LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11719 06.11.2020 Datum des Originals: 06.11.2020/Ausgegeben: 12.11.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4535 vom 8. Oktober 2020 der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky AfD Drucksache 17/11432 Hat die Stiftung „Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung (ZfTI)“ die Forderungen des Landesrechnungshofs umgesetzt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wie bereits in den Vorjahren soll die Stiftung für Türkeistudien und Integrationsforschung auch im Haushaltsjahr 2021 mit Haushaltsmitteln in Höhe von 741.600 Euro gefördert werden. In der Vergangenheit gab es im Zusammenhang mit der Stiftung eine schwere Rüge des Landesrechnungshofs.1,2 So war das ZfTI mit fast einer Million Euro verschuldet; vorgelegte Wirtschaftspläne wiesen Einnahmen auf, die nicht vereinnahmt werden konnten; es wurde von einem Personalüberhang gesprochen; beim ZfTI soll es hohe Bewirtungsspesen gegeben haben; zudem sei das Stiftungsvermögen aufgezehrt. Als Fazit wurde seinerzeit festgehalten, dass zwar Einnahmen durch Projekte in Höhe von 700.000 Euro ausgewiesen wurden, tatsächlich aber „kein Cent“ durch diese Projekte erwirtschaftet wurde. Die Präsidentin des Landesrechnungshofs tadelte, dass es der Stiftung seit Jahren nicht gelungen sei, die Gehälter ihrer Mitarbeiter vollständig zu erwirtschaften. Die Stiftung wurde aufgefordert, ein Entschuldungs-, Kapitalerhaltungs- und Personalkonzept vorzulegen. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 4535 mit Schreiben vom 6. November 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Im Prüfungsverfahren des Jahres 2015 monierte der Landesrechnungshof (LRH), dass sich die wirtschaftliche und finanzielle Gesamtsituation der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung als problematisch darstellt. Die Monita bezogen sich u.a. darauf, dass in den Jahren 2011 – 2013 die in den Wirtschaftsplänen ausgewiesenen Einnahmen nicht erzielt werden konnten, die Personalausgaben nicht vollständig von der institutionellen Förderung gedeckt waren, teilweise keine schriftlichen Arbeitsverträge der Beschäftigten 1 Vgl. https://www.waz.de/staedte/essen/skandal-um-essener-zentrum-fuer-tuerkeistudienid 12156244.html 2 Vgl. https://rp-online.de/nrw/tuerkei-institut-defizit-und-falscher-doktortitel_aid-19060413 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11719 2 vorlagen und bei der Prüfung der Jahresrechnungen durch die Wirtschaftsprüfer nicht der Erhalt des Stiftungsvermögens geprüft wurde. Infolgedessen hat das Kuratorium des ZfTI eine Strategiegruppe etabliert, die in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Korthäuer & Partner GmbH ein umfassendes Restrukturierungskonzept erarbeitet hat. Dem ZfTI ist es im Folgenden sowohl bei den Personalkosten als auch bei den anderen Kosten für die Restrukturierung gelungen, die von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Korthäuer & Partner GmbH eingeplanten Einsparungen mehr als geplant zu erreichen. Insgesamt hat die Restrukturierung EUR 70.000 weniger gekostet als veranschlagt. Besonders hervorzuheben ist, dass ein deutlicher Abbau von Personalkosten erzielt werden konnte. Auch die in den Wirtschaftsplänen ausgewiesenen Einnahmen aus Projekten konnten in den zurückliegenden zwei Jahren entsprechend der Planung erzielt werden. Es entsprach hierbei den Vorgaben des Restrukturierungskonzeptes, dass in der Wirtschaftsplanung Projekteinnahmen zu reduzieren sind, um damit Unsicherheiten bei der Personalkostenplanung zu minimieren. Den gesunkenen Projekteinnahmen stehen gleichzeitig auch gesunkene (Personal-) Ausgaben in diesem Bereich gegenüber. Der Erhalt des Stiftungsvermögens wird nun jährlich im Rahmen der Jahresrechnungslegung geprüft. Da das Stiftungsvermögen ganz überwiegend aus der Immobilie des ZfTI besteht, wird für diese regelmäßig ein Wertgutachten eingeholt. Ein kleinerer Anteil des Stiftungsvermögens ist unter Verwaltung der Deutsches Stiftungszentrum GmbH in Fonds angelegt. In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Stiftungsvermögen zu keinem Zeitpunkt gefährdet war. Mit Datum vom 23.01.2019 hat der LRH das Prüfungsverfahren für abgeschlossen erklärt. Der Landesregierung ist es ein Anliegen zu betonen, dass das ZfTI bundesweit ein auf seinem Forschungsgebiet herausragendes Forschungsinstitut ist. Dies wurde u.a. auch durch eine Evaluation der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft belegt. Umso erfreulicher ist es, dass die schwierige wirtschaftliche Situation aufgelöst werden konnte und das ZfTI heute dank der erfolgten Restrukturierung wieder auf einer soliden wirtschaftlichen Grundlage steht. 1. In welcher Höhe ist das ZfTI momentan verschuldet? Das ZfTI weißt in seiner Bilanz zum 31.12.2019 Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten von EUR 455.552,06 aus; hierbei handelt es sich um ein Immobiliendarlehen bei der Sparkasse Essen mit einer monatlichen Kreditrate in Höhe von EUR 2.054,14. Aus der Vermietung des Erdgeschosses der Immobilie erzielt das ZfTI demgegenüber monatliche Mieteinnahmen in Höhe von EUR 3.834,69. Alle anderen vormals bestehenden Kredite wurden zwischenzeitlich zurückgezahlt. 2. Wie hoch ist das verbliebene Stiftungsvermögen? Das Stiftungsvermögen belief sich zum 31. Dezember 2019 auf EUR 2.112.234,98. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11719 3 3. In welcher Form hat sich die aktuelle Vorsitzende der Stiftung, Staatssekretärin im MKFFI Serap Güler, seit ihrer Berufung am 01.07.2019 dafür eingesetzt, die Forderungen des Landesrechnungshofs umzusetzen? Zum Zeitpunkt der Berufung von Frau Staatssekretärin Güler zur Vorstandsvorsitzenden des ZfTI zum1. Juli 2019 waren die Forderungen des Landesrechnungshofes bereits in weitesten Teilen umgesetzt. Letzte Detailfragen konnten dann bis zur nächsten Kuratoriumssitzung am 19. November 2019 erledigt werden, in welcher der Restrukturierungsprozess als abgeschlossen erklärt wurde. 4. Welche Einnahmen wurden in den Wirtschaftsplänen seit 2017 ausgewiesen und welche Einnahmen konnten tatsächlich erzielt werden? (bitte auch differenziert für alle Projekte seit 2017 auflisten) Für das Jahr 2017 wurden im Wirtschaftsplan für folgende Projekte Einnahmen in Höhe von EUR 819.956 ausgewiesen: Projekt Soll Ist Jobstarter 343.035,00 340.122,61 Resilienzförderung 99.212,00 99.984,67 Bildungsinländer 9.791,00 21.363,86 Islamischer Religionsunterricht 80.140,70 80.218,17 Religiöser Fundamentalismus 28.613,88 22.417,60 Evaluation Wohlfahrtsverbände 13.992,36 13.775,02 Evaluation Religionsmonitor 8.095,06 7.795,05 DFG-Antrag 0,00 13.234,94 Mehrthemenbefragung 77.792,95 72.378,23 Mobile Grundbildung 65.733,63 0,00 Klimaschutz 53.549,42 0,00 Politikberatung 40.000,00 0,00 819.956,00 671.290,15 Die letztgenannten drei Projekte Mobile Grundbildung, Klimaschutz und Politikberatung konnten nicht realisiert werden, so dass sich die Projekteinnahmen auf EUR 671.290,15 beliefen. Für das Jahr 2018 wurden im Wirtschaftsplan für folgende Projekte Einnahmen in Höhe von EUR 524.811 ausgewiesen: Projekt Soll Ist Jobstarter 357.464,87 326.390,17 Resilienzförderung 90.063,50 96.260,48 Mehrthemenbefragung 9.033,33 9.033,34 Islamischer Religionsunterricht 60.460,70 61.140,24 Evaluation Wohlfahrtsverbände 7.788,60 8.324,18 Muslimische Religiosität 0,00 22.798,51 524.811,00 523.946,92 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11719 4 Die Projekteinnahmen beliefen sich auf EUR 523.946,92. Für das Jahr 2019 wurden im Wirtschaftsplan für folgende Projekte Einnahmen in Höhe von EUR 292.911 ausgewiesen. Projekt Soll Ist Smart Start 10.000,00 8.211,83 Druckkosten 0,00 6.550,00 Handreichung 19.300,00 2.912,08 Dialoggruppen 59.239,00 63.300,00 Säkulare Migrantenorganisationen 204.372,00 185.289,00 Wirtschaftsdialog 0,00 9.178,56 Expertise Einbürgerung 0,00 6.476,29 292.911,00 281.917,76 Die Projekteinnahmen beliefen sich auf EUR 281.917,76. 5. Wann wurden die geforderten Entschuldungs-, Kapitalerhaltungs- und Personalkonzepte vorgelegt und umgesetzt? Die mit der Neuausrichtung des ZfTI beauftragte Strategiegruppe hat in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Korthäuer & Partner GmbH ein Restrukturierungskonzept erarbeitet. Dieses Restrukturierungskonzept wurde in der Kuratoriumssitzung vom 13. Februar 2017 beschlossen. In der Kuratoriumssitzung vom 19. November 2019 nahm das Kuratorium zur Kenntnis, dass das ZfTI die in seiner Verantwortung liegenden organisatorischen und personellen Maßgaben des Restrukturierungskonzeptes von Korthäuer & Partner umgesetzt hat.