LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11266 02.10.2020 Datum des Originals: 02.10.2020/Ausgegeben: 08.10.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4291 vom 7. September 2020 der Abgeordneten Britta Altenkamp, Hannelore Kraft, Thomas Kutschaty und Frank Müller SPD Drucksache 17/10835 Weniger Polizeistellen für das PP Essen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die jährlich angepasste Zahl der Polizeistellen bei den einzelnen Polizeipräsidien sorgt regelmäßig für intensive Diskussionen zur Sicherheit. Gerade in Essen wird daher intensiv über die Sicherheitslage auch vor dem Hintergrund der Clankriminalität gestritten. Zwar gibt es seit Jahren und mehreren Landesregierungen verschiedener politischer Zusammensetzung aufwachsende Zahlen bei den Einstellungen der Polizeianwärter/-innen. Dennoch gibt es weiterhin immer wieder irritierende Nachrichten darüber, dass mancherorts wie auch in Essen beim für Essen und Mülheim zuständigen Polizeipräsidium entgegen der immer wieder medial dargelegten großen Kriminalitätsbelastung die Zahl der Stellen für Polizistinnen/Polizisten faktisch sinket. Aktuell wird für das PP Essen ein Minus von 7,92 Stellen gegenüber dem Vorjahr (2019, vgl. Vorlage 17/3798) ausgewiesen. Die Besetzung erfolgt entsprechend der sogenannten Belastungsbezogenen Kräfteverteilung (BKV). Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4291 mit Schreiben vom 2. Oktober 2020 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung In der Belastungsbezogenen Kräfteverteilung (BKV) wird seit 2010 ein Betrachtungszeitraum von 10 Jahren zu Grunde gelegt. Veränderungen der BKV-Zielsollstärke sind grundsätzlich in einem veränderten Aufgabenspektrum und/oder in einer Veränderung behördenspezifischer Belastungskriterien (Kriminalitäts- und Verkehrsunfallbelastung) im Vergleich zu anderen Kreispolizeibehörden (KPB) begründet. Für bestimmte Aufgaben erfolgen zur Sicherstellung eines fachlich begründeten Personaleinsatzes Personalzuweisungen über sog. Sockelstellen in der BKV, die jährlich überprüft und ggfs. angepasst werden. Sockelzuweisungen werden insbesondere dann angepasst, wenn sich Schwerpunktsetzungen verändern oder aber einzelne Aufgaben ganz oder vorübergehend entfallen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11266 2 Zudem werden seit der BKV 2018 die Delikte der Beförderungserschleichung nicht mehr berücksichtigt, da der geringe Arbeitsaufwand und die fehlenden Einflussmöglichkeiten auf die Entwicklung dieser Fallzahlen darauf beruhende Personalzuweisungen nicht rechtfertigen. Der Rückgang von rund acht Planstellen in der BKV beim Polizeipräsidium (PP) Essen beruht neben dem vorübergehenden Wegfall von Aufgaben insbesondere auf der Nichtberücksichtigung der Delikte der Beförderungserschleichung. 1. Stehen für das Polizeipräsidium Essen ab dem 01.09.2020 weniger Polizistinnen/Polizisten zur Verfügung als im Vorjahr? (Bitte aufgeschlüsselt nach Beamten, Regierungsbeschäftigten und Zuständigkeiten) 2. Wie ist die tatsächliche Besetzungsquote der Stellen für Polizistinnen/Polizisten beim Polizeipräsidium Essen zum 01.09.2020? (Bitte im Verhältnis Stellen zu den tatsächlichen Polizistinnen/Polizisten unter Berücksichtigung von Voll- und Teilzeit) Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Die Entwicklung der Zielsollstärke der BKV des PP Essen stellt sich in der Betrachtung der vergangenen fünf Jahre wie folgt dar: BKV Planstellen (Beamtinnen/Beamte) 2016 2017 2018* 2019 2020 1806 1833 1852 1840 1832 *Verstärkung der Bereitschaftspolizei durch einen zusätzlichen Einsatzzug BKV Stellen (Regierungsbeschäftigte) 2016 2017 2018 2019 2020 239 240 261 281 318 Seit dem Jahr 2017 werden den Polizeibehörden jährlich Regierungsbeschäftigte (RB) zugewiesen, überwiegend mit der Zielrichtung, Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte (PVB) von administrativen und verwaltenden Aufgaben zu entlasten oder diese sogar in solchen Aufgabenbereichen - insbesondere in den Direktionen „Zentrale Aufgaben“ - zu ersetzen. Diese RB tragen maßgeblich dazu bei, dass den PVB einer KPB deutlich mehr Ressourcen für die operative Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung stehen. BKV Gesamt (Planstellen und Stellen) 2016 2017 2018* 2019 2020 2045 2073 2113 2122 2150 *Verstärkung der Bereitschaftspolizei durch einen zusätzlichen Einsatzzug In der Gesamtbetrachtung der Summe aus Planstellen und Stellen der BKV verfügt das PP Essen über mehr Personalressourcen als noch im Jahr 2016. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11266 3 Das Planstellen-Ist des PP Essen stellt sich in der Betrachtung der vergangenen fünf Jahre (jeweils zum Stichtag 1. Oktober eines Jahres) im Vergleich zur BKV wie folgt dar: BKV /Planstellen-IST 2016 2017 2018* 2019 2020 BKV 1806 1833 1852 1840 1832 Planstellen-IST 1.10 1820 1826 1861 1835 *Verstärkung der Bereitschaftspolizei durch einen zusätzlichen Einsatzzug Informationen zum IST-Stand des Jahres 2020 liegen aktuell noch nicht vor und können erst nach dem Stichtag 1.10.2020 erhoben werden. Die in der BKV ausgewiesenen Stellen für RB sind den KPB zur eigenen Bewirtschaftung zugewiesen. 3. Wie viele Langzeiterkrankte gibt es beim Polizeipräsidium Essen? Mit Stand zum 1.08.2020 waren beim PP Essen 57 PVB länger als 30 Tage erkrankt. 4. Welche anstehenden Maßnahmen plant die Landesregierung, um den Beschäftigten des Polizeipräsidiums Essen angemessene Arbeits-bedingungen zu gewährleisten? Den landesweit insgesamt schwierigen Rahmenbedingungen ist die Landesregierung durch eine konsequente Erhöhung der Einstellungszahlen auf zuletzt 2.500 Einstellungsermächtigungen für Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter begegnet und dieses Niveau soll bis zum Jahr 2022 gehalten werden. In diesem und im kommenden Jahr ist beabsichtigt, dass sogar 2.660 Bewerberinnen und Bewerber das Studium „Polizeivollzugsdienst“ an der HSPV in NRW beginnen. Die erhöhten Einstellungszahlen lassen in den nächsten Jahren bis 2024 ein Anwachsen der Zahl der PVB in NRW von derzeit rund 40.000 auf voraussichtlich über 41.000 erwarten. Zudem werden jährlich 500 zusätzliche Stellen für RB (mittlerweile 1.500 von insgesamt 2.500) zur Verfügung gestellt, die PVB - wie bereits dargestellt - von Verwaltungsaufgaben entlasten. 5. Welche Auswirkungen hat die aktuelle Personalsituation auf die Arbeitsbedingungen der Polizistinnen/Polizisten des PP Essen? Eine umfassende Bewertung der tatsächlichen Situation und Belastung der Beschäftigten des PP Essen ist von hier aus nicht möglich. Das Ministerium des Innern des Landes NRW muss alle 47 KPB gleichermaßen im Blick haben. Alle müssen mit dem derzeit zur Verfügung stehenden Personal ihre Aufgaben erledigen können. Insofern gelten auch die Regularien der BKV für alle gleichermaßen. Die Behördenleitung vor Ort entscheidet eigenverantwortlich über die spezifische Verwendung des zugewiesenen Personals innerhalb der KPB bzw. über Art und Umfang der personellen Ausstattung einzelner Dienststellen. Sie wird hierbei die gegebenen Rahmenbedingungen, aktuelle sicherheitsrelevante Aspekte sowie bestehende behördenstrategische Schwerpunktsetzungen berücksichtigen. Ihr obliegt es also im Rahmen der dezentralen Ressourcenverantwortung, die Entscheidung über die örtliche Verteilung der zugewiesenen personellen Ressourcen zu treffen.