LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11874 18.11.2020 Datum des Originals: 18.11.2020/Ausgegeben: 24.11.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4623 vom 23. Oktober 2020 der Abgeordneten Markus Wagner und Nic Vogel AfD Drucksache 17/11596 Die Grüne Jugend fordert den „Systemwandel“ und übernimmt die Argumentationsmuster von Ende Gelände Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Grüne Jugend hat sowohl auf Bundesverbands- als auch auf Landesverbandsebene in jüngerer Vergangenheit mehrfach das Bündnis „Ende Gelände“ mittels Solidaritätserklärungen unterstützt.1 Über „Ende Gelände“ heißt es im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2018: „In der Kooperation zwischen extremistischen und nicht-extremistischen Gruppen übernahm das linksextremistisch beeinflusste Bündnis „Ende Gelände“ eine steuernde Rolle hinsichtlich Art, Umfang, Vorbereitung und Durchführung von Versammlungen und Aktionen.“2 Die Unterstützung erfolgte teils gemeinsam mit der ebenfalls als linksextrem eingestuften3 Jugendorganisation „Solid“ der Linkspartei4, teils mit der linksextremen Interventionistischen Linken.5 In einem schriftlichen Bericht des Ministers des Innern für die Sitzung des Innenausschusses am 17. Juni 2020 auf Antrag der AfD-Fraktion über die „Linksjugend Bielefeld“ erfährt man 1 Vgl. https://www.ende-gelaende.org/aufruf-2019/; RBB (2020): Jusos, Grüne Jugend und Solid fordern Aus für Verfassungsschutz; online im Internet: https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2020/05/ende-gelaende-jusos-gruene-jugendsolidverfassungsschutz .html; Vgl. https://twitter.com/gruene_jugend/status/1262737286078148615. 2 Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (2019): Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2018, Düsseldorf, S. 160. 3 Vgl. Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (2019): Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2018, Düsseldorf, S. 162ff.. 4 Vgl. RBB (2020): Jusos, Grüne Jugend und Solid fordern Aus für Verfassungsschutz; online im Internet: https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2020/05/ende-gelaende-jusos-gruene-jugendsolidverfassungsschutz .html. 5 Vgl. https://www.ende-gelaende.org/aufruf-2019/. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11874 2 über „linksjugend [solid]“, die Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes Nordrhein- Westfalen ist: „Zum Selbstverständnis der Organisation gehört es, themen- und kampagnenorientiert auch mit nicht-extremistischen Akteuren zusammenzuarbeiten. Ein aktuelles Themenfeld ist der Klimaprotest. So beschloss linksjugend [solid] auf ihrem Bundeskongress vom 5. bis 7. April 2019 in Essen erneut, die Aktionen von „Ende Gelände“ zu unterstützen. Die Aktionen von „Ende Gelände“ zeichnen sich durch das Zusammenwirken extremistischer wie nicht-extremistischer Akteure aus.“6 Etwa die Hälfte der Ortsgruppen von „Ende Gelände“, an dessen Seite die Grüne Jugend nach eigener Auskunft eng steht7, werden in Nordrhein-Westfalen von der Interventionistischen Linken beeinflusst.8 In der Antwort auf die Kleine Anfrage 3741 des Abgeordneten Markus Wagner teilt die Landesregierung auf die Fragen, ob es als Erfolg der Entgrenzungsstrategie von Linksextremen gewertet werden könne, dass sich die Grüne Jugend unter anderem als Unterstützer von linksextremen Bestrebungen darstellt, abstrakt mit: „Wenn das Bemühen extremistischer Akteure, sich durch geeignete Themen und Aktionsformen für das demokratische Spektrum anschlussfähig zu machen, dazu führt, dass demokratische Akteure das extremistische Spektrum und dessen Positionen unterstützen, kann dies ein Erfolg extremistischer Entgrenzungsstrategien sein.“9 Auf die Frage, ob der Verfassungsschutz NRW im Rahmen der Prüffallbearbeitung auch die Versuche linksextremer Bestrebungen, auf die Jugendorganisationen linker etablierter Parteien, die in Gänze als „demokratisch“ bewertet werden, Einfluss zu nehmen, beobachtet, antwortet die Landesregierung überdies: „Der Verfassungsschutz NRW beobachtet Bestrebungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten beziehungsweise den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährden. Dementsprechend beobachtet der Verfassungsschutz NRW auch Versuche linksextremistischer Personenzusammenschlüsse, Einfluss auf demokratische Organisationen zu nehmen.“10 Die Existenz von „Mischszenen“ zur politischen Linken verneint der Verfassungsschutz allerdings kategorisch: „Der Verfassungsschutz spricht von Mischszenen, wenn Gruppierungen durch ein heterogenes, nicht durchgängig extremistisches Personenpotenzial gekennzeichnet sind, aber extremistische Positionen dominieren. Derartige Mischszenen beobachtet der Verfassungsschutz im Rechtsextremismus. Sie setzen sich in der Regel aus 6 Vorlage 17/3508 A09, S. 2. 7 9 Vgl. https://twitter.com/gruene_jugend?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Eauthor . 8 Freier, Burkhard zitiert nach: Kölner Stadt-Anzeiger (2020): Wie Verschwörungsmythen zu Terror führen können; online im Internet: https://www.ksta.de/politik/verfassungsschutz-chef-im-interview-wieverschwoerungsmythen -zu-terror-fuehren-koennen-36825100. 9 Drs. 17/9869, S. 3. 10 Ebd.. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11874 3 Angehörigen der Hooligan- und Rockerszene, mutmaßlichen „Wutbürgern“ und Rechtsextremisten zusammen. Im Bereich des Linksextremismus beobachtet der Verfassungsschutz demgegenüber partielle thematisch orientierte Kooperationen von Linksextremisten mit Angehörigen oder Gruppierungen aus dem demokratischen Spektrum, die aber bislang jeweils auf nicht-extremistischen inhaltlichen Gemeinsamkeiten beruhen und bei denen extremistische Positionen gerade nicht geteilt bzw. übernommen werden. Vielmehr wurden im Jahr 2019 mehrfach linksextremistische Gruppen, die klimabezogene Versammlungen des bürgerlichen Spektrums zur Verbreitung ihrer extremistischen Positionen nutzen wollten, durch die Versammlungsleitungen ausgeschlossen.“11 Auch der Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2019 ist überaus bemüht, im Kontext von nicht zu leugnenden Entgrenzungen zwischen linken und linksextremen Bestrebungen darauf hinzuweisen, dass Annäherung, Instrumentalisierung, Radikalisierung und Kooperation gleichwohl keine Übernahme linksextremer Positionen durch vermeintlich demokratische Bestrebungen bedeuten würden: „Insgesamt waren in verschiedenen Themenfeldern, insbesondere im Bereich Klimagerechtigkeit /Ökologie erneut zunehmende Entgrenzungsdynamiken zu erkennen. Postautonomen Akteuren wie der Interventionistischen Linken (IL) gelang es, näher an demokratische Akteure heranzurücken. Dies zeigte sich in verschiedenen Formen der Kooperation bei der Vorbereitung und Durchführung von Versammlungen und Aktionen, zu der einige demokratische Akteure offenbar zunehmend bereit sind. Wenngleich diese Kooperationen nicht mit der Übernahme von extremistischen Positionen durch demokratische Akteure gleichgesetzt werden können, bieten sie Extremisten die Möglichkeit, der von ihnen offen propagierten Strategie folgend demokratische Akteure zu instrumentalisieren und zu radikalisieren.“12 Am 26. September 2020 um 11:34 Uhr veröffentlichte der Bundesverband der Grünen Jugend auf Facebook nun aber einen Beitrag mit folgendem Inhalt: „Kohlekraftwerk: Blockiert ✅ Gaskraftwerk: Blockiert ✅ Kohlebagger: Blockiert ✅ Kohlebahn: Blockiert ✅ Verladestation: Blockiert ✅ Kohlebunker: Blockiert ✅ Heute haben tausende Aktivist*innen (sic!) im Rheinland dreckige Kraftwerke lahmgelegt. Den Kohleausstieg haben wir selber in die Hand genommen, denn ein Ausstieg im Jahr 2038 ist viel zu spät. Überschattet wurden die Proteste von teils heftiger Polizeigewalt. Die Antwort auf massenhaften und friedlichen Klimaprotest dürfen nicht Hunde, Pferde und Pfefferspray sein, sondern konsequente Energiewende! Aber wir lassen uns nicht unterkriegen: 11 Drucksache 17/8760, S. 2. 12 Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (2020): Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2019, Düsseldorf, S. 147. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11874 4 Zeit für den Systemwandel! ✊💪 Ende Gelände“ Die von der Grünen Jugend verwandten Termini des „Systemwandels“ und der „Blockade“ finden sich so auch in der Broschüre „Dezentrale Blockadeaktion 23-28.09.2020. Mit Abstand im Rheinland Fossile Energien stoppen. Klima schützen Kapitalismus überwinden“ des Bündnisses „Ende Gelände“, an dessen Aktionen die Grüne Jugend dem oben zitierten Beitrag zufolge aktiv teilgenommen hat. Auch das Postulat jener Broschüre „Kohleausstieg selber machen!“ findet sein Pendant im Facebook-Beitrag der Grünen Jugend, in dem es in einem Teilsatz heißt: „Den Kohleausstieg haben wir selber in die Hand genommen, (…).“ Zusammenfassend kann demnach festgestellt werden, dass ein Bündnis, das selbst mindestens zur Hälfte seiner Strukturen linksextrem beeinflusst ist und das in der Kooperation zwischen extremistischen und nicht-extremistischen Gruppen eine steuernde Rolle übernimmt, dazu aufruft, mittels konzertierter Blockaden eigene weltanschauliche Ziele, wie einen Systemwandel, die Verstaatlichung von Konzernen oder die Überwindung des Kapitalismus durchzusetzen. Eine auf Mehrheiten beruhende parlamentarische Gesetzgebung wird als inakzeptabel betrachtet, weil es der eigenen Überzeugung widerspricht. Der als demokratisch links eingestufte Bundesverband der Grünen Jugend beteiligt sich sodann an diesen Blockaden im Rheinland, bezeichnet staatlich-polizeiliche Maßnahmen dagegen per se als illegitime „Polizeigewalt“, und übernimmt dabei Termini und Argumentationsmuster des linksextrem beeinflussten Bündnisses. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4623 mit Schreiben vom 18. November 2020 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie verliefen die mitunter von „Ende Gelände“ organisierten „dezentralen Blockadeaktionen“ im Rheinland im Zeitraum vom 23. bis zum 28. September 2020 aus polizeilicher Sicht? (Einsatzverläufe, eingesetzte Beamte, verletzte Beamte, Straftaten, Festnahmen, Ingewahrsamnahmen, etc.) Die im Folgenden aufgeführten Sachverhalte beziehen sich auf tatsächlich durchgeführte Blockaden (z. B. von Tagebauinfrastruktureinrichtungen) sowie auf durch polizeiliche Maßnahmen verhinderte Störungshandlungen, die offenbar eine solche Blockade verfolgten. Relevante Feststellungen haben sich in diesem Sinne für den 26.09.2020 ergeben. Tagebau Garzweiler, Kohlebunker Gustorf Ca. 150 Personen drangen in den Kohlebunker des Tagebaus Garzweiler ein und besetzten die dortige Infrastruktur (Bandanlagen, Brücken usw.). Durch polizeiliche Maßnahmen wurde die Blockade geräumt und die Störer aus dem Bereich entfernt. Tagebau Inden, Kohlebunker Weisweiler Ca. 150 bis 200 Personen durchbrachen eine Polizeikette und drangen in den Tagebau Inden ein. Dort besetzten sie ein Förderband des Kohlebunkers Weisweiler. Die Polizei verhinderte das Eindringen weiterer Personen. Durch polizeiliche Maßnahmen wurde die Blockade geräumt und die Störer aus dem Bereich entfernt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11874 5 Tagebau Garzweiler, östliches „Restloch“ Zwei Gruppen mit insgesamt ca. 350 Personen gelang es in den südlichen Bereich des östlichen „Restlochs“ des Tagebaus Garzweiler einzudringen. Die Polizei verhinderte eine mögliche Unterbrechung der Kohleversorgung und entfernte die Störer aus dem Bereich. Merken Im Bereich der Ortslage Merken bewegte sich eine Gruppe von ca. 200 Personen in Richtung Tagebau Inden. Dort versuchte die Gruppe, die Polizeikette gewaltsam zu durchbrechen. Dies wurde durch die Polizei verhindert. Durch polizeiliche Maßnahmen wurden die Personen aus dem Bereich entfernt. Baal, Gaspipeline Firma Zeelink In der Nähe der Ortschaft Baal besetzten ca. 200 Personen in einer Baustelle der Firma Zeelink eine Gaspipeline. Ein Verantwortlicher der Firma Zeelink gewährte den Verbleib des friedlichen Protests. Im weiteren Verlauf begab sich die Gruppe eigenständig unter Polizeibegleitung zurück in das Camp „Baal“. Frimmersdorf, Hambachbahn Nördlich der Ortslage Frimmersdorf besetzten ca. 100 Personen ein Gleis der Hambachbahn. Das Gleis wurde durch die Polizei geräumt und die Personen aus dem Bereich entfernt. Düsseldorf, Gaskraftwerk Lausward Eine Gruppe von ca. 180 Personen begab sich zum Kraftwerk „Auf der Lausward“. Dort blockierten die Personen für mehrere Stunden ein Zufahrtstor des Kraftwerks. Die Personen wurden durch polizeiliche Maßnahmen aus dem Bereich entfernt. Über den gesamten Zeitraum der Einsatzmaßnahmen aus Anlass der Aktionen des Bündnisses „Ende Gelände“ vom 23.09.2020 bis 28.09.2020 wurden - auch vor dem Hintergrund der zuvor geschilderten Sachverhalte - anlassbezogene Strafverfahren eingeleitet (insbesondere wegen Hausfriedensbruchs, Landfriedensbruchs, Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigung). Derzeit werden bezogen auf den genannten Gesamtzeitraum insgesamt 130 Strafanzeigen im Sachzusammenhang bearbeitet. In der Spitze waren 2.500 polizeiliche Einsatzkräfte aus Nordrhein-Westfalen, anderen Ländern und dem Bund eingesetzt. 12 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte wurden im Rahmen der Einsatzmaßnahmen verletzt, verblieben jedoch allesamt dienstfähig. 2. Welche vom Verfassungsschutz im Rahmen unterschiedlicher Fallgestaltungen beobachteten linksextremen Bestrebungen beziehungsweise Personen haben an diesen Blockaden teilgenommen? Nach Erkenntnissen des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes haben sich linksextremistische Akteure an den Protesten beteiligt. So haben etwa die Interventionistische Linke, das Bündnis "ums Ganze!" und "Perspektive Kommunismus" offen über ihre Teilnahme an den Aktionen berichtet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11874 6 3. Steht die vertretene Auffassung, wonach man den Kohleausstieg mittels Blockaden selbst in die Hand nehmen müsse, da man die durch parlamentarische Gesetzgebung festgelegten Fristen nicht akzeptieren könne, weshalb man gemeinsam mit einem linksextrem beeinflussten Bündnis nach einem Systemwandel streben müsse, nach Auffassung der Landesregierung in einem Widerspruch zu den Verfahrensregeln und Fundamentalnormen des demokratischen Rechtsstaates? Das vorsätzliche Begehen von Straftaten und/oder Ordnungswidrigkeiten steht per definitionem in einem Widerspruch zu den Verfahrensregeln und Normen des demokratischen Rechtsstaates. Ein Angriff auf elementare Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist dennoch nicht ohne weiteres gegeben. Der Begriff „Systemwandel“ kann, muss aber nicht, die Absicht ausdrücken, die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen zu wollen. So bezieht sich z. B. der Slogan "Kohle stoppen. Systemwandel jetzt!" des extremistisch beeinflussten Bündnisses "Ende Gelände" auf eine geforderte Veränderung der Energiepolitik, auch wenn die in „Ende Gelände“ aktiven Linksextremisten weitergehende Ziele mit dem Begriff „Systemwandel“ verbinden. Auch Kapitalismuskritik kann sowohl demokratische als auch extremistische Ziele verfolgen. Exemplarisch dazu die Extremismusforscher Mannewitz und Thieme: „Bezieht sich die Kapitalismuskritik nur auf das Wirtschaftssystem, das es durch demokratische Prozesse sozialverträglich zu reformieren gilt, dann wäre das die demokratische Form von Kapitalismuskritik. Demgegenüber steht die Vorstellung von Kapitalismus als Herrschaftssystem, den es insgesamt zu beseitigen gelte, da er unvereinbar mit ´wahrer´ Demokratie sei – die extremistische Variante von Kapitalismuskritik.“13 4. Bewertet der Verfassungsschutz die Übernahme von Termini und Argumentationsmustern von „Ende Gelände“, die sich auf die Durchsetzung von ideologischen Zielen mittels Blockaden im Rheinland beziehen, durch den Bundesverband der Grünen Jugend als Erfolg einer extremistischen Entgrenzungsstrategie? (Bitte konkret auf diesen Sachverhalt und konkret auf die öffentlich getätigten Aussagen der Grünen Jugend bezogen antworten.) Die Erklärung des Bundesverbandes der Grünen Jugend, „Ende Gelände" aktiv zu unterstützen, bewertet der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz als Erfolg des Bemühens des linksextremistisch beeinflussten Bündnisses, demokratische Akteure für ein gemeinsames Protestziel zu gewinnen. Das Verwenden bestimmter Begrifflichkeiten begründet jedoch, wie in der Antwort auf Frage 3 ausgeführt, nicht per se eine Gegnerschaft zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. 13 Tom Mannewitz/Tom Thieme, Welche Forderungen sind demokratisch, welche linksextrem?, in: dies., Gegen das System. Linker Extremismus in Deutschland, bpb Schriftenreihe Band 10588, Bonn 2020, S. 51 ff. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11874 7 5. Bewertet es der Verfassungsschutz als konkrete Manifestationsform einer Mischszene, dass - ein Bündnis, das selbst mindestens zur Hälfte seiner Strukturen linksextrem beeinflusst ist und das in der Kooperation zwischen extremistischen und nichtextremistischen Gruppen eine steuernde Rolle übernimmt, dazu aufruft, mittels konzertierter Blockaden eigene weltanschauliche Ziele, wie einen Systemwandel, die Verstaatlichung von Konzernen oder die Überwindung des Kapitalismus, durchzusetzen, - eine auf Mehrheiten beruhende parlamentarische Gesetzgebung als inakzeptabel betrachtet wird, weil es der eigenen Überzeugung widerspricht und - der als demokratisch links eingestufte Bundesverband der Grünen Jugend sich an diesen Blockaden im Rheinland beteiligt, staatlich-polizeiliche Maßnahmen dagegen per se als illegitime „Polizeigewalt“ bezeichnet, und dabei Termini und Argumentationsmuster des linksextrem beeinflussten Bündnisses übernimmt? Der Verfassungsschutz spricht von Mischszenen, wenn Gruppierungen durch ein heterogenes, nicht durchgängig extremistisches Personenpotenzial gekennzeichnet sind und extremistische Positionen dominieren. Entscheidend ist eine extremistische Dominanz in inhaltlicher und weniger in personeller Hinsicht. Im Bereich des Linksextremismus beobachtet der Verfassungsschutz partielle thematisch orientierte Kooperationen von Linksextremisten mit Angehörigen oder Gruppierungen aus dem nicht extremistischen Spektrum, die aber bislang jeweils auf nicht extremistischen inhaltlichen Gemeinsamkeiten beruhen und bei denen extremistische Positionen gerade nicht geteilt bzw. übernommen werden. Die Aktionsform „Ende Gelände“ zielt auf politische Veränderungen im Themenfeld Klimaschutz und Klimagerechtigkeit. Der Fokus liegt dabei auf dem Ausstieg aus der Braunkohleförderung. Diese Zielsetzung richtet sich nicht gegen die Schutzgüter des § 3 Absatz 1 Verfassungsschutzgesetz NRW. Eine unmittelbare Verknüpfung der Forderungen mit dem Gesamtkontext linksextremistischer Themenfelder (unter anderem Antifaschismus, Antirassismus, Antigentrifizierung) liegt nicht vor. Innerhalb von „Ende Gelände“ engagieren sich jedoch linksextremistische Akteure, deren Zielsetzung über die Forderungen von „Ende Gelände“ hinausgeht. Die Agitation dieser linksextremistischen Akteure innerhalb von „Ende Gelände“ ist im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2019 auf den Seiten 148 bis 153 und 176 ausführlich dargestellt.