LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11428 12.10.2020 Datum des Originals: 12.10.2020/Ausgegeben: 16.10.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4322 vom 14. September 2020 der Abgeordneten Wibke Brems BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/10968 Wird die Landesregierung einen angemessenen Grundwasserschutz im Rheinischen Revier sicherstellen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Um Braunkohle abbauen zu können, muss das Grundwasser rund um die Tagebaue großflächig abgepumpt werden. Bei der sogenannten Sümpfung wird der Grundwasserspiegel in den Tagebauen um mehrere hundert Meter abgesenkt. Dadurch sinken auch die Grundwasserspiegel bis in viele Kilometer Entfernung vom Tagebaurand. Die Auswirkungen sind bis zur niederländischen Grenze messbar. Die Auswirkungen auf die Ökosysteme der Region sind immens, ganze Feuchtgebiete müssen künstlich bewässert werden. Es gilt daher sicherzustellen, dass tatsächlich nur so viel gesümpft wird, wie für die Durchführung des Tagebaubetriebs unbedingt notwendig ist. Die laufende wasserrechtliche Erlaubnis für den Tagebau Hambach läuft Ende 2020 aus. Die RWE Power AG hatte daher im Juni 2018 eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Fortsetzung der Entnahme und Ableitung von Grundwasser für die Entwässerung des Tagebaus Hambach für den Zeitraum 2021 bis 2030 beantragt. Gegen die Planungen sind laut Bergbehörde mehr als 2.400 Einwendungen formuliert worden. Die Kritik beispielsweise von Seiten der Umweltverbände lautet u.a., dass RWE im vorgelegten Antrag die Vereinbarung mit der Bundesregierung zur Reduzierung der Kohlegewinnung aus dem Tagebau Hambach nicht berücksichtige, sondern von einem unveränderten Tagebaufortschritt ausgehe. In der Folge würde RWE eine viel höhere Grundwasserentnahme zugebilligt, als notwendig wäre. Neben inhaltlichen Fragen, stellen sich Fragen bezüglich des Beteiligungsverfahrens. Ein Vertreter des Umweltministeriums hat in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Landtags am 9. September 2020 angekündigt, dass die Bergbehörde die für die Zeit zwischen dem 31.08. und dem 27.09.2020 geplante Online-Konsultation aufgrund eines möglichen Verfahrensfehlers bezüglich der Informationsfristen neu starten wird. Damit stellt sich umso mehr die Frage, ob eine endgültige Entscheidung über den Antrag in diesem Jahr möglich ist und welche Konsequenzen es hätte, sollte dies nicht möglich sein. Zudem blieb in der oben genannten Sitzung die Frage offen, auf welcher rechtlichen Grundlage die Bezirksregierung Arnsberg eine Ungleichbehandlung von Trägern öffentlicher Belange und den restlichen Einwenderinnen und Einwendern vornahm, indem erstere postalisch benachrichtigt wurden, letztere hingegen nur über Wege der öffentlichen Bekanntmachung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11428 2 Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4322 mit Schreiben vom 12. Oktober 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Inneren und des Ministers für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung beantwortet. 1. Welche Konsequenzen hätte es für den Betrieb des Tagebaus Hambach, sollte eine Entscheidung über den Antrag auf wasserrechtliche Erlaubnisse nicht mehr im Jahr 2020 getroffen werden können? Das Beteiligungsverfahren für die Entscheidung über die beantragte wasserrechtliche Erlaubnis für die Entnahme und Ableitung von Grundwasser für den Zeitraum 2021-2030 steht kurz vor seinem Abschluss. Parallel zum Beteiligungsverfahren werden die eingereichten Antragsunterlagen behördlich geprüft. Die Landesregierung geht davon aus, dass das Verwaltungsverfahren im Jahr 2020 abgeschlossen werden kann. 2. Inwiefern binden nach Rechtsauffassung der Landesregierung einschlägige Gesetze wie das Wasserhaushaltsgesetz in Genehmigungen einem bergbautreibenden Unternehmen wie RWE nur die Mengen Grundwasser zur Sümpfung zu erlauben, die für die geplante Fortführung des Tagebaus absolut notwendig sind? § 12 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) regelt die Voraussetzungen für die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis sowie das diesbezügliche Bewirtschaftungsermessen der zuständigen Behörde. Sowohl für die Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 WHG als auch für die Ausübung des Bewirtschaftungsermessens nach § 12 Abs. 2 WHG ist zu klären, in welchem Umfang die Entnahme und Ableitung von Grundwasser notwendig ist. 3. Inwiefern hält die Landesregierung es für notwendig, dass RWE seine Planungen zur Fortsetzung der Entnahme und Ableitung von Grundwasser für die Entwässerung des Tagebaus Hambach für den Zeitraum 2021 bis 2030 an die im „Kohleausstiegsgesetz“ festgelegten substanziellen Einschränkungen des Tagebaus Hambach angepasst? Der Betrieb der Tagebaue erfolgt auf der Grundlage geltender Braunkohlenpläne und nach Fachrecht erteilter Genehmigungen. Aus den gesetzlichen Regelungen zur Beendigung der Kohleverstromung ergibt sich der Bedarf für eine neue Leitentscheidung der Landesregierung, in deren Folge Braunkohlenpläne anzupassen sind. Wenn sich aus diesem Prozess zu beachtende Vorgaben für eine geänderte Tagebauführung ergeben, wird RWE die Planungen zur Fortsetzung der Entnahme und Ableitung von Grundwasser für die Entwässerung des Tagebaus Hambach anzupassen haben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11428 3 4. Auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgte die Ungleichbehandlung von Trägern öffentlicher Belange und sonstigen Einwenderinnen und Einwendern dergestalt, dass erstere postalisch eine persönliche Einladung erhalten haben letztere hingegen nur über öffentliche Bekanntmachung über den Zeitpunkt der Online- Konsultation zum wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren Tagebau Hambach informiert wurden? 5. Inwiefern entspricht es der behördlichen Praxis in Nordrhein-Westfalen Träger öffentlicher Belange im Zuge von Planfeststellungsverfahren über Erörterungstermine postalisch persönlich einzuladen, auch wenn die sonstigen Einwenderinnen und Einwender aufgrund des Überschreitens der nach § 73 Absatz 6 Satz 5 Verwaltungsverfahrensgesetz festgesetzten Anzahl von 50 Einwenderinnen und Einwendern nur öffentliche Bekanntmachungen informiert werden? Fragen 4 und 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Benachrichtigung der zur Teilnahme an der Online-Konsultation Berechtigten hat so zu erfolgen, wie dies bei einem Erörterungstermin geschehen würde. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 3 Satz 2 Plansicherstellungsgesetz (PlanSiG) i. V. m. § 73 Abs. 6 Satz 2 bis 4 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). § 73 Absatz 6 Satz 4 VwVfG NRW berechtigt die Behörde, den Erörterungstermin gegenüber denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, unter Verzicht auf individuelle Benachrichtigungen öffentlich bekannt zu machen, soweit andernfalls (ohne Einrechnung von Benachrichtigungen an Behörden und den Vorhabenträger) mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen wären. Diese Verfahrenserleichterung gilt jedoch nicht für die Benachrichtigung der Behörden und des Vorhabenträgers, die nach § 73 Absatz 6 Satz 3 VwVfG NRW stets individuell zu benachrichtigen sind. Die Träger öffentlicher Belange wurden daher mit Schreiben vom 20.08.2020 und Versand am 24.08.2020 schriftlich per Post eingeladen. Aus verfahrensökonomischen Gründen wurde in Anbetracht der Anzahl von ca. 2.400 Einwendungen auf eine individuelle Benachrichtigung verzichtet. Die sonstigen möglicherweise Betroffenen in dem Verfahren sind der verfahrensführenden Behörde nicht bekannt. Eine Benachrichtigung dieses Personenkreises ist damit nicht möglich. Hierfür war zwingend eine öffentliche Bekanntmachung erforderlich. Eine zusätzliche persönliche Benachrichtigung der Einwenderinnen und Einwender war daher, auch im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes, nicht geboten.