LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1160 13.11.2017 Datum des Originals: 13.11.2017/Ausgegeben: 16.11.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 381 vom 5. Oktober 2017 des Abgeordneten Rüdiger Weiß SPD Drucksache 17/860 Soll ein Nebentätigkeitserlass für Nicht-Pädagogen an Berufskollegs jetzt ein fehlendes Konzept der Landesregierung zur aktuellen und zukünftigen Unterrichtsversorgung ersetzen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In vielen Bereichen des Berufskollegs in NRW fehlen Lehrkräfte. Besonders die Fachbereiche Elektrotechnik und Maschinentechnik mit ihren verwandten Fächern sind von diesem Mangel betroffen. Es fehlen Schätzungen zufolge 1200 Lehrkräfte bis zum Jahr 2025. Seit Jahren ergreift das Ministerium für Schule und Bildung (ehemals Weiterbildung) Sondermaßnahmen, um den Unterrichtsbedarf in diesen Fächern zu decken. Zuletzt wurde ein Dualer Master of Education eingeführt, um Bachelor-Hochschulabsolventen einen stipendierten Zutritt zum Lehramt zu ermöglichen. Diese Maßnahmen zeigen nun erstmals Wirkung und es wird ein leichter Anstieg an Studierenden vermerkt. Maßnahmen, die den finanziellen Unterschied zu Anstellungen in der Industrie abmildern könnten, wie z.B. das dringend benötigte Einstiegsgehalt A14 oder Stellenzulagen für Mangelfächer, wurden bisher nicht gewährt. Dies wäre aber dringend geboten, um ein stetiges „Downgraden“ der Qualität der Lehramtsausbildung in diesen Fächern zu verhindern. Anstatt nun auf Qualität und angemessene Bezahlung für Berufskolleg-Lehrkräfte in Mangelfächern zu setzen, hat sich das Ministerium für Schule und Bildung MSB offensichtlich entschieden, einen ‚kostengünstigen‘ Nebentätigkeitserlass zu verabschieden, bei dem z.B. Fachhochschulingenieure in Rente ohne Altersbeschränkung bis zur vollen Stundenzahl unbefristet eingestellt werden können. Das Gehalt soll nach TV-L gezahlt werden. So wird die Möglichkeit der unterrichtlichen Nebentätigkeit für Absolventen von Fachhochschulen und Universitäten neuerdings auf dem Bildungsportal des Ministeriums für Schule und Bildung präsentiert. Zur Einordnung: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1160 2 Auf der Seite des Bildungsportals heißt es: „Um eine Verbesserung der aktuellen und künftigen Unterrichtsversorgung zu erreichen, setzt das Schulministerium in Nordrhein-Westfalen (MSB NRW) auch mit Unterstützung durch die Wirtschaftsverbände und Kammern ein umfassendes Aktionsprogramm um. Teil dieses Aktionsprogramms ist auch die Möglichkeit, nebenberuflich an Berufsschulen zu unterrichten.“ … und weiter: „Deshalb möchte das Ministerium für Schule und Bildung in Abstimmung mit den Spitzenorganisationen der Wirtschaft, technischen Fachkräften (Ingenieurinnen und Ingenieure) aus der Wirtschaft mit Universitäts- und Fachhochschulabschluss die Möglichkeit eröffnen zu prüfen, inwieweit sie sich für eine nebenberufliche Lehrtätigkeit im Berufskolleg zur Verfügung stellen können.“ Die Minister für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 381 mit Schreiben vom 13. November 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. 1. Da mehrfach von einer Tätigkeit in der ‚Berufsschule‘ gesprochen wird, drängt sich die Frage nach der Einsetzbarkeit der Rentner/innen und anderen nebenberuflichen Ingenieuren als Hilfslehrkräfte auf. Sollen sie ausschließlich in Bildungsgängen der Berufsschule Anlage A eingesetzt werden, dem Ort, an dem die Kammern und Wirtschaftsverbände großen pädagogischen und erzieherischen Nachholbedarf bei der Ausbildungsreife der Jugendlichen sehen sowie in den Internationalen Förderklassen? Die erfolgreiche Akquise geeigneter jeweils in den letzten 3 Jahren aus dem aktiven Dienst ausgeschiedener Lehrkräfte und deren Einsatz erfolgen in Abstimmung zwischen Schulleitung und Schulaufsicht insbesondere für Fachklassen des dualen Systems. Auch der hilfsweise Einsatz von nicht pädagogisch ausgebildetem, jedoch fachlich versiertem Personal zum Beispiel für Vertretungszwecke erfolgt in der Gesamtverantwortung der Schulleitung für den Bildungsund Erziehungsauftrag. 2. Sind diese Hilfskräfte in den Augen des Ministeriums für Schule und Bildung hinreichend für die erzieherische und fachdidaktische Aufgabe ausgebildet, der Fürsorge des Landes entsprechend rechtlich für den Umgang mit Minderjährigen geschult (z.B. BASS) und bringen sie genügend fachlichen Hintergrund auch für die inklusive Ausbildung von Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten und andern, z.B. sozialen Problemen, mit? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Da diese nebenberuflichen Hilfslehrkräfte über keine anerkannten Fakultas verfügen, ist der Einsatz in Bildungsgängen, wie dem beruflichen Gymnasium, die zu einem allgemeinbildenden Abschluss führen, rechtlich ausgeschlossen. Sollen z.B. die Maßnahmen zum Erreichen des Abiturs zeitgleich mit der dualen Ausbildung (Schweizer Vorbild, Empfehlung der Enquete Handwerk, Koalitionsvertrag) eingestellt werden, sodass Schüler/innen nebenberuflicher LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1160 3 Lehrkräfte demnach den nächsthöheren Abschluss in der dualen Ausbildung nicht mehr erreichen? Das Ministerium für Schule und Bildung steht weiterhin im engen Kontakt mit den Handwerksorganisationen auf Bundes- und Landesebene. Nachdem der bereits genehmigte Schulversuch im Schuljahr 2017/18 wegen der viel zu geringen Resonanz der potentiellen Auszubildenden, die insbesondere durch eine Absenkung von der Ausbildungsvergütung verursacht war, nicht zustande gekommen ist, soll zum Schuljahr 2018/19 ein anderes, attraktiveres Modell umgesetzt werden. 4. Können sich die schon beschäftigten Werkstattlehrer/innen auf diese Stellen bewerben? Werkstattlehrerinnen und Werkstattlehrer, die einen Abschluss einer Fachhochschule besitzen, können sich für die Ausbildung über das duale Masterstudium bewerben. 5. Wann und in welchem Umfang sind genau welche Spitzenorganisationen der Wirtschaft, Wirtschaftsverbände und Kammern (IHK, AGV, Handwerkskammern), Lehrerverbände und Gewerkschaften sowie der Hauptpersonalrat Berufskolleg mit in die Entscheidung einbezogen worden, kostengünstige Hilfslehrer/innen einzustellen, anstatt die in der technischen Fachkräfteausbildung in NRW dringend benötigten und qualitativ hochausgebildeten Lehrkräfte über z.B. ein Eingangsamt A14 anzuwerben? Auf Wunsch der Wirtschaftsorganisationen wurden im Zusammenhang mit dem 10-Punkte- Programm der Landesregierung zur Umsetzung der Ergebnisse der Tenorth-Kommission grundsätzliche Rahmenbedingungen und Beispiele für die kurzzeitige, ergänzende Beschäftigung insbesondere aktiver, akademisch ausgebildeter Fachleute aus Unternehmen im Bildungsportal zur Verfügung gestellt. Die Lehrerverbände waren an der Tenorth- Kommission beteiligt.