet. 1 https://www.mhkbg.nrw/sites/default/files/media/document/file/20200408_Dorferneuerung_2020.pdf 2 https://www.mhkbg.nrw/themen/bau/denkmalschutz/denkmalfoerderung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11186 4 Veröffentlichungspraxis Dorferneuerung Bis zum Jahr 2017 lag die Zuständigkeit für die Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung (einschließlich Dorferneuerung) beim damaligen MKULNV. Die Förderung erfolgte als Teil des NRW-Programms Ländlicher Raum aus Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind gemäß Artikel 111 ff. der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der gemeinsamen Agrarpolitik sowie gemäß Art. 57 ff. der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 908/2014 verpflichtet, die Begünstigten von Mitteln aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raumes (ELER) spätestens zum 31. Mai jeden Jahres nachträglich für das vorangegangene Jahr im Internet zu veröffentlichen. Die Informationen werden auf einer speziellen - vom Bund und den Ländern gemeinsam betriebenen - Internetseite der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) unter der Internetadresse www.agrar-fischerei-zahlungen.de von den für die Zahlungen zuständigen Stellen des Bundes und der Länder veröffentlicht. Sie bleiben vom Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung an zwei Jahre lang zugänglich. Über eine Suchfunktion der Internetseite können die einzelnen Zuwendungsempfänger mit Förderbeträgen für verschiedene Teilmaßnahmen des ELER auf PLZ-Ebene (Wohnort des Zuwendungsempfängers) angezeigt werden. Eine Jahresübersicht aller Dorferneuerungsmaßnahmen in NRW o.a. liefert die Datenbank ebenso wenig wie detaillierte Angaben zum genauen Fördergegenstand einzelner Projekte. Über die vorgenannte EU-rechtliche Veröffentlichungspflicht hinaus wurden von der Vorgängerregierung seitens des Landes NRW keine weiteren Angaben zu den geförderten Maßnahmen der Dorferneuerung veröffentlicht. Mit Übertragung der Zuständigkeit für die Dorferneuerung auf das MHKBG werden alle in diesem Bereich geförderten Maßnahmen seit 2018 in einer tabellarischen Übersicht auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlicht. Darin enthalten sind Angaben zur Kommune, zur Art des Zuwendungsempfängers (gemeindlicher oder privater Zuwendungsempfänger), zur Höhe der Förderung und zum Fördergegenstand. Seit 2019 werden diese Angaben ergänzt durch statistische Übersichten etwa zur regionalen Verteilung.