LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11721 09.11.2020 Datum des Originals: 09.11.2020/Ausgegeben: 13.11.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4532 vom 7. Oktober 2020 der Abgeordneten Alexander Langguth und Marcus Pretzell FRAKTIONSLOS Drucksache 17/11425 Menschenhandel und Ausbeutung 2019 Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit 2013 ist die Anzahl der Verfahren wegen Menschenhandel und Ausbeutung jährlich gestiegen. Insbesondere 2018 konnte ein starker Anstieg von 28,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf insgesamt 114 Fälle mit 131 Opfern beobachtet werden.1 Über die Hälfte der Erstkontakte zwischen Opfern und Polizei wurde in den Jahren 2017 und 2018 durch die Opfer selbst oder die Polizei in Folge von Anzeigen oder Hinweisen initiiert. In diesen beiden Jahren waren insgesamt 38 Opfer minderjährig – das jüngste Opfer war erst 14 Jahre alt. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4532 mit Schreiben vom 9. November 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration sowie dem Minister der Justiz beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Als Datenbasis zur Beantwortung dienen die Meldungen der Kreispolizeibehörden Nordrhein- Westfalens zu polizeilich bekannt gewordenen Straftaten des Menschenhandels und der Ausbeutung, die nach einem bundesweit einheitlichen Standard erfolgen und auch Grundlage des jährlichen Lagebilds Menschenhandel sind. 1. Wie viele Verfahren wegen Menschenhandel und Ausbeutung wurden 2019 gemeldet? Bitte gesonderte Werte hinsichtlich der Paragraphen 180, 180a, 181a, 182, 232, 232a und 233 des Strafgesetzbuchs angeben. Im Jahr 2019 meldeten die Kreispolizeibehörden insgesamt 96 Ermittlungsverfahren, die alle im Kontext sexueller Ausbeutung standen und sich hinsichtlich der erfragten Straftatbestände wie folgt darstellen: 1 Vgl. LKA NRW – Menschenhandel und Ausbeutung – Lagebild NRW 2018 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11721 2 Straftatbestand Verfahren § 180 (1 - 2) StGB: Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger 9 § 180a (1 -2) StGB: Ausbeutung von Prostituierten 7 § 181a StGB: Zuhälterei 14 § 182 (2) StGB: Sex. Missbrauch von Jugendlichen 1 § 232 StGB: Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (Altes Recht) 2 § 232 (1 - 4) StGB: Menschenhandel (Neues Recht) 30 § 232a (1 - 6) StGB: Zwangsprostitution (Neues Recht) 30 § 233 StGB: Ausbeutung der Arbeitskraft 0 Ergänzend zu den 93 Verfahren der obigen Tabelle wurden drei Verfahren nach § 233a StGB (Ausbeutung mit Freiheitsberaubung) durch die Kreispolizeibehörden gemeldet. 2. Wie wurden 2019 die Erstkontakte zwischen Polizei und Opfer hergestellt? Bitte die Anzahl der Erstkontakte in den Kategorien „durch das Opfer selbst“, „Opfer in Begleitung von (unbeteiligten) Dritten“, „Opfer in Begleitung von Betreuern einer Fachberatungsstelle“, „Polizei auf Hinweis oder Anzeige“ und „Polizei eigeninitiativ oder anlassunabhängig“ angeben. Der Erstkontakt zwischen Polizei und Opfer gestaltete sich wie folgt: Erstkontaktart Häufigkeit Durch das Opfer selbst 29 Durch das Opfer in Begleitung (unbeteiligter) Dritter 14 Durch das Opfer in Begleitung von Betreuern einer Fachberatungsstelle 9 Durch die Polizei auf Hinweis oder nach Anzeige 38 Durch die Polizei eigeninitiativ oder anlassunabhängig 6 3. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Merkmale der Opfer von Straftaten zum Zweck der sexuellen Ausbeutung hinsichtlich der Altersklassen und Nationalitäten im Jahr 2019? Bitte absolute Häufigkeiten angeben. In den im Jahr 2019 bekannt gewordenen Ermittlungsverfahren wurden insgesamt 113 Opfer erfasst, deren Altersklassen sich wie folgt darstellen: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11721 3 Altersklasse Opferzahl Anteil 0 - 17 Jahre 28 24,8 % 18 - 25 Jahre 53 46,9 % 26 - 35 Jahre 18 15,9 % 36 - 60 Jahre 12 10,6 % Alter unbekannt 2 1,8 % Die Staatsangehörigkeiten der Opfer stellen sich wie folgt dar: Staatsangehörigkeit Opferzahl Anteil deutsch 42 37,2 % rumänisch 34 30,1 % bulgarisch 9 8,0 % guineisch 8 7,1 % nigerianisch 5 4,4 % serbisch 3 2,7 % chinesisch 2 1,8 % kamerunisch 2 1,8 % afghanisch 1 0,9 % chilenisch 1 0,9 % kosovarisch 1 0,9 % litauisch 1 0,9 % niederländisch 1 0,9 % thailändisch 1 0,9 % türkisch 1 0,9 % ugandisch 1 0,9 % Unbekannt 3 2,7 % LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11721 4 4. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung hinsichtlich der Art der Kontaktanbahnung zwischen Tätern und minderjährigen Opfern? Folgende Arten der Kontaktanbahnung zwischen Tätern und den im Jahr 2019 bekannt gewordenen minderjährigen Opfern (Altersklasse 0 bis 17 Jahre) wurden registriert: Kontaktanbahnungsart Anzahl Anwerbung professionell 3 Einverständnis 12 Familiäres Umfeld 1 Loverboy-Methode 4 Nutzung des Internets - Soziale Netzwerke 1 Sonstige 4 Täuschung 2 Unbekannt 1 5. Wie verteilen sich die bekannt gewordenen Fälle des Menschenhandels und der Ausbeutung auf die Kreispolizeibehörden in NRW? Verteilung der bekannt gewordenen Fälle im Jahr 2019 nach Kreispolizeibezirken: Polizeibehörden Fälle PP Köln 16 PP Düsseldorf 12 PP Wuppertal 12 PP Krefeld 10 PP Bochum 8 PP Bonn 4 PP Dortmund 3 PP Recklinghausen 3 LR Kleve 3 PP Gelsenkirchen 3 LR Siegen-Wittgenstein 3 LR Euskirchen 2 PP Hagen 2 LR Rhein-Kreis Neuss 2 LR Wesel 2 PP Essen 1 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11721 5 PP Duisburg 1 LR Lippe 1 PP Aachen 1 LR Soest 1 PP Oberhausen 1 LR Herford 1 LR Hochsauerlandkreis 1 LR Viersen 1 LR Mettmann 1 LR Höxter 1