LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11882 20.11.2020 Datum des Originals: 20.11.2020/Ausgegeben: 26.11.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4501 vom 6. Oktober 2020 der Abgeordneten Josefine Paul und Matthi Bolte-Richter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/11283 Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Stadien Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Beim Bundesligaspiel zwischen Borussia Dortmund und der TSG Hoffenheim am 27. Juni 2020 fand ein Pilottest der Münchener Firma G2K statt. Rund um das Spiel kam die von der Firma entwickelte Künstliche Intelligenz im Dortmunder Signal Iduna Park zum Einsatz. Laut eines Kicker-Berichts über diesen Spieltag kamen zwei Module zum Einsatz. Das erste Modul umfasste eine kamerabasierte Temperaturmessung. Das zweite Modul wurde zur Personenzählung über das bestehende Ticketsystem eingesetzt. Über ein drittes Modul, welches im Stadioninnenraum zum Einsatz kommen könnte, können Auslastungs- und Abstandsmessungen vorgenommen werden. Ein Test dieses Systems wurde knapp zwei Wochen vor dem Spieltag mit Statistinnen und Statisten durchgeführt.1 Die Systeme erfassen Personen, die eine erhöhte Temperatur aufweisen und sendet diese Informationen in Echtzeit an die Ordnungskräfte weiter, um die Personen am Betreten des Stadions hindern zu können. Darüber hinaus erklärt der Unternehmensgründer in dem Kicker-Beitrag, dass die Künstliche Intelligenz erkenne, wenn Personen eng zusammensitzen, die nicht zusammengehörten. Auch hier werden die Informationen in Echtzeit an die Ordner im Stadion weitergleitet. Er erklärt weiter, dass die erfassten Daten „situationsbezogen, dezentral und anonym registriert und im Rahmen datenschutzrechtlicher Vorgaben kurzfristig gespeichert“ würden. Es sei hier wichtig, zwischen „Detection“ und „Recognition“ zu unterscheiden. „Recognition“ bringe ein Gesicht mit Daten einer eindeutig identifizierbaren Person in Verbindung. „Detection“ hingegen erkennt lediglich allgemeine Merkmale, um ein bestimmtes Datum zu erhalten. In diesem Fall werden Auge, Nase und Mund erkannt, um den optimalen Punkt zur Temperaturablesung auf der Stirn zu ermitteln. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 4501 mit Schreiben vom 20. November 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten, dem Minister des Innern, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales und der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet. 1 https://www.kicker.de/pilottest_in_dortmund_so_koennten_zuschauer_in_die_stadien_zurueckkehren- 778319/artikel LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11882 2 Vorbemerkung der Landesregierung Der Fußball hat während der Corona-Pandemie eine Vorreiterrolle eingenommen. So haben der Deutsche Fußball Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) den bundesweiten Betrieb mit Stadionzuschauern erprobt und bereits mit positivem Ergebnis evaluiert. Wesentlicher Bestandteil dieser Erprobung war die Entwicklung von individuellen, standortbezogenen Konzepten in Abstimmung zwischen den 36 Clubs der Bundesliga und der 2. Bundesliga und den örtlich zuständigen Behörden. Grundsätzlich legen die Ergebnisse nahe, die Wiederzulassung von Stadionbesuchen in Einklang mit den Zielen zum Gesundheitsschutz bringen zu können, die ständige Berücksichtigung der aktuellen Infektionslage vorausgesetzt. Beim 1. FC Köln werden z. B. in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnern, darunter auch Start-ups, verschiedene innovative Konzepte entwickelt unter Beachtung der geltenden Hygienevorschriften. Anwendungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz können in unterschiedlichen Lebensbereichen Prozesse erleichtern und Verfahren beschleunigen; dies gilt auch für den Bereich der Gesundheitsvorsorge unddes Gesundheitsschutzes. Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, Nordrhein-Westfalen zu einem führenden Standort für Künstliche Intelligenz aufzubauen und die Forschung in diesem Bereich deutlich zu stärken. Dabei wird „KI made in NRW“ von dem Dreiklang „Exzellenz in Forschung und Bildung“, „Erfolg in der Wirtschaft“ und „Ethik in der Umsetzung“ geleitet. Die Landesregierung treibt deshalb mit der Plattform KI.NRW die Vernetzung der Akteure aus Forschung und Wirtschaft voran, um den Technologietransfer zu beschleunigen. Mit bedarfsgerechten Förderlinien wird zudem der wissenschaftliche Nachwuchs im Bereich von Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen gezielt gestärkt. 1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Anwendung, Auswertung bzw. Ergebnisse des Pilotversuchs der Firma G2K und Borussia Dortmund? Das in der Kleinen Anfrage beschriebene Verfahren der Firma G2K im Signal Iduna Park bei Borussia Dortmund soll offensichtlich dazu beitragen, dass die Durchführung von Fußballspielen mit Zuschauern unter Beachtung der Regeln zur Vermeidung von Ansteckungen mit dem COVID-19-Virus möglich ist. Die Landesregierung ist weder Verantwortliche eines solchen Verfahrens noch ist sie bei der Durchführung eines solchen Pilotverfahrens beteiligt gewesen. 2. Gab es hinsichtlich der Ergebnisse bzw. Auswertung des Pilottests Kontaktaufnahmen mit der Landesregierung? 3. Welche Kenntnis hat die Landesregierung, dass die in dem Pilottest verwendete Technologie tatsächlich lediglich eine „Detection“ - und keine „Recognition“- Funktion hatte? Die Frage 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet. Da die Landesregierung in keiner Phase an dem Pilotprojekt beteiligt war, liegen über Inhalte und Ergebnisse des Projektes keine Erkenntnisse vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11882 3 4. Welche datenschutzrechtlichen Bedenken sieht die Landesregierung beim automatisierten Einlasssystem, das im Pilotversuch verwendet wurde? Erkenntnisse über die Möglichkeiten dieses Verfahrens der Künstlichen Intelligenz einschließlich der Problematik, ob damit eine Verarbeitung personenbezogener Daten erfolgt, liegen der Landesregierung nicht vor. Der Landesregierung ist aber bekannt, dass die für die Überwachung des Datenschutzrechts zuständige Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI NRW) eingeschaltet ist. Die LDI NRW wird die datenschutzrechtliche Prüfung in eigener Kompetenz vornehmen. Die LDI NRW ist eine unabhängige Aufsichtsbehörde und nicht Teil der Landesregierung. 5. Ist aus Sicht der Landesregierung ein Einsatz automatisierter Einlasssysteme auch abseits der Corona-Maßnahmen denkbar, beispielsweise bei der Kontrolle personalisierter Tickets von Fans mit Stadionverbot oder Eintrag in der Datei „Gewalttäter Sport“ der Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze der Polizei Nordrhein-Westfalen? Der Einsatz von automatisierten Systemen zur Unterstützung der Einlasskontrolle ist auch abseits der Corona-Maßnahmen denkbar, sofern die eingesetzte Technologie, z. B. anhand eines standardisierten Anforderungskatalogs oder eines geprüften Zertifizierungsprogramms nachweislich als fair, transparent, technisch verlässlich und sicher bewertet werden kann. Weiterhin sind die entsprechenden Vorgaben zur Erfassung, Speicherung und Verarbeitung von biometrischen und personenbezogenen Daten laut DSGVO einzuhalten. Hierbei sollte vor allem eine umfangreiche Aufklärung der betroffenen Personen über die Verwendung ihrer Daten vorausgesetzt werden.