LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1141 09.11.2017 Datum des Originals: 08.11.2017/Ausgegeben: 14.11.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 383 vom 6. Oktober 2017 der Abgeordneten Arndt Klocke, Oliver Keymis und Mehrdad Mostofizadeh BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/875 Lärmabhängige Start- und Landeentgelte am Flughafen Düsseldorf Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit Hilfe der Staffelung der Start- und Landentgelte je nach der Lautstärke eines Flugzeugs sowie nach der Tageszeit des Starts oder der Landung können Flugunternehmen Anreize gesetzt werden, lärmärmere Fluggeräte einzusetzen und Flüge in weniger lärmempfindliche Tageszeiten zu verlagern. Eine umfassende Status-Quo-Analyse der europäischen Start- und Landeentgeltsysteme durch das Öko-Institut im Auftrag des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2004 stellt jedoch nur eine geringe Anreizwirkung der bestehenden lärmabhängigen Entgeltsysteme fest. Ein wesentliches Problem liegt gemäß dieser Studie in der oft nur geringen Spreizung zwischen den lärmdifferenzierten Nutzungsentgelten. Die finanziellen Anreize für den Einsatz lärmarmer Flugzeuge fallen überwiegend zu gering aus, um eine nennenswerte Lenkungswirkung zu entfalten. Die Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass die Lärmkomponente an den Start- und Landeentgelten in der Kostenstruktur der Unternehmen nur eine marginale Bedeutung einnimmt. Hinzu kommt, dass eben diese Lärmkomponente in der Mehrzahl der untersuchten Entgeltmodelle von dem gewichtsabhängigen Anteil der Start- und Landeentgelte überlagert werden kann. So kann unter zwei vergleichbaren Fluggeräten ein modernes, lärmarmes Flugzeug mit einer etwas höheren Maximalabflugmasse höhere Entgelte auslösen als ein altes und lautes Flugzeug bei etwas niedrigerer Maximalabflugmasse. Die Ausgestaltung emissionsabhängiger Start- und Landeentgelte wird zudem durch den zu beachtenden rechtlichen Rahmen (Standards und Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation, Richtlinie über Flughafenentgelte 2009/12/EG der Europäischen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1141 2 Union sowie das diese Vorgaben umsetzenden nationale Recht in § 19b Luftverkehrsgesetz) eingeengt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1141 3 Flughafenentgelte werden nach § 19b LuftVG in einer Entgeltordnung vom Flughafenbetreiber – nach behördlicher Genehmigung – festgesetzt. Die Genehmigung zur Erhebung der in einer Entgeltordnung vorgesehenen Entgelte für die Nutzung der Einrichtungen und Dienstleistungen des Flughafens wird von den zuständigen Landesluftfahrtbehörden erteilt, sofern die Festsetzung nach geeigneten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien erfolgte. Eine Staffelung der Start- und Landegebühren nach der Lautstärke der Flugzeuge muss aufkommensneutral sein. Daraus folgt, dass die Lärmzuschläge für laute Flugzeuge durch Abschläge auf leisere Flugzeuge auszugleichen sind. Die Lärmzuschläge müssen dabei verhältnismäßig sein und dürfen die Flughafennutzer nicht übermäßig, das heißt in Relation zu den vor Ort bestehenden Lärmproblemen, belasten. Dennoch sehen CDU und FDP NRW laut ihrem Koalitionsvertrag in der Ausgestaltung der emissionsabhängigen Start- und Landeentgelte ein wesentliches Instrument zur Fluglärmbekämpfung. So heißt es im Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode: „Zur Verbesserung des Lärmschutzes werden wir insbesondere darauf hinwirken, dass der rechtliche Rahmen für die Spreizung lärmabhängiger Start- und Landeentgelte ausgeschöpft wird.“ In der seit dem 01.01.2017 gültigen Entgeltordnung für den Verkehrsflughafen Düsseldorf wird ein Lärmzuschlag pro Landung und Start von Flugzeugen erhoben. Die Lärmzuschläge sind nach Lärmklassen sowie nach Zeiten (6:00 bis 21.59 Uhr; 22:00 bis 22:59 Uhr; 23:00 bis 23:59 Uhr bzw. 05:00 bis 5.59 Uhr; 0:00 bis 4:59 Uhr) gestaffelt. Die Einstufung in die acht Lärmklassen erfolgt nach in Düsseldorf gemessenen Durchschnittslärmpegeln pro Flugzeugtyp und -serie. In der seit dem 01.01.2017 gültigen Entgeltordnung für den Flughafen Frankfurt werden sogar 15 Lärmklassen unterschieden. Gleichzeitig gibt es in der Frankfurter Entgeltordnung Nachlässe für Maßnahmen des aktiven Schallschutzes. So wird die Nachrüstung von Flugzeugen der A320-Familie mit so genannten Wirbelgeneratoren für Fluggesellschaften finanziell belohnt. Überflugmessungen haben gezeigt, dass die Wirbelgeneratoren störende Pfeifgeräusche unterbinden und den Gesamtschallpegel des Flugzeugs, insbesondere bei der Landung, deutlich reduzieren. Die Entgeltordnung 2017 für den Flughafen Frankfurt sieht vor, dass A319-, A320- und A321- Flugzeuge um bis zu 40 Prozent geringere Gebühren zahlen, wenn sie nachweislich mit einem Wirbelgenerator nachgerüstet wurden. Aktuell liegt dem NRW-Verkehrsministerium laut Angaben des Flughafens Düsseldorf der Entwurf einer neuen Entgeltordnung zur Genehmigung vor. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 383 mit Schreiben vom 8. November 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Nach § 19b Luftverkehrsgesetz (LuftVG) hat der Unternehmer eines Verkehrsflughafens oder Verkehrslandeplatzes eine Regelung über die zu entrichtenden Entgelte für die Nutzung der Einrichtungen und Dienstleistungen, die mit der Beleuchtung, dem Starten, Landen und Abstellen von Luftfahrzeugen sowie mit der Abfertigung von Fluggästen und Fracht in Zusammenhang stehen, zu treffen (Entgeltordnung). Soweit die Flughäfen ihre LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1141 4 Entgeltordnung für das Starten, Landen und die Nutzung ihrer flugbetrieblichen Infrastruktureinrichtung verändern wollen, so haben sie dies der Landesluftfahrtbehörde zwecks Genehmigung vorzulegen. Ein entsprechender Antrag ist dann nach § 19b LuftVG durch das Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen für die Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn und Münster/Osnabrück zu prüfen. Derzeit erhebt die Flughafen Düsseldorf GmbH Benutzungsentgelte auf Basis einer zivilrechtlichen Vereinbarung mit den an- und abfliegenden Fluggesellschaften, also konsensual. Eine solche konsensuale Lösung ist rechtlich nicht nur zulässig, sondern gesetzlich erwünscht. Da die derzeitige Vereinbarung Ende dieses Jahres ausläuft leitete die Flughafenbetreibergesellschaft am 31.7.2017 fristgerecht einen neuen Antrag dem Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen zu. Die Antragstellerin beabsichtigt darin, ihre Entgelte zum 01. Januar 2018 zu verändern. Ziel des Antrags ist die Genehmigung einer Entgeltordnung für die Kalenderjahre 2018 – 2020, welche auf einer entsprechenden Mehrjahresvereinbarung mit den Fluggesellschaften beruht. Die Landesluftfahrtbehörde hat die Genehmigung zu erteilen, wenn die Entgelte in der Entgeltordnung nach geeigneten, objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien geregelt sind. Ein Kriterium sind lärmabhängige Start- und Landeentgelte, die eine mögliche Maßnahme zur Lärmminderung an den Flughäfen darstellen. Hierüber sollen Anreize geschaffen werden, lärmärmere Fluggeräte einzusetzen und Flüge in weniger lärmempfindliche Tageszeiten zu verlagern. 1. Welche konkreten Änderungen sollten nach Auffassung der Landesregierung bei der neuen Entgeltordnung für den Flughafen Düsseldorf vorgenommen werden, um eine stärkere Lenkungswirkung zur Lärmreduktion zu entfalten? Zum Schutz vor Fluglärm erhebt die Flughafen Düsseldorf GmbH bereits lärmabhängige Flughafenentgelte. Seit 2011 werden bei den Lärmzuschlägen acht Lärmkategorien unterschieden. Diese basieren auf tatsächlich gemessenen Lärmwerten der Flugzeugtypen für Lande- und Startvorgänge an den Messstellen 1 (Lohausen) und 11 (Tiefenbroich). Insbesondere bei den sehr lauten Luftfahrzeugen der Lärmkategorien 7 und 8 erhöhen sich die Entgelte erheblich. So beträgt der Lärmzuschlag im Tagesverkehr der Lärmkategorie 6 (z.B. A330-200) € 116,00 je Bewegung, während sich der betreffende Lärmzuschlag für die Lärmkategorie 7 (z.B. MD11) auf € 7.000,00 beläuft. Seit 2014 werden zusätzlich bei den Lärmzuschlägen weitere Differenzierungen nach Tageszeit (6:00 – 21:59) sowie den Nachtrandzeiten (22:00 – 22:59, 23:00 – 23:59; 05:00 – 05:59) und der Nachtkernzeit (00:00 – 04:59) vorgenommen. So werden die schon länger bestehenden Lärmzuschläge zusätzlich differenziert in Lärmzuschläge für die Tageszeit sowie deutlich höhere Beträge für die Tagesrand- und Nachtzeiten, die bis zu sechsmal so hoch sein können. Das Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen achtet darauf, dass eine signifikante Entgeltspreizung nach Lärmgesichtspunkten in der Entgeltordnung etabliert ist. Um die Lenkungswirkung zu befördern, sollten auf dem Markt vorhandene technische Verbesserungen gefördert werden, die eine Lärmminderung herbeiführen können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1141 5 2. Inwieweit nimmt das NRW-Verkehrsministerium aktiv Einfluss bei der Ausgestaltung der emissionsabhängigen Start- und Landeentgelte am Flughafen Düsseldorf, um das Ziel des Koalitionsvertrages der Ausschöpfung des rechtlichen Rahmens für die Spreizung lärmabhängiger Start- und Landeentgelte zu verwirklichen? Das Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen steht im ständigen Dialog mit dem Flughafen Düsseldorf und den dort verkehrenden Luftfahrtgesellschaften. An Konsultationsterminen und daraus resultierenden Folgeerörterungen nimmt das Ministerium regelmäßig teil und macht bei sich bietenden Gelegenheiten seinen Einfluss für eine adäquate Lärmspreizung geltend. Während dieser Verhandlungsrunden hat es zwischen dem Flughafen Düsseldorf und dem Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen fortlaufend Gespräche gegeben. 3. Setzt sich die Landesregierung am Flughafen Düsseldorf für eine deutliche Erhöhung der Lärmzuschläge ein? (mit Bitte um Skizzierung einer möglichen uhrzeitlichen Staffelung) Zusätzlich zu den in der Antwort zu 1 dargestellten, nach Uhrzeit differenzierten Lärmzuschlägen, setzt sich die Landesregierung für eine Verteuerung der Start- und Landeereignisse in der Nacht und in den Tagesrandzeiten ein. 4. Setzt sich die Landesregierung am Flughafen Düsseldorf für eine stärkere Differenzierung der Start- und Landentgelte durch eine Erweiterung der derzeit acht Lärmklassen auf eine höhere Zahl von Lärmklassen ein? (Anmerkung: Am Flughafen Köln/Bonn gibt es 11 Lärmklassen am Flughafen Frankfurt 15 Lärmklassen) Ja. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Einteilung in Lärmklassen auf tatsächlichen Messungen beim Überflug an bestimmten Messpunkten beruht und die Pegel aufgrund unterschiedlicher Beladung eines Flugzeugtyps sowie der Meteorologie streuen. Diese Streubreite begrenzt die Differenzierungsmöglichkeiten. 5. Unterstützt die Landesregierung am Flughafen Düsseldorf die Einführung einer Anreizregelung zur Nachrüstung von Flugzeugen der A320-Familie mit so genannten Wirbelgeneratoren nach dem Vorbild der Entgeltordnung 2017 für den Flughafen Frankfurt, nach der A319-, A320- und A321-Flugzeuge um bis zu 40 Prozent geringere Gebühren zahlen müssen, wenn sie nachweislich mit einem Wirbelgenerator nachgerüstet wurden? Ja. Für Flugzeuge der Airbus A320-Familie wird ab der Entgeltordnung 2018 eine Unterscheidung zwischen Flugzeugen mit und ohne Vortex-Generatoren vorgenommen und so ein Anreiz für die Nachrüstung der Flugzeuge mit Wirbelgeneratoren geschaffen.