LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11878 19.11.2020 Datum des Originals: 19.11.2020/Ausgegeben: 25.11.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4549 vom 12. Oktober 2020 der Abgeordneten Wibke Brems BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/11446 Wie verhindert die Landesregierung den Verlust an Know-How bei der EnergieAgentur.NRW? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 29. September hat Minister Pinkwart mit der Vorlage 17/3941 angekündigt die operative Begleitung der Klimaschutzpolitik der Landesregierung neu zu ordnen. Ziel sei es u.a. von neuen Klimaschutz-Förderprogrammen möglichst stark zu partizipieren. Doch mit welchen Instrumenten dies gelingen soll, bleibt unklar. Bestehende Instrumente wie die EnergieAgentur.NRW und In4Climate sollen in einer Landesgesellschaft zusammengefasst und weiterentwickelt werden. Zusätzlich soll sich die neue Gesellschaft auch um die Erreichung des Ziels der klimaneutralen Landesverwaltung kümmern. Wie genau der Übergang von bestehenden Strukturen in die neue Gesellschaft gestaltet werden soll, hat der Minister bisher nicht ausgeführt. So wird nicht erläutert, warum die neue Gesellschaft auf der heutigen In4Climate GmbH mit aktuell 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufsetzen soll und nicht auf der bestehenden EnergieAgentur.NRW GmbH mit ca. 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die EnergieAgentur.NRW arbeitet seit 30 Jahren im Auftrag der Landesregierung an der Unterstützung der Energiewende in NRW. Entsprechend groß ist das dort vorhandene Fachwissen und eng die Kontakte in Verwaltung und Unternehmen. Aus den bisherigen Darstellungen ist nicht erkennbar, wie diese Werte in die neue Gesellschaft überführt werden sollen. Je länger die Unsicherheit über die zukünftige Ausrichtung andauert, desto größer ist das Risiko, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abwandern und damit eine Kontinuität in den Dienstleistungen erschwert wird. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 4549 mit Schreiben vom 19. November 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11878 2 Vorbemerkung der Landesregierung Gegenwärtig erbringt die EnergieAgentur.NRW GmbH als eigenständige, privatrechtliche Gesellschaft ihre Dienstleistungen auf der Grundlage eines Rahmenvertrages mit dem Land Nordrhein-Westfalen und darauf basierenden Einzelaufträgen. Gesellschafter der EnergieAgentur.NRW GmbH sind aktuell die privatrechtlichen Unternehmen agiplan GmbH und ee energy engineers GmbH zu jeweils 50 Prozent. Teil des Geschäftsmodells beider Unternehmen ist es, sich im Wettbewerb um öffentliche und private Aufträge zu bewerben. Beide Unternehmen erwirtschaften so seit vielen Jahren Umsatz aus Aufträgen mit privaten wie öffentlichen Auftraggebern. Der mit der Landesregierung Nordrhein-Westfalen laufende Rahmenvertrag ist 2014 auf Basis einer europaweiten Vergabe geschlossen worden, bei der sich die beiden Gesellschafter im Konsortium zusammen durchgesetzt haben. Dieser laufende Vertrag sowie alle Einzelaufträge des Landes Nordrhein-Westfalen enden planmäßig zum 31.12.2021. Inhaber der Wort- Bildmarke „EnergieAgentur.NRW“ ist das Land Nordrhein-Westfalen. 1. Wie sehen die Budgetplanungen für die geplante Energie- und Klimaschutzagentur für die Jahre 2022 bis 2024 im Vergleich zu den aktuellen Budgets von EnergieAgentur.NRW und In4Climate konkret aus? (Bitte jeweils sowohl Landesmittel als auch Fremdmittel angeben) Für die geplante Aufgabe sind im Haushaltsentwurf 2021 2 Millionen Euro Barmittel sowie eine Verpflichtungsermächtigung mit Fälligkeiten von je 15 Millionen Euro in den Jahren 2022 bis 2024 etatisiert. Nach aktuellem Planungsstand werden rund 27 Millionen Euro über Vergaben am Markt an externe Dritte fließen. Dabei ist noch offen, ob alle Vergaben direkt von der landeseigenen Energie- und Klimaagentur vergeben und gesteuert werden oder ein Teil aus dem Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie heraus. Ob und in welcher Höhe weitere Finanzmittel durch Dritte, z.B. über zusätzliche EFRE-Projekte, hinzukommen, ist derzeit noch nicht absehbar. Die landeseigene IN4climate.NRW GmbH hat für das aktuelle Haushalsjahr 2020 2 Millionen Euro aus Landesmitteln erhalten. Die Summe der Einzelaufträge, die die EnergieAgentur.NRW GmbH maximal abrufen kann, beläuft sich für das Jahr 2020 auf 23.358.536 Euro und für das Jahr 2021 auf 19.883.251 Euro. Dabei werden im Jahr 2020 54,7 Prozent (12.774.662 Euro) aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen und 45,3 Prozent (10.583.874 Euro) aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE NRW) gespeist. Für das Jahr 2021 plant das Land 56,6 Prozent (11.251.791 Euro) der Mittel, der EFRE NRW 43,4 Prozent (8.631.460 Euro) zu übernehmen. 2. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll die neue Gesellschaft nach aktuellen Planungen in den Jahren 2022 bis 2024 jeweils beschäftigen? Die aktuellen Planungen basieren auf einem Szenario, in dem die landeseigene „Energie- und Klimaagentur“ (Arbeitstitel) zum Ende des Jahres 2024 rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (in Vollzeitäquivalenten) beschäftigen könnte. Diese Zahl beinhaltet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der jetzigen landeseigenen IN4climate.NRW GmbH. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11878 3 3. Wie sind die konkreten Planungen für die Übernahme von Personal bzw. die Sicherung von Know-how aus den bestehenden Gesellschaften? 5. Bis wann wird die Landesregierung Klarheit über die zukünftige Struktur der geplanten Energie- und Klimaschutzagentur schaffen, womit verhindert werden könnte, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die EnergieAgentur.NRW aufgrund unsicherer Perspektiven verlassen könnten? Die Fragen 3 und 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Zur Sicherung des Know-hows werden weiterhin europaweite Ausschreibungen für einzelne Themen der Energiewende und des Klimaschutzes am Markt platziert. Für die Jahre 2022 bis 2024 ist ein Volumen in Höhe von 27 Mio. Euro für diese Auftragsvergaben geplant. Wie alle anderen Unternehmen auch können die agiplan GmbH ebenso wie die ee energy engineers GmbH an diesen Vergaben als Bieter teilnehmen. Wie in der Vorbemerkung beschrieben, bewerben sich die genannten privaten Beratungsunternehmen regelmäßig um private wie öffentliche Aufträge, auch zum Thema Energiewende und Klimaschutz. Auch hierüber wird das Know-how der Unternehmen für NRW und darüber hinaus nutzbar gemacht. Parallel dazu wird die Landesgesellschaft ab 2021 zur Erweiterung ihres Portfolios und zum gezielten Know-how-Aufbau qualifiziertes Personal vom Markt einstellen. 4. Wie wird die Landesregierung dafür Sorge tragen, dass bestehende Netzwerkstrukturen erhalten bleiben? In den vergangenen Jahrzehnten wurden verschiedene Klimaschutz- und Energie-Netzwerke initiiert und aufgebaut. Vorrangiges Ziel war es dabei, Akteure in zum Teil neuen Themengebieten effizient zu vernetzen und einen fachlichen Austausch zu ermöglichen. Dieses Ziel ist in aller Regel erreicht. Akteure aus Nordrhein-Westfalen sind heute sehr gut vernetzt, beziehen neue Akteure schnell mit ein und praktizieren den regelmäßigen fachlichen Austausch. Kooperative Zusammenarbeit findet über ganz Nordrhein-Westfalen hinweg statt. Parallel setzen sich alte wie auch neue nordrhein-westfälische und bundesdeutsche Verbände und Vereine immer intensiver mit Klimaschutz- und Energiewendethemen auseinander und haben entsprechende Netzwerkstrukturen und Gremienformate aufgebaut. Auch die „Energieund Klimaagentur“ (Arbeitstitel) wird durch neue Angebote und Formate Möglichkeiten für themenspezifische Austausche schaffen.