LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11607 27.10.2020 Datum des Originals: 27.10.2020/Ausgegeben: 02.11.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4495 vom 1. Oktober 2020 des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/11263 Wie kommt die Umrüstung von Kaminöfen gemäß BImSchV in NRW voran? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Grundsätzlich ist der verstärkte Holzeinsatz bei Wärmeerzeugung anzustreben. Allerdings ist das Heizen mit Holz (und anderen festen Brennstoffen) auch mit unerwünschten Emissionen verbunden. Es sind vor allem Kohlenmonoxid und insbesondere Feinstaub, die sowohl zu Gesundheitsgefährdungen führen als auch die Umwelt belasten. Daher sind beim Heizen mit festen Brennstoffen, insbesondere mit Holz wichtige gesetzliche Anforderungen zu beachten. Zum Schutz der Umwelt hat der Bundesgesetzgeber im Jahr 2010 die Anforderungen an Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe erhöht. Dabei handelt es sich um eine Novelle der 1. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV), auch: „Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen“. Sie regelt den Betrieb von Heizungen im häuslichen Bereich und trifft unter anderem Vorgaben zu Schadstoffgrenzwerten und zugelassenen Brennstoffen. Der Betreiber hat dabei seine Holzfeuerungsanlage so zu errichten, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, wenn sie nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Die Umweltauswirkungen, die nach dem Stand der Technik unvermeidbare sind, muss er auf ein Mindestmaß beschränken. Das geben die gesetzlichen Rahmenbedingungen vor. Paragraph 26 der Verordnung regelt die Übergangsfristen für Einzelfeuerungsanlagen, die mit festen Brennstoffen arbeiten. Haushalte, die einen Holz-Kaminofen aus dem Jahr 1990 besitzen, dürfen noch bis Ende 2020 betrieben werden. Heizungen, die seit 1995 eingebaut wurden, sind erst 2024 betroffen. Für die Überwachung der Feuerungsanlagen sind örtlich die Schornsteinfeger zuständig. Die Einhaltung der vorgegebenen Grenzwerte lässt sich vorrangig durch die Durchführung einer Einzelmessung überprüfen, die bei zuständigen Schornsteinfegern beauftragt werden kann. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11607 2 Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4495 mit Schreiben vom 27. Oktober 2020 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Wie in der Vorbemerkung des Abgeordneten Norwich Rüße ausgeführt, wurde die 1. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen – 1. BImSchV) im Jahr 2010 novelliert. Grund für die Novelle waren die bundesweit insgesamt steigenden Emissionen dieser zahlenmäßig zunehmenden Anlagen, insbesondere derjenigen, die mit festen Brennstoffen wie Holz betrieben werden. Das Emissionsverhalten der Festbrennstoff-Feuerungsanlagen ist unter anderem stark abhängig vom Alter. Die 1. BImSchV beinhaltet deshalb ein nach Anlagenalter gestuftes Sanierungsprogramm mit teilweise langen Übergangsfristen. Auch wird der Einsatzzweck (Beheizung eines Einzelraumes oder eines Gebäudes) bei den Übergangsfristen berücksichtigt. Bestandsanlagen können demnach von mindestens 20 Jahren bis zu 40 Jahren betrieben werden. Das sind Zeiträume, die der üblichen technischen Nutzungsdauer der Anlagen entsprechen und in denen die Anlagen nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten als abgeschrieben gelten. Zum 01.01.2021 endet die Sanierungsfrist für Einzelraumfeuerungsanlagen - worunter die Kaminöfen fallen -, deren Typschild ein Datum zwischen dem 01.01.1985 und dem 31.12.1994 aufweist. Diese Anlagen dürfen nur weiterbetrieben werden, wenn der Nachweis über die Einhaltung der Grenzwerte nach § 26 Absatz 1 der 1. BImSchV vorliegt oder die Feuerungsanlage mit einer Einrichtung zur Reduzierung der Staubemissionen nach dem Stand der Technik nachgerüstet wurde. Der Nachweis über die Einhaltung der Grenzwerte konnte durch Vorlage einer Prüfstandsmessbescheinigung des Herstellers oder eine Messung durch eine Schornsteinfegerin oder einen Schornsteinfeger erfolgen. Stichtag war der 31.12.2013. Der Anlagenbetreiber hatte das Datum auf dem Typschild bis zum 01.01.2013 von der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin / dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger (bBSF) im Rahmen der Feuerstättenschau feststellen zu lassen. Sofern bis zu diesem Zeitpunkt keine Feuerstättenschau durchgeführt wurde, konnte die Feststellung des Datums auf dem Typschild auch im Zusammenhang mit anderen Schornsteinfegerarbeiten erfolgen. Darüber hinaus hat die/der bBSF spätestens zwei Jahre vor dem Zeitpunkt der Nachrüstung oder der Außerbetriebnahme den Betreiber über die Übergangsregelungen zu informieren. Die 1. BImSchV sieht keine Erfassung von Daten über Anzahl oder Typschilddatum von Einzelraumfeuerungsanlagen vor. Allerdings führt das Schornsteinfegerhandwerk jährlich bundesweit Erhebungen durch. Hierbei wird unter anderem die Gesamtzahl der Einzelraumfeuerungsanlagen sowie der Feuerstätten, bei denen der Zeitpunkt der Nachrüstung oder Außerbetriebnahme festgesetzt wurde, jeweils in Abhängigkeit vom Datum auf dem Typschild erfasst. Entsprechende Statistiken werden vom Landesinnungsverband des Schornsteinfegerhandwerks des Landes Nordrhein-Westfalen (LIV NRW) geführt. Die Landesverwaltung führt keine entsprechenden Statistiken. Daher wurde zur Beantwortung der Fragen der LIV NRW beteiligt, der seine Datenbank ausgewertet hat. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Schornsteinfegerhandwerk in seiner Statistik nicht das Datum der Typprüfung auf dem Typschild, wie es in § 26 der 1. BImSchV festgelegt ist, registriert, sondern LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11607 3 das Jahr der Inbetriebnahme der Feuerstätte. Da für die Sanierungsfrist 31.12.2020 nicht das Jahr 1990, sondern das Jahr 1994 maßgeblich ist, wurden – soweit vorhanden – bei der Beantwortung der Fragen beide Jahreszahlen berücksichtigt. 1. Wie viele Kaminöfen werden in Nordrhein-Westfalen aktiv betrieben, die aus den Jahren bis 1990 stammen? Entsprechend der Statistik des LIV NRW gibt es in Nordrhein-Westfalen ca. 85.000 Kaminöfen mit dem Errichtungsjahr bis 1990. Bis einschließlich des Jahres 1994 sind in Nordrhein- Westfalen ca. 98.000 Kaminöfen registriert worden. 2. Kann die Landesregierung garantieren, dass die Umstellung der Kaminöfen aus den Jahren 1990 bis Ende diesen Jahres abgeschlossen sein wird? Die 1. BImSchV schreibt keine Austauschpflicht von Einzelraumfeuerungsanlagen vor. Betreiberinnen und Betreiber von Kaminöfen mit dem Datum auf dem Typschild aus dem Zeitraum 01.01.1985 bis 31.12.1994, die den Nachweis über die Einhaltung der Grenzwerte nicht erbracht haben oder ihre Anlage nicht mit einer Staubminderungseinrichtung nach dem Stand der Technik nachgerüstet haben, müssen ihre Anlage nach dem 31.12.2020 außer Betrieb nehmen. Ein rechtswidriger Weiterbetrieb stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 Nr. 16 der 1. BImSchV dar und kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Sollte eine Feuerungsanlage entgegen den Bestimmungen der 1. BImSchV weiterbetrieben werden, kann die zuständige Ordnungsbehörde die Stilllegung anordnen und eine Geldbuße verhängen. Die Überwachung der Außerbetriebnahme der Anlagen ist in der 1. BImSchV nicht näher geregelt. Der Verordnungsgeber geht grundsätzlich von einem gesetzeskonformen Verhalten der Betreiberinnen und Betreiber aus. Gemäß § 26 der 1. BImSchV hat der/die bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger/in die Verpflichtung, die Feuerstätten einzustufen (Datum der Nachrüstung, Außerbetriebnahme oder Stilllegung) und die BetreiberInnen mindestens zwei Jahre vor dem Handlungsbedarf zu informieren. Die Einstufung der Anlagen ist in Nordrhein-Westfalen durch das Schornsteinfegerhandwerk flächendeckend entsprechend der 1. BImSchV bis zum 31.12.2012 erfolgt. Die Feuerstätten werden von der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin / dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger regelmäßig, d. h. zweimal innerhalb von 7 Jahren, im Rahmen der sogenannten Feuerstättenschau kontrolliert. Hierbei sowie ggf. bei anderen Schornsteinfegerarbeiten würde festgestellt, sofern eine Anlage nicht gesetzeskonform betrieben wird. 3. Wie viele der Kaminöfen wurden seit der Novellierung der Verordnung in 2010 ausgetauscht - bzw. wo technisch möglich - nachgerüstet, um die Einhaltung der vorgegebenen Grenzwerte zu garantieren? Grundsätzlich besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Erhebung dieser Daten. Auch in den Statistiken des Schornsteinfegerhandwerkes NRW werden diese Zahlen nicht erfasst. Der Austausch einer Feuerstätte wird in der Statistik als Neuanlage dokumentiert. Ein Vergleich der Statistiken anhand der veränderten Baujahre ist nicht zielführend, da generell neue Feuerstätten hinzugekommen sind, andere wiederum demontiert wurden. Insofern lässt sich die Anzahl der ausgetauschten oder nachgerüsteten Kaminöfen nicht ermitteln. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11607 4 4. Wie viele Fälle von Grenzwertüberschreitungen sind seit der Novellierung der Verordnung in 2010 in NRW gemeldet beziehungsweise verfolgt worden? (Bitte nach Landkreisen und Kommunen differenzieren). Wie in der Vorbemerkung dargelegt, ist für Einzelraumfeuerungsanlagen die Einhaltung der Anforderungen einmalig durch eine Typprüfbescheini- gung des Herstellers oder durch eine Messung durch das Schornsteinfegerhandwerk nachzuweisen. Werden die emissionsbegrenzenden Anforderungen eingehalten, sind für Einzelraumfeuerungsanlagen keine weiteren Messungen vorgesehen. Werden die Anforderungen nicht eingehalten, sind die betroffenen Anlagen in Abhängigkeit vom Datum auf dem Typschild und von den in der 1. BImSchV genannten Fristen entweder nachzurüsten oder außer Betrieb zu nehmen. Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung, die Nichteinhaltung der emissionsbegrenzenden Anforderungen zu melden oder zu ahnden. Insofern liegen der Landesregierung diese Zahlen nicht vor. 5. Welche Förderprogramme gibt es für die Einsetzung von Filtertechniken in privaten Kaminöfen? (Bitte Bundes- und ggf. Landesprogramme benennen) Filtertechnik für Einzelraumfeuerungsanlagen, wie Kamin-, Kachelöfen etc. wird weder durch den Bund noch durch das Land gefördert. Die Bundes- oder Landesförderung bezieht sich ausschließlich auf Partikelabscheider im Zusammenhang mit Zentralheizungsanlagen. Eine Filternachrüstung bei Einzelraumfeuerunganlagen wie Kaminöfen ist in den allermeisten Fällen weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll.