LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11870 18.11.2020 Datum des Originals: 18.11.2020/Ausgegeben: 24.11.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4607 vom 16. Oktober 2020 des Abgeordneten Stefan Kämmerling SPD Drucksache 17/11562 Drohnen bei der Polizei. Welche Regeln gelten? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Gemäß Presseinformation - 851/10/2020 informierte das Ministerium des Innern über die Anschaffung von 106 Drohnen bei der Polizei NRW. Konkret heißt es in der Mitteilung: „Die nordrhein-westfälische Polizei wird ab 2021 mit 106 Drohnen ausgestattet. Das hat Innenminister Herbert Reul am Montag, 12. Oktober 2020, bei einem Pressetermin in Neuss verkündet. (…) Ab nächstem Jahr wird das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) die 16 Kriminaltechnischen Untersuchungsstellen (KTU), die Tatortvermessungsgruppe des Landeskriminalamtes sowie die Bereitschaftspolizei mit 76 Drohnen ausstatten. Bis zu 186 Polizistinnen und Polizisten aus diesen Bereichen übernehmen dann neben ihrer jetzigen Arbeit auch die Aufgabe als Fernpilot. In einem zweiten Schritt erhalten die Verkehrsunfallaufnahme-Teams der Kreispolizeibehörden 30 Drohnen. Hier werden rund 90 weitere Polizistinnen und Polizisten zu Fernpiloten ausgebildet.“ Drohnen bieten vielfache Einsatzmöglichkeiten und auch der Einsatz privater Drohnen nimmt stetig zu. Damit einher gehen auch Risiken und Gefahren für den Luftverkehr und die Privatsphäre von Bürgerinnen und Bürgern. Aus diesem Grunde hat der zuständige Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur für die Nutzung von Drohnen klare Regeln in Form der Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten verkündet, die bereits am 07. April 2017 in Kraft getreten ist. Neben der Sicherheit des Luftverkehrs soll damit auch der Schutz der Privatsphäre – beispielsweise vor unberechtigten Kameraaufnahmen – sichergestellt werden. Konkret regelt § 21b Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO), wann der Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen und Flugmodellen verboten ist. So ist unter anderem der Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen und Flugmodellen verboten: Über und in einem seitlichen Abstand von 100 Metern von Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen und Bahnanlagen, soweit nicht die zuständige Stelle dem Betrieb ausdrücklich zugestimmt hat sowie über Wohngrundstücken, wenn die Startmasse des Geräts mehr als 0,25 Kilogramm beträgt oder das Gerät oder seine Ausrüstung in der Lage sind, optische, akustische oder Funksignale zu empfangen, zu übertragen oder aufzuzeichnen. Allerdings ist dieser Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen und Flugmodellen nur dann verboten, wenn er nicht durch eine in § 21a Absatz 2 LuftVO genannte Stelle oder unter deren Aufsicht erfolgt. Dazu zählt gem. § 21a LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11870 2 Absatz 2 LuftVO der Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen durch oder unter Aufsicht von Behörden, wenn dieser zur Erfüllung ihrer Aufgaben stattfindet oder von Organisationen mit Sicherheitsaufgaben im Zusammenhang mit Not- und Unglücksfällen sowie Katastrophen. Demzufolge würden die teilweise sehr strengen Regeln für den Betrieb von Drohnen, an die sich private Drohnenpiloten zu halten haben, für die Polizei zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht gelten – so auch nicht das Überflugverbot privater Wohngrundstücke. In einem Imagevideo zum Einsatz der Dienstdrohnen ist schnell zu erkennen, dass es sich bei den neuen Dienstdrohnen mutmaßlich um solche des Typ DJI Mavic 2 Zoom handelt. Diese Drohnen sind laut Herstellerangaben ausgestattet mit einem 12 Megapixel Sensor für 4-fachen verlustfreien Zoom, davon 2-fach optisch über ein 24-48 mm Zoomobjektiv. Das ermöglicht Aufnahmen vom Weitwinkel, bis hin zum unteren Telebereich und ermöglicht auch die Erstellung superauflösender Fotos. Die Kamera dieser Drohne nimmt neun gezoomte Einzelfotos auf und verarbeitet diese zu einem superauflösenden Foto mit 48 Megapixeln. Selbst ohne private Wohngrundstücke zu überfliegen, wären mit dieser Technik hochauflösende Fotos oder Videoaufnahmen von privaten Wohngrundstücken oder Personen möglich. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4607 mit Schreiben vom 18. November 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Verkehr beantwortet. 1. Unter welchen Voraussetzungen werden Drohnen der Polizei private Wohngrundstücke überfliegen? 2. Unter welchen Voraussetzungen werden Drohnen der Polizei Bild- und/oder Tonaufzeichnungen über oder von privaten Wohngrundstücken machen? 3. Unter welchen Voraussetzungen werden Drohnen der Polizei Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen oder innerhalb eines Radius von 1,5 km um Flughafenbereiche fliegen? Die Fragen 1 bis 3 werden gemeinsam beantwortet. Der in den Fragen 1 bis 3 benutzte Begriff „Voraussetzungen“ ist nicht näher bestimmt. Aufgrund des Gesamtkontexts der Kleinen Anfrage bezieht sich die Antwort nachfolgend auf die rechtlichen Voraussetzungen. Der Einsatz von Drohnen durch die Polizei Nordrhein-Westfalen im Bereich der in den Fragen 1 bis 3 genannten Örtlichkeiten ist zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben gem. § 21a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 LuftVO (i. V. m. § 21b Abs. 1 LuftVO) gestattet, so dass die in § 21a Abs. 1 LuftVO und § 21b Abs. 1 Satz 1 LuftVO aufgeführten Erlaubnis- und Verbotstatbestände nicht einschlägig sind. Ungeachtet dessen müssen bei einer Bildaufzeichnung mittels Drohne die im Einzelfall einschlägigen Ermächtigungsgrundlagen im Bereich der Gefahrenabwehr (vgl. §§ 15, 17, 18 PolG) oder der Strafverfolgung (vgl. z.B. § 100c StPO, § 100f StPO, § 100h Abs. 1 Nr. 2 StPO) erfüllt sein. Für Tonaufnahmen sind die verwendeten Drohnen nicht ausgerüstet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11870 3 4. Wo werden die 106 Drohnen in NRW nach welcher Maßgabe verteilt? (Bitte auflisten) Die Einführung der 106 Drohnen erfolgt auf Grundlage der Erfahrungen des Projekts Pilotbetrieb Drohnen in einem zweistufigen Verfahren. Im ersten Schritt erfolgt die Ausstattung der 16 Kriminaltechnischen Untersuchungsstellen der Kreispolizeibehörden (KPB) gem. § 2 der KHSt-VO mit jeweils zwei Drohnen, der Tatortvermessung des LKA mit zwei Drohnen sowie der Bereitschaftspolizei mit insgesamt 42 Drohnen. Zukünftig werden darüber hinaus die Verkehrsunfallaufnahmeteams der Kreispolizeibehörden mit insgesamt 30 Drohnen ausgestattet. 5. Im Facebook-Auftritt der CDU-Landesfraktion heißt es in einem Beitrag vom 12. Oktober 2020 (17:30 Uhr): „Die Anschaffung von 29 Fluggeräten für einen mehrmonatigen Pilotversuch hatte die NRW-Koalition mit Haushaltsmitteln in Höhe von 375.000 Euro ermöglicht.“ Bei den Drohnen handelt es sich mutmaßlich um Drohnen des Typ DJI Mavic 2 Zoom. Diese sind im Handel für rund 1.218 € pro Stück erhältlich. Wofür sind die Haushaltsmittel von 375.000 Euro für die Anschaffung von 29 Fluggeräten, wie es in dem Beitrag der CDU-Landesfraktion heißt, ganz konkret verwendet worden? (Bitte aufschlüsseln je nach Ausgabe) Zur Vorbereitung des Pilotbetriebes erfolgte am 24.09.2019 eine erste Mittelzuweisung von 375.000 Euro zur Beschaffung erforderlicher Drohnen unter Beachtung haushalts- und vergaberechtlicher Voraussetzungen. Im Rahmen dieses Projekts wurden drei verschiedene Drohnenmodelle des Herstellers DJI angeschafft und erprobt. Hierbei handelt es sich um folgende Modelle: • DJI Mavic 2 Zoom Enterprise • DJI Mavic 2 Dual Enterprise • DJI Matrice 210 V 2 Enterprise Die zu diesem Zweck verwendeten Modelle unterscheiden sich von den im freien Verkauf erhältlichen Varianten. So sind die genannten Drohnenmodelle jeweils mit dem BOS-Software-Update (Typ Enterprise) ausgestattet, um einen unkontrollierten Datenaustausch auszuschließen und den datenschutzrechtlichen Voraussetzungen zu entsprechen. Da das reine Fluggerät ohne entsprechendes Zubehör weder flug- noch einsatztauglich wäre, mussten für die jeweiligen Drohnenmodelle weitere Beschaffungen vorgenommen werden, um die polizeispezifische Nutzung zu gewährleisten. Inklusive dieser Peripheriegeräte, beispielsweise leistungsstärkere Akkus, Kameras, Transportkoffer und Fernbedienungen, stellen sich die Kosten für die jeweiligen Modelle wie folgt dar: • DJI Mavic 2 Zoom Enterprise: 4065 Euro • DJI Mavic 2 Dual Enterprise: 4624,99 Euro • DJI Matrice 210 V 2 Enterprise: 16.944,20 Euro Insgesamt belaufen sich die Gesamtkosten aller Beschaffungen im Zusammenhang mit dem Pilotbetrieb in den Haushaltsjahren 2019 und 2020 auf derzeit gerundet 607.900 Euro.