LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11496 13.10.2020 Datum des Originals: 13.10.2020/Ausgegeben: 19.10.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4372 vom 18. September 2020 des Abgeordneten Prof. Dr. Karsten Rudolph SPD Drucksache 17/11034 Was tut die Landesregierung gegen ÄrztInnen, die missbräuchlich Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht ausstellen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Handel, der Gastronomie, dem ÖPNV und an vielen Arbeitsplätzen gilt derzeit eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Auch in weiterführenden Schulen herrscht außerhalb des Unterrichts Maskenpflicht. Zu Beginn des Schuljahres 2020/2021 galt die Regelung sogar während des Unterrichts. Masken-Verweigerern droht die Landesregierung mit empfindlichen Bußgeldern zwischen 50 und 150 Euro. Der Pflicht zum Tragen eines Mund- Nasen-Schutzes wird also eine erhebliche Bedeutung beigemessen, sie kann daher nur mittels eines ärztlichen Attests aufgehoben werden. Im Verein „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie e.V.“ haben sich derweil Personen zusammengeschlossen, die wissenschaftlich fragwürdige Positionen vertreten und auf deren Website der Sinn einer Maskenpflicht in Frage gestellt wird.1 Dazu passend findet sich auf der Website ein „Aufruf an alle ärztlichen Kolleginnen und Kollegen“, „[…] sorgfältig zu prüfen, ob sie nicht auch bei Ihren betroffenen Patienten in den genannten Fällen eine Befreiung von der Gesichtsschutzmaske attestieren können.“2 Außerdem findet sich auf der Website eine Liste mit ÄrztInnen, die vom Verein zur Konsultation in dieser Sache empfohlen werden, darunter viele ÄrztInnen aus Nordrhein-Westfalen.3 Offenbar nehmen es auf dieser Liste befindliche ÄrztInnen mit der „sorgfältigen Prüfung“ nicht ganz so genau und werden aus diesem Grund empfohlen. So mehren sich Berichte über Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht, die empfohlene ÄrztInnen freihändig und ohne persönliche Konsultation ausgestellt haben. 1 https://www.mwgfd.de/ 2 https://www.mwgfd.de/wp-content/uploads/2020/07/Aufruf-an-alle-%C3%A4rztlichen-Kolleginnenund -Kollegen_final-1.pdf 3 https://www.mwgfd.de/unterstuetzung-bei-maskenbefreiungs-attesten/ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11496 2 Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 4372 mit Schreiben vom 13. Oktober 2020 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Sind der Landesregierung die Aktivitäten des Vereins „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie e.V.“ bekannt? (Bitte Erkenntnisse erläutern.) Dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) ist der Internetauftritt des Vereins „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie e.V.“ (MWGFD) im Rahmen der Recherche zu einer Presseanfrage bekannt geworden. Über den Inhalt der Homepage hinaus liegen keine Erkenntnisse vor. 2. Was unternimmt die Landesregierung gegen in Nordrhein-Westfalen ansässige ÄrztInnen, die sich auf der Liste des Vereins befinden und offenbar ohne medizinische Konsultation ärztliche Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht ausstellen? Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales führt die Rechtsaufsicht über die Heilberufskammern und hat keine Möglichkeit, unmittelbar gegen Ärzte vorgehen zu können. Die Ausübung der Berufsaufsicht über Ärztinnen und Ärzte liegt in der Zuständigkeit der Ärztekammern. Die Ärztekammer Nordrhein und die Ärztekammer Westfalen-Lippe wurden vom rechtsaufsichtführenden Referat des MAGS darauf hingewiesen, dass sich auf der Website des Vereins „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie e.V.“ eine Liste mit Unterstützern des Vereins zu finden ist. Die Ärztekammern wurden aufgefordert, die Liste auf Mitglieder ihres Kammerbereichs hin zu überprüfen und das berufsaufsichtsrechtlich Erforderliche zu veranlassen, wenn Ärztinnen und Ärzte, ob sie nun auf der Liste des Vereins stehen oder nicht, ohne ärztliche Untersuchung oder unter Verstoß gegen die ärztliche Sorgfalt ärztliche Zeugnisse bezüglich des Tragens von Mund-Nase- Bedeckungen ausstellen. Es ist beispielsweise bekannt, dass in einem Fall das betroffene Mitglied von der zuständigen Ärztekammer aufgefordert wurde, die Werbung für ein Angebot zur Erteilung einer Befreiung auf Wunsch unverzüglich einzustellen und hierüber eine Erklärung abzugeben. Diese Erklärung wurde abgegeben und die Werbung entfernt. In einem anderen Fall wurde ein Mitglied, das Bescheinigungen ausschließlich auf der Basis von Videokontakten angeboten hatte, auf den ärztlichen Pflichtenverstoß hingewiesen. Die Kammer hat in diesem Fall auch nachdrücklich auf die Verpflichtung zum Ausstellen richtiger Gesundheitszeugnisse hingewiesen und eine Verzichtserklärung verlangt. Diese wurde abgegeben. Die Ärztekammern sind der Auffassung, dass ein solches Vorgehen nicht der von Ärztinnen und Ärzten geschuldeten Sorgfalt entspricht.