LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11502 14.10.2020 Datum des Originals: 14.10.2020/Ausgegeben: 20.10.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4325 vom 15. September 2020 des Abgeordneten Sven Wolf SPD Drucksache 17/10981 Geschwindigkeitsübertretungen, Gefährdungspotential und Lärmbelästigung auf der BAB 1 in Remscheid Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Erneut ist es am 7. September 2020 zu einem schweren Unfall mit Todesfolge auf der Bundesautobahn A 1 in Remscheid in Höhe der Auffahrt Remscheid Lennep in Richtung Leverkusen gekommen. Laut Angaben der Polizei ist an dem Montagmorgen der Kfz-Fahrer auf einen Lkw aufgefahren . Ersten Ermittlungen zufolge verließ der Lastwagenfahrer mit seinem Fahrzeug gegen 7 Uhr die Tank- und Rastanlage Remscheid und fuhr auf die Autobahn in Richtung Saarbrücken auf. Als er sich auf dem Beschleunigungsstreifen befand kollidierte der PKW aus bislang ungeklärten Gründen mit dem Heck des LKWs. Der Verkehr wurde bis mittags ab der Anschlussstelle Remscheid komplett gesperrt. Die Statistik zeigt, dass die Zahl der bei Straßenverkehrsunfällen Verstorbenen insgesamt eher rückläufig ist – laut Meldung des Statistischen Bundeamts vom 14.07.2020 ein Rückgang von 7 % in 2019 gegenüber dem Vorjahr. Laut Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes („Zahl der Woche“) vom 14.01.2020 ist jedoch eine nicht angepasste Geschwindigkeit für 46 % der Verkehrstoten auf Autobahnen mitverantwortlich. Im Jahr 2018 sind bei Unfällen auf den deutschen Autobahnen 424 Menschen ums Leben gekommen, davon war eine nicht angepasste Geschwindigkeit in 196 Fällen mitverantwortlich. Dies galt nicht nur für Strecken ohne Tempolimit, sondern auch für Streckenabschnitte mit Geschwindigkeitsbegrenzung der tödlich Verunglückten (bei 50 % der Verkehrstoten eine Unfallursache). Initiativen seitens der Stadt Remscheid, in diesem Abschnitt gesonderte Geschwindigkeitsmessungen und Messungen des Lärmpegels in dem entsprechenden Abschnitt zwischen der Raststätte Remscheid und der Ausfahrt Lennep vorzunehmen, sind bisher von der Bezirksregierung als nicht notwendig erachtet worden oder ergaben aufgrund technischer Probleme der Messausstattung und Messverfahren keine auswertbaren Daten. Eine solide Datenlage zum entsprechenden Abschnitt liegt mithin nicht vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11502 2 Der aktuelle Unfall ist als Indikator für eine bestehende Gefährdungslage an diesem Abschnitt zu sehen und zeigt auf, dass Handlungsbedarf zur Prävention künftiger Unfälle besteht. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4325 mit Schreiben vom 14. Oktober 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Verkehr beantwortet. 1. Welche Erkenntnisse liegen darüber vor, ob bei dem Unfallhergang eine überhöhte Geschwindigkeit ursächlich gewesen ist? Entgegen der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage 4325 ereignete sich das konkrete Unfallgeschehen am 07.09.2020 nicht in Höhe der Auffahrt der Anschlussstelle Remscheid-Lennep, sondern in Höhe der im weiteren Verlauf benannten Auffahrt der Tank- und Rastanlage Remscheid , Richtungsfahrbahn Saarbrücken. Ein Verkehrsunfall mit Getöteten ist für das Jahr 2020 für den Bereich der Anschlussstelle Remscheid-Lennep polizeilich nicht bekannt. Die Ursachenermittlung zum Unfallgeschehen am 07.09.2020 dauert gegenwärtig noch an. Ein technischer Defekt am PKW des Verursachers wird nicht ausgeschlossen. 2. Wie stellt sich die Entwicklung der Unfallzahlen in dem betreffenden Abschnitt im Zeitraum der letzten 5 Jahre im Vergleich zu anderen Abschnitten der Autobahn A 1 dar? Die Streckenabschnitte divergieren in Bezug auf die jeweiligen Ausbauzustände, -verläufe und Topografien, beziehungsweise weisen Unterschiede in der Verkehrsbelastung und -zusammensetzung auf. Ein direkter Vergleich der Abschnitte kann daher nur bedingt erfolgen. In der Gesamtbetrachtung zeigt sich das Verkehrsunfallgeschehen im betreffenden Streckenabschnitt jedoch unauffällig. Die Darstellung der Verkehrsunfalllage in vier Teilabschnitten der BAB 1 für die Jahre 2016 bis 2020, jeweils vergleichbar für die Monate Januar bis August, ist der Anlage 1 zu entnehmen . 3. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung zur Verhütung schwerer Unfälle auf dem Abschnitte der A 1 ergreifen? Im angesprochenen Abschnitt der BAB 1 liegt gemäß einer Auswertung der zuständigen Kreispolizeibehörden keine Unfallhäufungsstelle oder Unfallhäufungslinie vor. Daher besteht für die Unfallkommission – einem Gremium unter Leitung der Straßenverkehrsbehörde gemeinsam mit dem Straßenbaulastträger und der Polizei Nordrhein-Westfalen – derzeit kein Anlass, für diesen Streckenabschnitt über weitere Verkehrssicherungsmaßnahmen oder Maßnahmen zur Änderung der Verkehrssituation zu beraten. Geschwindigkeitsverstöße werden durch die Polizei Nordrhein-Westfalen auch im Abschnitt der BAB 1 zwischen der Raststätte Remscheid und der Autobahnausfahrt Lennep konsequent verfolgt und geahndet. Im genannten Streckenabschnitt, Richtungsfahrbahn Saarbrücken, wurden im Jahr 2020 bisher acht Einsätze zur repressiven technischen Verkehrsüberwachung durchgeführt. Es ist beabsichtigt, auch weiterhin technische Verkehrsüberwachungsmaßnahmen durchzuführen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11502 3 4. Unterstützt die Landesregierung Geschwindigkeits- und Lärmmessungen im Abschnitt der BAB 1 zwischen Raststätte Remscheid und der Autobahnausfahrt Lennep ? Zu Geschwindigkeitsmessungen siehe Frage 3. Bezüglich der Durchführung von Lärmmessungen ist darauf hinzuweisen, dass in der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung und den Richtlinien für den Verkehrslärmschutz festgelegt ist, dass der Beurteilungspegel nach den Richtlinien für Lärmschutz an Straßen (RLS-90) zu berechnen ist. Die anzuwendende Lärmberechnung basiert auf einem Verfahren, das eine einheitliche Beurteilung der Lärmsituation gewährleistet. Bei der Berechnung der Beurteilungspegel werden die relevanten Faktoren wie Verkehrsaufkommen, zulässige Geschwindigkeit, Beschaffenheit der Straßenoberfläche, Steigung, Abstand zwischen Emissionsort (Straße) und Immissionsort (betroffene Gebäude), LKW-Anteile und topographische Gegebenheiten berücksichtigt. Darüber hinaus wird immer von einer Mitwindsituation von der Straße zum Anlieger ausgegangen, auch wenn diese nicht häufiger ist als eine Gegenwindsituation. Das Rechenverfahren ist so konzipiert , dass in der Regel höhere Pegelwerte errechnet werden, als bei Messungen festzustellen sind. Dies ist als Vorteil für die Betroffenen zu werten. Nach den Lärmberechnungen des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen für den n Rede stehenden Abschnitt der BAB 1 sind die Voraussetzungen für die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung aus Lärmschutzgründen nicht erfüllt. 5. Unterstützt die Landesregierung Maßnahmen für eine Reduzierung der Geschwindigkeit in dem betreffenden Abschnitt der BAB 1? Gemäß § 45 Absatz 9 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) dürfen Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs, wie zum Beispiel Geschwindigkeitsbeschränkungen, nur dann angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der durch die StVO geschützten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie die Verkehrsfunktion der Straße zu beachten. Da im angesprochenen Abschnitt der BAB 1 diese Voraussetzungen weder aufgrund der Unfallsituation noch aus Lärmschutzgründen vorliegen, sieht die Bezirksregierung als zuständige Straßenverkehrsbehörde keine Möglichkeit zur Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung. Diese Entscheidung ist aus Sicht der Landesregierung ermessensfehlerfrei und insofern nicht zu beanstanden. Anlage 1 zur Frage 2 der Kleinen Anfrage 4325 des Abgeordneten Sven Wolf der Fraktion der SPD „Geschwindigkeitsübertretungen, Gefährdungspotential und Lärmbelästigung auf der BAB 1 in Remscheid“, LT-Drs. 17/10981 Anzahl der Verkehrsunfälle Remscheid- Lennep bis Remscheid Remscheid bis Tank&Rast-Anlage Remscheid Tank&Rast-Anlage Remscheid bis Wermelskirchen Wermelskirchen bis Burscheid Verkehrsbelastung Dauerzählstelle Schloß Burg Jahr 2020 Januar-August Kategorie 1 0 0 0 0 kein Wert Kategorie 2 0 1 1 2 Kategorie 3 3 0 0 3 Kategorie 4 0 0 0 2 Jahr 2019 Januar-August Kategorie 1 0 0 0 0 kein Wert Kategorie 2 1 0 1 7 Kategorie 3 2 1 2 4 Kategorie 4 2 1 1 3 Jahr 2018 Januar-August Kategorie 1 0 0 0 0 84.651 Kategorie 2 0 0 1 6 Kategorie 3 2 1 3 4 Kategorie 4 1 1 1 8 Jahr 2017 Januar-August Kategorie 1 0 0 0 0 89.487 Kategorie 2 0 1 1 4 Kategorie 3 0 1 1 5 Kategorie 4 0 0 2 12 Jahr 2016 Januar-August Kategorie 1 0 0 1 0 83.407 Kategorie 2 3 1 5 7 Kategorie 3 3 1 3 4 Kategorie 4 0 1 2 3 Verkehrsunfall der Kategorie 1 = Verkehrsunfall mit Getöteten Verkehrsunfall der Kategorie 2 = Verkehrsunfall mit Schwerverletzten Verkehrsunfall der Kategorie 3 = Verkehrsunfall mit Leichtverletzten Verkehrsunfall der Kategorie 4 = Verkehrsunfall mit schwerwiegendem Sachschaden Verkehrsbelastung = Durchschnittlicher Tagesverkehr von Montag bis Sonntag, Kraftfahrzeuge pro 24 Stunden