LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11613 27.10.2020 Datum des Originals: 27.10.2020/Ausgegeben: 02.11.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4447 vom 25. September 2020 des Abgeordneten Stefan Kämmerling SPD Drucksache 17/11203 Geothermie in Nordrhein-Westfalen – wie steht die Landesregierung zur einer Fracking- Option? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Sitzung des Unterausschusses Bergbausicherheit am 25.09.2020 wurde unter dem Tagesordnungspunkt Nummer 5 der „Stand aktueller Tiefengeothermieprojekte in NRW“ behandelt. Aus dem Plenum des Unterausschusses heraus wurde die Frage an die Landesregierung gerichtet, ob bei einem der in dem Bericht mit der Drucksachennummer 17/1458 aufgeführten Tiefengeothermieprojekte der Einsatz von Fracking-Technologie vorgesehen sei. Die Landesregierung antwortete hierauf, ihr sei nicht bekannt, ob das geplant würde. Der anwesende Vertreter der RWE-Power AG erklärte in dem Zusammenhang, beim Tiefengeothermieprojekt in Weisweiler sei ein Einsatz von Fracking ausdrücklich nicht vorgesehen. Der Unterzeichner dieser Kleinen Anfrage fragte daraufhin die Landesregierung, wenn diese schon nicht wisse, ob es solche Planungen gebe, ob sie denn den Einsatz von Fracking-Technologien bei einem der in ihrem Bericht vorgestellten Tiefengeothermieprojekte gutheißen würde, sollte ihr ein solcher Wunsch von einem der Betreiber vorgetragen werden. Für die Landesregierung erklärte daraufhin Herr StS Dammermann, dass diese Landesregierung keine Suggestivfragen beantworte. Dem Unterzeichner ist nicht zugänglich, worin bei der konkreten Frage, ob die Landesregierung den Einsatz von Frackingtechnologie bei von ihr selbst in einer Unterausschusssitzung vorgestellten Tiefengeothermieprojekten befürworten würde, die unterstellte Suggestion bestehen soll. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 4447 mit Schreiben vom 27. Oktober 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11613 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die vorherige Landesregierung hat in dem am 8. Februar 2017 in Kraft getretenen Landesentwicklungsplan in Ziel 10.3-4 den Einsatz von Fracking zur Gewinnung von Erdgas in unkonventionellen Lagerstätten ausgeschlossen. In der Erläuterung hat sie klargestellt, dass sich dieses Ziel nicht auf Tiefbohrungen für andere Zwecke wie z. B. der Nutzung von Tiefengeothermie bezieht. Die Landesregierung hat in dem gemeinsamen Erlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie und des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31. August 2018 an die Bezirksregierung Arnsberg (Bergbehörde) auf zwischenzeitlich in Kraft getretene bundesgesetzliche Regelungen hingewiesen, die den Einsatz des vorgenannten Verfahrens in bestimmten Gebieten und zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas oder Erdöl in bestimmten Gesteinen (i.W. unkonventionelle Lagerstätten) ausschließen und die zudem die Anforderungen an die Prüfung der Umweltverträglichkeit u.a. von Vorhaben zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdwärme erheblich ausgeweitet haben. Für den Fall, dass Anträge auf Genehmigung eines hydraulischen Aufbrechens von Gesteinen bei Projekten der Tiefengeothermie vorgelegt werden, ist in dem Erlass ausgeführt, dass von einer Zustimmung derzeit und bis auf Weiteres nicht ausgegangen werden könne, da hier projektbezogen zu prüfen sein wird, ob noch offene Fragen zu etwaigen Risiken für die Umwelt bestehen, die vor einer Entscheidung über die beantragte Genehmigung geklärt werden müssen. Bei den von der Landesregierung in ihrer Vorlage 17/3887 vom 22. September 2020 benannten Projekten sollen hoch permeable Karbonate erkundet und ggf. genutzt werden, die natürliche Wasserwegsamkeiten aufweisen und in denen Tiefengeothermie ohne hydraulisches Aufbrechen von Gesteinen möglich ist. 1. Gab es im Zusammenhang mit den in der Drucksachennummer 17/1458 vorgestellten Tiefengeothermieprojekten Gespräche unter Beteiligung von VertreternInnen der Landesregierung, in welchen die Möglichkeit des Einsatzes von Frackingtechnologien thematisiert wurde? Die in der Frage genannte Drucksache 17/1458 befasst sich nicht mit dem Thema Tiefengeothermie. Die Landesregierung hat dem Landtag mit Vorlage 17/3887 vom 22. September 2020 über den Stand aktueller Tiefengeothermieprojekte in Nordrhein-Westfalen berichtet. Zu dem in dieser Vorlage genannten DG-ROLLOUT-Pilotprojekt in Weisweiler hat das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie in einem Gespräch am 3. April 2018 auf Ebene der Fachreferate mit dem Geologischen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen und dem damaligen Geothermiezentrum Bochum (heute Fraunhofer-Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie - Fh-IEG) die etwaige Möglichkeit oder Notwendigkeit eines hydraulischen Aufbrechens von Gesteinen im Zielhorizont angesprochen. Die genannten Beteiligten wiesen darauf hin, dass stark gestörte und damit hoch permeable Karbonate, die natürliche Wasserwegsamkeiten aufweisen, Ziel der Potenzialerkundung sei und dort Tiefengeothermie ohne hydraulisches Aufbrechen von Gesteinen möglich und ein Einsatz dieser Technologie nicht vorgesehen sei. Entsprechend haben sich Vertreter des Geologischen Dienstes und der am Tiefengeothermieprojekt „Reallabor Weisweiler“ beteiligten RWE Power AG in der Sitzung des Unterausschusses Bergbausicherheit am 25. September 2020 geäußert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11613 3 Auch die Kabel Premium Pulp & Paper GmbH hat als Inhaberin der Aufsuchungserlaubnis für ihr Projekt „Kabel-Zero“ schriftlich erklärt, dass sie ein hydraulisches Aufbrechen von Gesteinen nicht vornehmen werde. Diese Erklärung liegt dem Ministerium vor. Bei den anderen in der Vorlage 17/3887 angesprochenen Projekten handelt es sich um Projekte der Wärmespeicherung. Ein hydraulisches Aufbrechen von Gesteinen kommt bei den genannten Projekten systembedingt nicht zur Anwendung. 2. Waren VertreterInnen der Landesregierung an solchen Gesprächen zu anderen Geothermieprojekten (als den im Bericht vorgestellten) beteiligt? Am 18. April 2018 fand im Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie auf Ebene des Fachreferates ein Gespräch mit dem Inhaber der bergrechtlichen Aufsuchungserlaubnis „Salvea – Lust auf grüne Energie“ (Raum Krefeld) statt. Dabei ist auch die etwaige Möglichkeit oder Notwendigkeit eines hydraulischen Aufbrechens von Gesteinen im Zielhorizont angesprochen worden. Der Erlaubnisinhaber hat ausgeführt, dass er eine hydrothermale Nutzung anstrebe und nur im Falle, dass sich die angestrebten Zielhorizonte hierfür nicht hinreichend eignen, eine hydraulische Stimulation in Betracht ziehe. Das Ministerium hat die hohen Anforderungen erläutert, die sich aus den zwischenzeitlich in Kraft getretenen gesetzlichen Regelungen hinsichtlich des hydraulischen Aufbrechens von Gesteinen zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdwärme ergeben. 3. Gab es Anträge auf Genehmigung des Einsatzes von Frackingtechnologien im Zusammenhang mit Geothermieprojekten in Nordrhein-Westfalen? Der Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung Bergbau und Energie in NRW, bei der solche Anträge einzureichen wären, liegen keine Anträge auf Zulassung eines bergrechtlichen Betriebsplans oder auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis (Genehmigungen) für den Einsatz von Frackingtechnologien bei Tiefengeothermieprojekten in Nordrhein-Westfalen vor und solche Anträge sind ihr auch aus der länger zurückliegenden Vergangenheit nicht bekannt. 4. Hat die Landesregierung gutachterliche Erkenntnisse über Risiken des Einsatzes von Frackingtechnologien (auch) bei Projekten der Tiefengeothermie? 5. Hat die Landesregierung gutachterliche Erkenntnisse über Risiken von Tiefengeothermievorhaben? Die Fragen 4 und 5 werden wegen des gemeinsamen Bezugs auf gutachterliche Erkenntnisse gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung ist bekannt, dass es eine größere Zahl von Studien, gutachtlichen Stellungnahmen, Aufsätzen etc. gibt, die sich mit allgemeinen oder speziellen projektbezogenen Fragestellungen zu potenziellen bzw. tatsächlichen Umweltauswirkungen von Tiefengeothermie-Vorhaben und realisierten Projekten i.W. außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen gibt. Der Landesregierung liegt das von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe im November 2015 erstellte und vom Umweltbundesamt herausgegebene umfangreiche Gutachten „Tiefe Geothermie – mögliche Umweltauswirkungen infolge hydraulischer und chemischer Stimulationen“ vor. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass bei Einhaltung der bestehenden Vorschriften und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11613 4 Regelwerke sowie unter Beachtung des Standes von Wissenschaft und Technik eine Beeinträchtigung von Grundwasser im Zusammenhang mit hydraulischen und chemischen Stimulationen in der tiefen Geothermie faktisch ausgeschlossen werden könne. Ebenso sei Seismizität mit Personen- oder Sachschäden auszuschließen.