LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11270 05.10.2020 Datum des Originals: 05.10.2020/Ausgegeben: 09.10.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4295 vom 8. September 2020 der Abgeordneten Norwich Rüße und Johannes Remmel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/10920 Wie verhindert die Landesregierung Kahlschläge in Buchenwäldern im Hochsauerlandkreis? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die klimatischen Veränderungen der letzten Jahre, insbesondere die extreme Trockenheit und Stürme, haben unseren Wäldern stark zugesetzt, mit der Folge, dass große Teile absterben. In diesem Zusammenhang wird politisch wie öffentlich darüber diskutiert, wie der Waldumbau in den nächsten Jahrzenten gelingen kann. Einig sind sich Expertinnen und Experten insbesondere darin, dass die Fichtenmonokulturen nicht zukunftsträchtig sind und es hingegen vielmehr einen vielfältigen Baumartenmix braucht. Vor diesem Hintergrund ist es bedauerlich, dass es auch in NRW nach wie vor zur Umwidmung ganzer Laubholzbestände hin zu Fichtenmonokulturen kommt. Auch im Hochsauerlandkreis, am „Hohen Knochen“ zwischen Ohlenbach und Neuastenberg, ist erneut ein solcher Fall bekannt geworden. Es handelt sich Zeugenaussagen zufolge um einen großflächigen Kahlschlag von etwa 30 Hektar, der innerhalb von zehn Jahren in einem rund hundertjährigen Buchenwaldbestand vorgenommen wurde. Die hier freigewordene Fläche wurde anschließend durch den Privatwaldbesitzer mit Fichten aufgeforstet. Auch die örtliche Presse hat bereits darüber berichtet. Alle Bekundungen der Landesregierung, insbesondere im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Waldpakts, sind mit einer solchen Art der Bewirtschaftung nicht vereinbar. Der Waldpakt wurde gemeinsam mit Verbänden aus Forst- und Holzwirtschaft, Naturschutz und Berufsvertretung geschlossen, um ein Maßnahmenpaket zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel auf den Weg zu bringen. Ziel war es, die Entwicklung von stabilen Mischwäldern auf Basis des Waldbaukonzeptes fortzuführen. Daher ist es fraglich, inwiefern eine wie im Hochsauerlandkreis dokumentierte Beförsterung mit den Zielen der „Waldbaustrategie" vereinbar sein soll. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4295 mit Schreiben vom 5. Oktober 2020 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11270 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Landeswaldinventur 2014 zeigt, dass die Rotbuche mit 19 % oder rund 160.000 ha der Gesamtwaldfläche in NRW vertreten ist. Rotbuchenwälder sind die am weitesten verbreiteten naturnahen Waldgesellschaften in Nordrhein-Westfalen. Für ihren Erhalt und ihre Entwicklung kommt dem Land Nordrhein-Westfalen eine besondere Verantwortung zu, da das Land im Zentrum des Verbreitungsgebiets dieser nur in Mitteleuropa vorkommenden Waldgesellschaften liegt. Eine naturnahe Waldbewirtschaftung ist nicht nur in Schutzgebieten erforderlich. Auch in den übrigen Waldgebieten sind artenreiche standortheimische Wälder zur Erhaltung der biologischen Vielfalt notwendig. Das Ziel einer naturnahen Waldbewirtschaftung sind stabile standortgerechte Bestände mit einem möglichst hohen Anteil heimischer Baumarten sowie die Erhaltung oder Entwicklung naturnaher Waldgesellschaften. Kennzeichen einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft nach dem Landesforstgesetz NRW sind unter anderem die Vermeidung von großflächigen Kahlschlägen, die Wahl standortgerechter Baumarten und Nutzung der Naturverjüngung. Diesen Maßstab für eine nachhaltige Bewirtschaftung sieht auch das Bundesnaturschutzgesetz für die forstliche Nutzung der Wälder vor, das außerdem den „Aufbau naturnaher Wälder“ als Ziel der forstlichen Nutzung vorgibt. 1. Hat in dem genannten Fall eine staatliche waldbauliche Beratung stattgefunden? (Bitte Beratungszeitpunkt und ausgesprochene Empfehlung benennen) Im genannten Fall hat 2014 ein Gespräch des damaligen Regionalforstamtsleiters zur Bewirtschaftung des Waldes mit dem Eigentümer stattgefunden, um eine den waldbaulichen Möglichkeiten und den fachlichen Erkenntnissen entsprechende Bewirtschaftung der Flächen zu erreichen. Eine weitergehende Beratung wurde vom Waldeigentümer nicht nachgefragt. Gegenstand des o.a. Gespräches waren die negativen Folgen der Kahlhiebe und der anschließenden Wiederaufforstung mit Fichte für das Ökosystem Wald am Hohen Knochen. Zudem wurde auf die Bedeutung der Buchenwaldbestände zur Saatgutgewinnung für Hochlagenherkünfte hingewiesen, die gerade für den Waldumbau von Wichtigkeit seien. Bezogen auf das Betriebsziel wurden dem Waldbesitzer waldbauliche Alternativen zur praktizierten Vorgehensweise erläutert. 2. Ist der entsprechende Privatwaldbesitzer Mitglied einer Forstbetriebsgemeinschaft? Ja. 3. Hat dieser Privatwaldbesitzer in den letzten zehn Jahren von staatlichen Fördergeldern profitiert? (Bitte Höhe der bewilligten Mittel benennen). Nein. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11270 3 4. Handelt es sich bei dem Wald um eine zertifizierte Fläche? (Bitte entsprechende Zertifizierung inklusive der dort festgelegten Kriterien der Bewirtschaftung benennen) Zur forstlichen Zertifizierung der Waldbestände liegen der Landesregierung keine Informationen vor. 5. Wie möchte die Landesregierung derartige Umwidmungen von Waldflächen vor dem Hintergrund des notwendigen klimastabilen Waldumbaus zukünftig unterbinden? (Bitte geplante Maßnahmen und Instrumente benennen) Die Landesregierung wird den in Rede stehenden Kahlhieb von Buchenwäldern eingehend nach den Maßgaben des Forst- und Naturschutzrechts prüfen. Vor diesem Hintergrund wird auch ein etwaiger Änderungsbedarf der einschlägigen forstrechtlichen Kahlhiebsbestimmung geprüft.