LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11259 01.10.2020 Datum des Originals: 01.10.2020/Ausgegeben: 07.10.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4290 vom 7. September 2020 des Abgeordneten Arndt Klocke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/10834 Verlegung des Zentralen Omnibus Bahnhofs (ZOB) in Lübbecke Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Innenstadt von Lübbecke soll ein neues Einkaufszentrum, das sogenannte „Westertor“ entstehen. Der Investor plant dort neben zahlreichen Einzelhandelsgeschäften auch die Anlage eines großen Parkplatzes. Auf der dafür vorgesehenen Fläche befindet sich derzeit der zentrale Busbahnhof (ZOB) von Lübbecke, die wichtigste ÖPNV-Verknüpfungshaltestelle der Stadt. Dieser erst 2011 fertiggestellte und mit Landesmitteln geförderte barrierefreie Busbahnhof soll nun wegfallen und die Busse an anderer Stelle entlang einer vielbefahrenen Straße halten. Dies bedeutet eine deutliche Verschlechterung für die Fahrgäste, insbesondere des barrierefreien Zugangs zum ÖPNV sowie unzureichende Haltestellen-Kapazitäten für die Abwicklung der Schülerverkehre. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 4290 mit Schreiben vom 1. Oktober 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Das Land Nordrhein-Westfalen gewährt den Zweckverbänden gemäß § 12 Abs. 1 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen (ÖPNVG NRW) pauschalierte Zuwendungen für Investitionsmaßnahmen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Die Zuwendungen sind gemäß § 12 Abs. 3 ÖPNVG NRW zur Förderung von Investitionen des ÖPNV, insbesondere in die Infrastruktur, zu verwenden oder hierfür an Eisenbahnunternehmen, öffentliche oder private Verkehrsunternehmen, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie juristische Personen des privaten Rechts, die Zwecke des ÖPNV verfolgen, weiterzuleiten. Wie bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage 3402 des Abgeordneten Matthi Bolte-Richter der Fraktion Bündnis‘90/Die Grünen (Drs. 17/8895) ausgeführt, wurde nach Mitteilung des Zweckverbands Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) der derzeit bestehende Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) in der Stadt Lübbecke in den Jahren 2011 und 2012 aus Mitteln der Pauschalierten Investitionsförderung gemäß § 12 ÖPNVG NRW barrierefrei ausgebaut. Hierzu habe die Stadt Lübbecke bei Gesamtkosten in Höhe von LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11259 2 499.100,00 € eine Zuwendung in Höhe von 399.300,00 € erhalten. Grundsätzlich ist jeder Antragsteller verpflichtet, eine geförderte Anlage 20 Jahre für den geförderten Zweck vorzuhalten, zu unterhalten und zur Verfügung zu stellen. Diese Zweckbindungsfrist begann nach Mitteilung des NWL mit Vorlage des Schlussverwendungsnachweises am 15.05.2013 und endet am 14.05.2033. Zum Sachverhalt führt der NWL weiter aus: Vor dem Hintergrund städtebaulicher Überlegungen und Wirtschaftsentwicklungen innerhalb der Stadt Lübbecke soll die Fläche des derzeit bestehenden ZOB nach Auskunft des NWL nunmehr an einen Investor veräußert werden. Somit werde der ZOB vorzeitig seinem Zuwendungszweck entzogen und die Fördermittel seien anteilig für die Restnutzungsdauer zurückzuzahlen. In der Umsetzung bedeute dies, dass nach dem Entzug der Nutzung der Altanlage eine entsprechende Berechnung des Rückforderungsbetrages seitens des zuständigen Zweckverbands NWL durchgeführt und zurückgefordert wird. Die Stadt hat sich nach Auskunft des NWL bereits zur Rückzahlung der Fördermittel für die Restnutzungsdauer der Altanlage verpflichtet, sobald deren Funktion nicht mehr existiert. Für den Bau des neuen ZOB in der Stadt Lübbecke wurden laut NWL bei Gesamtkosten in Höhe von 1.206.100,00 € Zuwendungen in Höhe von 1.067.800,00 € bewilligt. Fördermittel für die Neuanlage werden nach Mitteilung des NWL erst nach Rückzahlung der Fördermittel aus der Altanlage ausgezahlt. Die Landesregierung hat keinen Einfluss auf die Verwendung der Mittel gemäß § 12 ÖPNVG NRW. Daher wurde für die Beantwortung der Fragen eine Stellungnahme des NWL angefordert. 1. Wie bewertet die Landesregierung den geplanten Abriss des ZOBs in Lübbecke zugunsten eines Parkplatzes für ein Einkaufszentrum? Die Stadt Lübbecke ist Vorhabenträger des umzusetzenden Projektes. Sie hat alle rechtlichen, planungs- und bautechnischen Voraussetzung zu bewerten und für deren Einhaltung Sorge zu tragen. Die geforderten Unterlagen, die u.a. zur Beurteilung der Förderfähigkeit von der Stadt Lübbecke beim zuständigen Zweckverband NWL vorzulegen waren, sind laut Stellungnahme des NWL vollständig erbracht worden. Demnach konnten die Planer im Förderantrag darstellen, dass mit der neuen Anlage eine Verbesserung gegenüber dem derzeit bestehenden ZOB verbunden ist. Die Verbesserung bestehe darin, dass durch die vorab realisierten Kreisverkehrsplätze und die damit zu erwartende Verkehrsberuhigung ermöglicht wird, die Haltestellen an die Fahrbahnränder zu verlegen. Dies führe zu einer besseren An- /Abfahrbarkeit der Haltestellen. Die Barrierefreiheit sei nach wie vor Voraussetzung der Förderfähigkeit und sei vom Behindertenvertreter bestätigt worden. Nach vorliegenden Erkenntnissen bleibt laut Stellungnahme des NWL festzuhalten, dass die Abwägung von Interessen in Bezug auf die Innenstadtentwicklung, die Quartiersentwicklung sowie die verkehrlichen Strukturen stattgefunden hat. Die örtlichen Verkehrsunternehmen seien eingebunden gewesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11259 3 2. In welcher Höhe muss die Stadt Lübbecke Fördermittel für den Abriss des noch nicht einmal zehn Jahre alten ZOBs an das Land zurückzahlen? Der genaue Betrag, den die Stadt Lübbecke zurückerstatten muss, kann laut Stellungnahme des NWL derzeit noch nicht berechnet werden. Mit dem Tag, an dem der ZOB seinem Zweck entzogen wird, wird der prozentuale Anteil an der Zweckbindung ermittelt, der nicht erfüllt wird. Dieser Anteil an der Förderung wird dann zurückgefordert. Wann genau das sein wird, ist noch nicht bekannt. 3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, auf die Entscheidung der Stadt Lübbecke zugunsten des Erhalts des ZOBs Einfluss zu nehmen? Die Stadt Lübbecke handelt innerhalb ihrer Planungshoheit. Dementsprechend gibt es von Seiten der Landesregierung keine Möglichkeit, auf die Stadt Lübbecke Einfluss zu nehmen. 4. Welche Fördermittel des Landes könnten der Stadt Lübbecke zum Erhalt des ZOBs in Aussicht gestellt werden, zum Beispiel für eine Überbauung des ZOBs mit einem Parkhaus? Die Förderung einer Überbauung des ZOBs mit einem Parkhaus ist nach dem ÖPNVG NRW nicht möglich, da die hier zur Verfügung stehenden Mittel zweckgebunden für die Belange des ÖPNV einzusetzen sind. Der Standort des bisherigen ZOB liegt in der Gebietskulisse der Städtebauförderung für die Innenstadt von Lübbecke. Maßnahmen zum Erhalt des ZOB aus Mitteln der Städtebauförderung sind gleichwohl ebenso wenig förderfähig wie eine Überbauung mit einem Parkhaus. Bei der Errichtung eines Parkhauses handelt es sich um eine rentierliche Maßnahme, für die es keinen Zugang in der Städtebauförderung gibt. Die Städtebauförderung könnte beispielsweise dann Anwendung finden, wenn Maßnahmen zur Herstellung örtlicher öffentlicher Straßen, Wege und Plätze innerhalb des Stadterneuerungsgebietes realisiert werden sollen. 5. Sind der Landesregierung ähnliche Fälle bekannt, wo Kommunen mit Mitteln des Landes geförderte ÖPNV-Infrastruktur zugunsten des MIVs verlagert oder ganz abgebaut haben? Nein.