LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11503 14.10.2020 Datum des Originals: 14.10.2020/Ausgegeben: 20.10.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4296 vom 8. September 2020 des Abgeordneten Dr. Dennis Maelzer SPD Drucksache 17/10921 Ausweitung der Kinderkrankentage in Corona-Zeiten. Wie hilft die Landesregierung ihren Landesbeamten mit Kindern? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Herbst und der Winter stehen vor der Tür und damit eine neue Erkältungswelle. In Corona- Zeiten haben jedoch viele Familien ihren Anspruch auf die Betreuung erkrankter Kinder bereits aufgebraucht. Die Bundesregierung hat daher die Ausweitung der Kinderkrankentage bei einem Kinde von bis zu 20 auf bis zu 30 Tagen, bei zwei Kindern von bis zu 40 auf bis zu 50 Tage und bei drei und mehr Kindern von bis zu 50 auf bis zu 60 Tage verkündet. Dies gilt für gesetzlich Versicherte. Für Beamtinnen und Beamte sowie andere privat Krankenversicherte gilt die Regelung des § 45 SGB V nicht. Sind beide Elternteile Beamte, so hat jeder einen entsprechenden Freistellungsanspruch. Ist hingegen der andere Elternteil gesetzlich, das Kind aber privat versichert, so verdoppelt sich der Freistellungsanspruch des Beamten nicht, während der Anspruch auf Krankengeld beim gesetzlich versicherten Elternteil entfällt. Im Bundesbeamtenrecht wird den Beamten Sonderurlaub von 4 Tagen zur Verfügung gestellt, Erholungsurlaub können sie im Schuldienst nicht einreichen, da dieser mit den Schulferien abgegolten ist. Es liegt allerdings im Ermessen der Vorgesetzten, ob Sonderurlaub gewährt wird. Manche Bundesländer nehmen für ihre Beamtinnen und Beamten, deren Bezüge unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung liegen, ausdrücklich Bezug auf die Regelung des § 45 SGB V. Da Beamte im Sonderurlaub kein (vermindertes) Krankengeld, sondern weiterhin die vollen Bezüge erhalten, wird allerdings die Anzahl der Tage oft entsprechend gekürzt. Die Corona-Krise bringt hier aber neue Herausforderungen mit sich. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4296 mit Schreiben vom 14. Oktober 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11503 2 1. Wie hat sich die Zahl der Abwesenheiten vom Dienst bei den Beschäftigten des Landes aufgrund von Erkrankungen der Kinder im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entwickelt? Nach den vorliegenden Daten ist im Vergleich des 1. Halbjahres 2019 zum 1. Halbjahr 2020 insgesamt ein Rückgang an Abwesenheitstagen festzustellen. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass eine isolierte Betrachtung unabhängig von der Entwicklung der Beschäftigtenzahl sowie der Anzahl betreuungsbedürftiger Kinder nur bedingt aussagekräftig ist. Eine zentrale Auswertung durch das LBV ist nur für die Regierungsbeschäftigten möglich, da Dienstbefreiungen von Beamtinnen und Beamten keine Auswirkungen auf die Besoldung haben. Abwesenheitstage Regierungsbeschäftigte 1. Halbjahr 2019 1. Halbjahr 2020 16.324 10.988 Eine daneben erfolgte Abfrage bei den Ressorts ergab die nachfolgenden Abwesenheitszeiten im Beamten- und Tarifbereich in den Ressorts und den jeweiligen Geschäftsbereichen, soweit diese dort abrufbar waren bzw. mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden konnten. Abwesenheitstage 1. Halbjahr 2019 1. Halbjahr 2020 Ressort mit eigenem Geschäftsberei ch Beamtinnen/Bea mte Tarifbeschäfti ge Beamtinnen/Bea mte Tarifbeschäftig te STK, MBEI 18 28 14 33 FM 3.198 505 2.595 464 IM1 525 236 362 139 JM2 2.812,5 773,5 2.555 772 MHKBG 36 4 20 2 MAGS 62 35 29 53 MKFFI 30 16 30 22 MSB3 101 26 101 51 1. Halbjahr 2019 1. Halbjahr 2020 Ressort mit eigenem Geschäftsberei ch Beamtinnen/Bea mte Tarifbeschäfti ge Beamtinnen/Bea mte Tarifbeschäftig te MKW4 68 146 31 60 1 Die Aufstellung berücksichtigt nicht den Bereich „Polizei“ (Kreispolizeibehörden, LKA, LZPD, LAFP) sowie die BezReg Arnsberg, IöV, FAH und IdF, da nicht in allen Behörden derartige Daten vorhanden oder mit vertretbarem Arbeitsaufwand ermittelbar sind. 2 Mehrere Justizvollzugsanstalten sowie Obergerichte und eine Mittelbehörde haben Fehlanzeige erstattet bzw. mitgeteilt, dass eine Beantwortung in der Kürze der Zeit nicht möglich sei. 3 Für die Gewährung von Sonderurlaub der Lehrerinnen und Lehrer sind die Schulleiterinnen und Schulleiter zuständig. Es werden weder schulübergreifend noch an den einzelnen rd. 4.900 öffentlichen Schulen Listen oder Statistiken geführt, weshalb eine landesweite Aufstellung nicht mit zumutbarem Aufwand leistbar ist. 4 Die Angaben der Hochschule für Musik erfolgten für das gesamte Jahr 2019 und für 2020 bis zum Stand 16.09.2020. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11503 3 MWIDE 97 100 52 98 VM 27 4 17 1 MULNV5 62 100 53 49 Gesamt 7.036,5 1.973,5 5.859 1.744 9.010 7.603 2. Sieht die Landesregierung nach der Ausweitung der Kinderkrankentage für gesetzlich Versicherte unter Corona-Bedingungen auch einen Bedarf, die Freistellungsmöglichkeiten für Landesbeamte auszuweiten? Derzeit kann Beamtinnen und Beamten in NRW, deren Besoldung die Jahresarbeitsentgeltgrenze von zurzeit 62.550 EUR nicht überschreitet, Sonderurlaub unter Fortzahlung der Besoldung im Falle der Erkrankung eines Kindes unter zwölf Jahren oder eines behinderten und auf Hilfe angewiesenen Kindes von jährlich längstens 10 Tagen pro Kind und maximal 25 Tagen und für Alleinerziehende von längstens 20 Tagen pro Kind und maximal 50 Tagen gewährt werden. Insofern verweist § 33 Abs. 1 Satz 7 FrUrlV NRW auf § 45 Abs. 2 SGB V. Die für das Jahr 2020 am 18.09.2020 im Bundestag beschlossene Ergänzung des § 45 SGB V wird am 09.10.2020 im Bundesrat beraten. Sofern der Bundesrat dieser Ergänzung zustimmt, soll sie für die Beamtinnen und Beamten in NRW unterhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze übernommen werden. Eine entsprechende Ergänzung wurde in den Entwurf der Dritten Änderungsverordnung zur Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW aufgenommen werden, welche mittlerweile ausgefertigt wurde. 3. Welche Möglichkeiten haben die Eltern unter Corona-Bedingungen, diese Krankentage untereinander aufzuteilen, wenn das Kind privat beim Landesbeamten mitversichert ist und der Partner gesetzlich versichert ist? Versicherte, die gesetzlich krankenversichert sind, haben nach § 45 SGB V Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, dass sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere in ihrem Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Der Anspruch auf Kinderkrankengeld des gesetzlich versicherten Elternteils setzt voraus, dass auch das zu betreuende Kind in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist. Der sachliche Grund für diese Beschränkung liegt im Versicherungs- und Solidaritätsgedanken, der die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) prägt. Die GKV hat die Aufgabe, die bei ihr Versicherten vor krankheitsbedingten finanziellen Risiken zu schützen. Der Schutz vor sonstigen Risiken fällt grundsätzlich nicht in die Zuständigkeit der GKV. Das Bundessozialgericht hat festgestellt, dass diese Beschränkung kein Verfassungsrecht verletzt (BSG, Urteil vom 31.03.1998 - B 1 KR 9/96 R). Soweit ein Elternteil gesetzlich krankenversichert und der andere Elternteil als Beamter beihilfeberechtigt und privat krankenversichert ist und das Kind ebenfalls über den Beamten 5 Im LANUV werden die Angaben zu Kinderkrankentagen nicht gesondert ermittelt, sodass hier eine technische Auswertungsmöglichkeit nicht besteht. Eine händische Auswertung ist aufgrund des personellen Aufwandes im Berichtszeitraum nicht möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11503 4 privat krankenversichert ist, besteht für den gesetzlich versicherten Elternteil kein Anspruch auf Kinderkrankengeld und Freistellung nach § 45 SGB V. 4. Welche Möglichkeiten zur Freistellung haben Landesbeamte, die unter der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung liegen, unter Corona-Bedingungen ihre Kinder zu betreuen? Siehe Antwort zu Frage 2. 5. Welche anderen Pläne hat die Landesregierung, um Beamtinnen und Beamte mit erkrankten betreuungsbedürftigen Kindern, in der Corona-Krise zusätzlich zu entlasten? Neben der Ausweitung der Sonderurlaubstage für Beamtinnen und Beamten bei Erkrankung ihrer betreuungsbedürftigen Kinder für das Jahr 2020 ist derzeit keine zusätzliche Entlastung geplant.