LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11576 21.10.2020 Datum des Originals: 21.10.2020/Ausgegeben: 27.10.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4362 vom 16. September 2020 des Abgeordneten Dietmar Bell SPD Drucksache 17/11021 Was hat die Landesregierung für bezahlbaren studentischen Wohnraum getan? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die angespannte Wohnungsmarktlage und die gestiegenen Wohnkosten stellen insbesondere für Studierende im mittleren und unteren Einkommensbereich eine immer größere finanzielle Belastung dar. Eine begehrte und bezahlbare Alternative sind Wohnungen in Studentenwohnheimen , deren Durchschnittsmiete bei etwa 250 Euro inklusive Nebenkosten liegt. Aber: Nur knapp zehn Prozent der Studierenden erhalten im Bundesdurchschnitt einen Wohnheimplatz. In nordrhein-westfälischen Großstädten wie Düsseldorf sind es sogar nur 6,5 Prozent. Die Lage spitzt sich weiter zu: Die Studierendenwerke NRW hatten wiederholt darauf hingewiesen, dass durch fehlende Sanierungsmittel Wohnheimplätze vom Markt gehen könnten. Zugleich fehlen finanzielle Zusagen für den Bau neuer Studentenwohnheime. Auch die Grundfinanzierung der Studierendenwerke („Zuschüsse zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Studierendenwerke “) wurde von der Landesregierung drei Landeshaushalte in Folge nicht erhöht – und damit de facto gesenkt. In keinem Bundesland sind mehr Studierende an einer Hochschule eingeschrieben als in Nordrhein-Westfalen – im Wintersemester 2019/20 waren es rund 770.000. NRW blickt auf eine lange Geschichte als europaweit erfolgreicher und bei den Studierenden beliebter Wissenschafts - und Forschungsstandort zurück. Gerade im föderalen Wettbewerb mit anderen Bundesländern ist NRW auf attraktive Studienbedingungen angewiesen – wozu auch ausreichend bezahlbarer Wohnraum gehört. Die Landesregierung hatte angekündigt, mehr für bezahlbaren studentischen Wohnraum tun zu wollen. Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 4362 mit Schreiben vom 21. Oktober 2020 namens der Landeregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Förderung des Baus von Wohnheimen für Studierende (seit 2020 auch die Sanierung) sowie der Neubau von Wohnraum für Studierende erfolgt in Nordrhein-Westfalen durch die Wohnraumförderung des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung. Das LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11576 2 Wohnraumförderungsprogramm wird aus Mitteln des Bundes und des Landes Nordrhein- Westfalen in Form von Haushaltsmitteln und Darlehen der landeseigenen Förderbank „NRW.BANK“ finanziert. Zudem stellt das Ministerium für Kultur und Wissenschaft über den Hochschulpakt in den Haushaltsjahren 2017 bis 2021 Mittel für die Sanierung von Wohnheimen zur Verfügung. Ergänzend verweise ich auf die Antworten der Landesregierung • zur Kleinen Anfrage 3349 – LT-Drs. 17/8736, • zur Kleinen Anfrage 766 – LT-Drs. 17/2095 sowie • zur Kleinen Anfrage 2052 – LT-Drs. 17/5414. 1. In welcher Höhe fördert die Landesregierung den studentischen Wohnraum in NRW? (Mit der Bitte um Auflistung und Differenzierung nach Bundes- und Landesmitteln und der jeweiligen Förderprogramme) Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen fördert die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende über zwei Förderprogramme: • Wohnungen für Studierende nach den Wohnraumförderungsbestimmungen (WFB) sowie • Wohnheime für Studierende nach den Studierendenwohnheimbestimmungen (SWB). Für die Förderung von Wohnraum für Studierende (Wohnungen und Wohnheimplätze) stehen jährlich 50 Millionen Euro aus dem Wohnraumförderungsprogramm zur Verfügung. Bei erhöhtem Mittelbedarf können zusätzliche Mittel aus dem Gesamtmittelkontingent der öffentlichen Wohnraumförderung (1,1 Milliarden Euro pro Jahr) eingesetzt werden. 2. Wie sind die Mittel im jeweiligen Förderprogramm über die Jahre abgeflossen? (Mit der Bitte um Auflistung der Förderprogramme und ausgezahlten Mittel in den Jahren 2018, 2019 und 2020) Für das Segment „Studentisches Wohnen“ sind in den Jahren 2018 und 2019 Fördermittel in Höhe von insgesamt rund 66,31 Millionen Euro bewilligt worden. Die Bewilligungen erfolgten ausschließlich im Rahmen der Studierendenwohnheimbestimmungen Programmjahr Förderergebnis 2017 17,90 Millionen Euro 2018 40,03 Millionen Euro 2019 26,28 Millionen Euro Die Abwicklung des Förderjahres 2020 ist noch nicht abgeschlossen. 3. Welche Maßnahmen zum Neubau studentischen Wohnraums hat die Landesregierung ergriffen? (Mit der Bitte um Auflistung der Maßnahmen und ausgezahlten Mittel in den Jahren 2018, 2019 und 2020) Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung Nordrhein-Westfalen fördert im Rahmen der öffentlichen Wohnraumförderung studentischen Wohnraum mit stark zinsverbilligten Darlehen und Tilgungsnachlässen. Neben Wohnungen für Studierende werden LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11576 3 auch explizit Studierendenwohnheime gefördert. Die Darlehensförderung richtet sich an Studierendenwerke und private Anbieter. Grundlage für die Förderung von Studierendenwohnheimen sind die Studierendenwohnheimbestimmungen (SWB), die jährlich fortgeschrieben werden. Gefördert werden hier an Standorten von staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen in Nordrhein-Westfalen neben dem Neubau auch die Aufstockung/Anbau und der Umbau mit wesentlichem Bauaufwand von bestehenden Studierendenwohnheimen oder von Gebäuden, die bisher nicht Wohnzwecken dienen oder dienten. Für die Förderung von studentischem Wohnraum (Neubau und Bestandsertüchtigung) steht mit dem mehrjährigen Wohnraumförderungsprogramm im Zeitraum von 2018 bis 2022 ein Sonderkontingent in Höhe von jährlich 50 Mio. Euro zur Verfügung. Zudem wurden ab 2018 die Förderkonditionen für die Studierendenwohnheimförderung verbessert . So wurden die Förderpauschalen als auch die Mietobergrenzen angehoben. Für den Bau von Studierendenwohnheimen gewährt die Landesregierung im Rahmen der Objektförderung zusätzlich zur Darlehensförderung Tilgungsnachlässe zwischen 25 % und 35 %, in Einzelfällen auch darüber hinaus. Durch die Erhöhung der Grundförderpauschalen steigt zusätzlich automatisch der jeweils anteilige Tilgungsnachlass. Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung bietet begleitend allen Fördernehmern , die geförderten studentischen Wohnraum errichten wollen, Beratung im Rahmen der Projektentwicklung an. Zudem ist gemeinsam von Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung und Ministerium für Kultur und Wissenschaft ein intensiver Dialog mit den Studierendenwerken darüber begonnen worden, wie bestehende Umsetzungshindernisse beim Bau von Studierendenwohnraum beseitigt werden und zur Verfügung stehende Fördermittel kontinuierlicher abfließen können. Ziel all dieser Aktivitäten ist, gemeinsame Strategien zur Entspannung der studentischen Wohnungsmärkte zu entwickeln und umzusetzen. In der Folge hat das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen die Förderbestimmungen für studentischen Wohnraum ab dem Förderjahr 2020 auch für Sanierungs- bzw. Modernisierungsvorhaben geöffnet. Bei den von Seiten des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen initiierten Runden Tischen zum Thema „Studentisches Wohnen befördern –Grundstücke mobilisieren – Partnerschaften organisieren“ werden im Gespräch mit allen maßgeblichen Akteuren vor Ort konkrete Lösungsstrategien zur Neuschaffung studentischen Wohnraums entwickelt. 4. Welche Maßnahmen zur Sanierung studentischen Wohnraums hat die Landesregierung ergriffen? (Mit der Bitte um Auflistung der Maßnahmen und ausgezahlten Mittel in den Jahren 2018, 2019 und 2020) Im Rahmen der öffentlichen Wohnraumförderung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen ist seit diesem Jahr auch die Modernisierung und Sanierung von Studierendenwohnheimen möglich. Ziel dieses neuen Fördersegments ist es, praxistaugliche und praxisnahe Förderbedingungen zum Erhalt des Wohnheimbestands zu schaffen. Die Förderung kann sowohl von den Studierendenwerken als auch von sonstigen Eigentümern von Wohnheimen in Anspruch genommen werden. Die Darlehensförderung erfolgt in Höhe von 100 % der anerkannten LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11576 4 förderfähigen Bau- und Baunebenkosten auf Basis eines Kostennachweises bis maximal 50.000 Euro pro Wohnheimplatz. Die Tilgungsnachlässe für die Modernisierung sind identisch geregelt wie bei Neubauten nach den SWB. Damit deckt die öffentliche Wohnraumförderung vom Neubau bis zur Sanierung erstmals alle Facetten des „studentischen Wohnens“ ab. Mit den o.g. insgesamt rund 40 Millionen Euro, die das Ministerium für Kultur und Wissenschaft in den Haushaltsjahren 2017 bis 2021 zur Erhaltung von stark sanierungsbedürftiger Bausubstanz zur Verfügung stellt, kann der Abbau mehrerer Hundert Wohnheimplätze verhindert werden . Besonders vom Sanierungsstau betroffene Studierendenwohnheime der Studierendenwerke Bonn, Essen-Duisburg, Münster und Paderborn können dadurch erhalten und wieder zeitgemäß und nachhaltig vermietet werden. In 2018 wurden 14,4 Millionen Euro und in 2019 12,3 Millionen Euro an die vier Studierendenwerke ausgezahlt. In 2020 sind 5,8 Millionen Euro eingeplant. In diesem Rahmen werden den genannten Studierendenwerken 40 % der Gesamtbaukosten zur Verfügung gestellt. Die verbleibenden 60 % der Kosten müssen aus Eigenmitteln oder durch die Aufnahme eines Darlehens aufgebracht werden.