LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11609 27.10.2020 Datum des Originals: 27.10.2020/Ausgegeben: 02.11.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4494 vom 1. Oktober 2020 des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/11262 Was unternimmt die Landesregierung um die Vermarktung der Streuobstwiesenerträge voran zu bringen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Streuobstwiesen und Streuobstbestände gehören zu den Landwirtschaftsflächen mit besonders hohem Naturwert und tragen deshalb in besonderem Maße zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Nordrhein-Westfalen bei. Außerdem leisten sie mit ihren ungespritzten aromatischen Früchten einen besonders wertvollen Beitrag zur gesunden Ernährung. Um eine dauerhafte Sicherung der heimischen Streuobstwiesen zu gewährleisten, ist eine Unterstützung bei der Verarbeitung und Vermarktung der Erträge ein wichtiger Baustein. Insbesondere im Rahmen einer regionalen Vermarktung kann Streuobstwiesen nicht nur ein ökologischer, sondern auch ein ökonomischer Mehrwert zukommen. In NRW gibt es seit vielen Jahren überwiegend ehrenamtlich tätige Naturschutz- oder Heimatvereine, die in Kooperation mit der Landwirtschaft und anderen Nutzern die Obstwiesen nutzen. Auch die Obsternte wird durch viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer getragen. Die Produktpalette ist groß und umfasst neben Trockenobst, Konfitüre, Marmelade auch Liköre, Obstbrände und natürlich Fruchtsaft. Neben den regional ansässigen Mostereien bzw. Keltereien, bieten mobile Saftpressen Streuobstwiesenbesitzerinnen und -besitzern die Möglichkeit, den Saft aus ihren eigenen Äpfeln vor Ort zu gewinnen und zu vermarkten. Dies geschieht in der Regel regional über den Einzelhandel, im Biofachmarkt, auf Wochenmärkten und Hofläden. Verbraucherinnen und Verbraucher sind gerne bereit mehr für Saft aus Streuobstwiesenerträgen zu zahlen. Zum einen weil mit dem Kauf der Erhalt der Streuobstwiesen unterstützt wird, zum anderen weil der Verzicht auf den Einsatz synthetischer Pflanzenschutzmittel überzeugt. Dieses Potential gilt es zu unterstützen und auszubauen und somit Streuobstwiesen im Bestand langfristig zu unterstützen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11609 2 Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4494 mit Schreiben vom 27. Oktober 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Bildung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Das Land NRW hat im Jahr 1995 ein Gremium geschaffen, den „Koordinierungsausschuss Obstwiesenschutz NRW“. Dieser hat im Januar 1996 erstmalig getagt. Hier sind Naturschutzverbände, Fachverbände, der Baumschulverband, die Landwirtschaftskammer NRW, Mostereien, Obstwiesenvereine, der Pomologen Verein und das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vertreten und kümmern sich um die Interessen und Belange des Streuobstanbaus in NRW. Alle wichtigen Akteure im Streuobstbereich arbeiten in diesem Gremium fachlich zusammen, erörtern aktuelle Fragestellungen und Probleme. Diese Zusammenarbeit in einem Fachgremium ist einzigartig. Der Ausschuss gibt fachliche Empfehlungen an das Ministerium. Landwirte und Landbesitzer mit Streuobstwiesen bzw. die Streuobstwiesen planen und anlegen wollen, werden über die Landesinitiative pflanzengenetische Ressourcen im Obstbau (Streuobstanbau) von der Landwirtschaftskammer beraten. Der Koordinierungsausschuss hat für die Streuobstinteressierten eine Internetseite eingerichtet, die umfangreiche Informationen und Hilfestellung bietet: www.gartenbauzentrum.de/obstwiesen. 1. Wie hoch ist der Absatz von Produkten, für deren Herstellung Obst aus nordrheinwestfälischen Streuobstwiesen verarbeitet wurde? (Bitte nach Produkt differenzieren und Entwicklung der letzten 10 Jahre benennen) Es ist noch nicht bekannt, wie viele Streuobstwiesen es gibt, und wie viele Produkte es gibt. Im Rahmen der laufenden Streuobstwiesen-Kartierung in NRW werden Flächenzahlen von Streuobstwiesen erhoben. Bis Ende 2022 soll die landesweite Erfassung der Streuobstbestände abgeschlossen werden. 2. Wie viele Obstkeltereien bzw. Mostereien gibt es in NRW, die Obst von nordrheinwestfälischen Streuobstwiesen verarbeiten? (Bitte auch Anzahl der zur Verfügung stehenden mobilen Saftpressen benennen) Es ist nicht bekannt, wie viele Obstkeltereien bzw. Mostereien und mobile Saftpressen es genau gibt. Der Koordinierungsausschuss Obstwiesenschutz NRW hat eine Liste der mobilen und stationären Saftpressen (Mostereien/ Keltereien) zusammengestellt, die mit dem Koordinierungsausschuss und den Biologischen Stationen zusammenarbeiten. Demnach gibt es 23 mobile und 35 stationäre Saftpressen in NRW. Die Zahlen sind ohne Gewähr. Es wurden bereits drei Schulungen für die Betreiber von mobilen Saftpressen durchgeführt, wo es um den sicheren Umgang zur Herstellung von Obstsäften ging. Es gibt sogar sechs Obstbrennereien in NRW, die Streuobst verarbeiten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11609 3 3. Wie werden die oftmals ehrenamtlich tätigen Vereine bei der Verarbeitung von Streuobstwiesenerträgen in NRW konkret unterstützt? Das Land NRW fördert den Anbau, die Pflege und Neuanlage von Streuobstwiesen mit verschiedenen Förderprogrammen. Die Förderhöhe richtet sich nach der Fläche und der Baumzahl. Als Förderinstrumente sind die Förderrichtlinien Vertragsnaturschutz, die Richtlinien investiver Naturschutz-Managementpläne (ELER) und die Förderrichtlinie Naturschutz FöNa zu nennen. Das vom Land geförderte Projekt "Netzwerk Streuobstwiesenschutz NRW", befasst sich u.a. mit dem Erhalt alter und wertvoller Streuobstbestände, mit der Nachpflanzung von hochstämmigen Obstbäumen, der Unterstützung bei der Vermarktung von Streuobsterträgen sowie der Etablierung regionaler Beratungsstrukturen. Außerdem unterstützt das Projekt das Land bei der Erfassung der Streuobstflächen. 4. Wie werden die Besitzerinnen und Besitzer von Streuobstwiesen bei der Vermarktung der Produkte gefördert, um die Absatzchancen für Streuobstwiesenerträge in NRW zu erhöhen? Regionalvermarktungsinitiativen können ihre land- und ernährungswirtschaftlichen Erzeugnisse bei Erfüllung der Voraussetzungen unabhängig vom Besitz fördern lassen (Absatzförderungsrichtlinie). Diese Initiativen vermarkten meist auch Streuobstwiesenprodukte, insbesondere Apfelsäfte. 5. Wie wird die Vermarktung von Streuobstwiesenerträgen durch das Land zusätzlich unterstützt, beispielweise durch den Einbezug der Produkte in das Schulobstprogramm oder den Vertrieb der Produkte in landeseigenen Kantinen? (Antwort bitte begründen) Im Rahmen des EU-Schulprogramms können regionale und saisonale Obst- und Gemüsesorten, Bioprodukte sowie fair gehandelte Produkte berücksichtigt werden. Daher ist auch die Verteilung von Obst aus Streuobstwiesen an teilnehmende Einrichtungen grundsätzlich möglich. Der Einsatz von Streuobstwiesenprodukten erfolgt in vielen Kantinen auf Eigeninitiative der Betreiber und hängt vom regionalen Angebot ab.