LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11651 03.11.2020 Datum des Originals: 03.11.2020/Ausgegeben: 09.11.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4543 vom 9. Oktober 2020 der Abgeordneten Sebastian Watermeier und Heike Gebhard SPD Drucksache 17/11440 Was unternimmt die Landesregierung gegen illegale Kraftfahrzeugrennen in Gelsenkirchen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit Oktober 2017 regelt § 315d (1) des Strafgesetzbuchs das Verbot von Kraftfahrzeugrennen im deutschen Straßenverkehr. Bei Ausrichtung oder Teilnahme an einem so genannten „Streetracing“ droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Ein wichtiges Gesetz, welches die „Poser- und Raserszene“ aber nur bedingt von ihrem fahrlässigen Verhalten abzuhalten scheint. Insbesondere in den Abendstunden und am Wochenende treffen sich vorwiegend junge Fahrerinnen und Fahrer, vorzugsweise in Großstädten, um auf Parkplätzen oder an anderen bekannten Treffpunkten ihre hochgetunten Fahrzeuge oftmals lautstark vorzuführen und Beschleunigungsrennen durchzuführen. Dieses Phänomen lässt sich, wie in anderen nordrhein-westfälischen Großstädten, auch in Gelsenkirchen beobachten. Hier, davon berichtet u.a. die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, fokussieren sich derartige Rennen auf den Hafenbereich Graf-Bismarck, den Parkplatz der Zoom-Erlebniswelt und des Nordsternparks, sowie auf diverse Abschnitte der Horster Straße. Neben der ohnehin von den Rennen ausgehenden hohen Gefahrenlage, beschweren sich viele Bürgerinnen und Bürger insbesondere über die entstehende Lärmbelästigung. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 4543 mit Schreiben vom 3. November 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz und dem Minister für Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Am 13.10.2017 wurde der Straftatbestand des § 315d Strafgesetzbuch (StGB) „Verbotene Kraftfahrzeugrennen“ eingeführt. Seit diesem Zeitpunkt wurde die Datenerhebung zu verbotenen Kraftfahrzeugrennen automatisiert. Bis zu diesem Zeitpunkt war eine Sanktionierung ansonsten folgenloser „illegaler Rennen“, bei denen es nicht zum Eintritt einer LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11651 2 konkreten Gefahr infolge eines gesetzlich benannten, qualifizierten Verkehrsverstoßes gekommen war, lediglich als Ordnungswidrigkeit über § 29 Straßenverkehrsordnung möglich. 1. Mit welchen Maßnahmen reagiert die Gelsenkirchener Polizei auf illegale Autorennen? Das Phänomen der Raser/Poser/Tuner ist seit mehreren Jahren im Fokus der Kreispolizeibehörde (KPB) Gelsenkirchen. Aufgrund dessen wurden nachfolgende Maßnahmen entwickelt, stufenweise durchgeführt und evaluiert: • Einrichtung einer Arbeitsgruppe • Aufbau eines Netzwerks mit themenberührten Institutionen und Behörden • Beschaffung von technischen Geräten zur Durchführung von Verkehrskontrollen • Dezentrale Fortbildungsmaßnahmen • Recherche und Auswertung sozialer Medien • Regelmäßige Schwerpunktkontrollen an identifizierten Treffpunkten zu tatrelevanten Zeiten • Lageangepasste wiederkehrende Sonderaktionstage mit Beteiligung der Netzwerkpartner • Erarbeitung eines Maßnahmenbündels im Rahmen der Netzwerkarbeit • Fertigung von Straf- und Ordnungswidrigkeitenanzeigen, Sicherstellung von Fahrzeugen, Erteilung von Platzverweisen und Bereichsbetretungsverboten, Beauftragung von Kfz-Sachverständigen zur Erstellung von Gutachten • Durchführung von Gefährderansprachen • Geschwindigkeitsüberwachung auf relevanten Strecken • Einsatzbegleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 2. Wie hoch ist der zeitliche (gemessen in Dienststunden) und personelle Aufwand, um die Poser- und Raserszene zu überwachen? (Verkehrsüberwachung) Da sich die übrigen Fragestellungen auf die KPB Gelsenkirchen beziehen, erfolgt die Beantwortung der Frage 2 ebenfalls mit Bezug zur KPB Gelsenkirchen. Der belastbare zeitliche und personelle Aufwand, ausschließlich zur Bekämpfung der Poserund Raserszene, wird in der KPB Gelsenkirchen erst seit dem Jahr 2018 erfasst. Die KPB Gelsenkirchen führte im Jahr 2019 rund 1.200 Einzelkontrollen an bekannten und potentiellen Hotspots durch. Im Jahr 2020 erfolgten bisher rund 1.400 dieser Einzelkontrollen. Zusätzlich wurden in den Jahren 2018 bis 2020 insgesamt 6 Schwerpunktaktionstage mit je 20 Polizeivollzugsbeamtinnen-/beamten und 5 Schwerpunktaktionswochenenden mit jeweils 38 Polizeivollzugsbeamtinnen-/beamten durchgeführt. Insgesamt ergibt sich damit für die Jahre 2018 bis 2020 ein zeitlicher Aufwand von rund 5.000 Personalstunden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11651 3 3. Wie hat sich der diesbezügliche Aufwand in Gelsenkirchen (gemessen in Dienststunden und Personal) in den vergangenen Jahren 2015-2020 entwickelt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren) Wie in der Beantwortung der Frage 2 dargestellt kann eine zeitliche Entwicklung der Personalstunden nur für die Jahre 2018 bis 2020 dargestellt werden. Nach Auskunft der KPB Gelsenkirchen wurden • im Jahr 2018 ca. 960 Personalstunden, • im Jahr 2019 ca. 2.200 Personalstunden, • im Jahr 2020 bisher 1.884 Personalstunden aufgewendet. 4. Wie viele Anzeigen hat es in den Jahren 2015-2020 im entsprechenden Bereich gegeben? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren) OWi-Anzeigen Verkehr Raser1 OWi-Anzeigen Verkehr Poser/Tuner¹ Strafanzeigen § 315d StGB¹ 2015 0 0 - 2016 1 0 - 2017 5 0 2 2018 0 117 3 2019 0 35 26 2020 0 56 30 5. Welches Konzept/welche Maßnahmen verfolgt die Landesregierung gegen die Poser- und Raserszene, auch um etwaigen reinen Verdrängungseffekten an andere Örtlichkeiten zuvorzukommen? Einsatzmaßnahmen in diesem Zusammenhang unterliegen einer örtlich und zeitlich hohen Dynamik und Kurzfristigkeit. Die Maßnahmen der Polizei Nordrhein-Westfalen sind gekennzeichnet durch ein konsequentes Einschreiten unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten (Null-Toleranz-Strategie). Dazu zählt unter anderem die Sicherstellung/Beschlagnahme des Führerscheines gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 1a StGB und die Vorbereitung zur Einziehung des genutzten Kraftfahrzeuges gemäß § 315f StGB. Lageangepasste Schwerpunktkontrollen sollen den Kontrolldruck erhöhen. Eingaben, Beschwerden sowie Anregungen und Hinweise der Bürgerinnen und Bürger werden zur Analyse und Leistungsverbesserung beigezogen und systematisch, mit dem Ziel durch polizeiliche Maßnahmen präventiv und repressiv auf die Klientel einzuwirken, ausgewertet und bearbeitet. Die Polizei Nordrhein-Westfalen begleitet ihre Maßnahmen zudem durch eine einsatzbegleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Durch Kommunikation der Kreispolizeibehörden untereinander sollen Verdrängungseffekte weitgehend vermieden werden. 1 Erhebung Kreispolizeibehörde Gelsenkirchen