LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11927 23.11.2020 Datum des Originals: 23.11.2020/Ausgegeben: 27.11.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4606 vom 16. Oktober 2020 der Abgeordneten Lisa-Kristin Kapteinat SPD Drucksache 17/11561 Personal am Limit – Wo bleibt die Unterstützung der Landesregierung für die kommunalen Gesundheitsämter? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Corona-Fallzahlen in Nordrhein-Westfalen steigen kontinuierlich. Laut Lagebericht des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) vom 14.10.2020 liegen 14 Kreise bzw. kreisfreie Städte in NRW über dem kritischen Grenzwert von 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner, 13 weitere über 35. Die 7-Tage-Inzidenz für ganz NRW liegt aktuell bei 41,5. Das ist eine Steigerung von 12,3 seit dem 07.10.2020. Damit steigt der Druck auf die kommunalen Gesundheitsämter weiter, die entsprechend mehr Zeit auf die Kontaktnachverfolgung aufwenden müssen. In ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage (Drucksache 17/10192) schreibt die Landesregierung im Juli 2020, dass „[…] die schnellstmögliche und umfassende Nachverfolgung der Personen, mit denen eine SARS-CoV-2-infizierte Person Kontakten hatten, von grundlegender Bedeutung“ für die Eindämmung der Corona-Pandemie sei. Sollte der personelle Bedarf für die Nachverfolgung bei den Gesundheitsämtern nicht gedeckt sein, könne gegebenenfalls Personal aus dem auf Landesebene eingerichteten Pool von freiwilligen Landesbediensteten zur Verfügung gestellt werden. In einer Abfrage an die Gesundheitsämter vom 07. August 2020 schreibt Minister Laumann außerdem, es sei ihm „sehr wichtig“ zu erfahren, ob die Kontaktpersonennachverfolgung nach RKI-Schlüssel sichergestellt ist. Nur mittels Rückmeldung aus den Ämtern sei es möglich „bei Bedarf rechtzeitig eine entsprechende Unterstützung“ zu organisieren. Wie Landrat Cay Süberkrüb in einem Brief an den Minister Ende August mitteilt, ist die angekündigte personelle Unterstützung des Landes bisher nicht erfolgt, trotz mehrfachen Unterstützungsanfragen des Kreises Recklinghausen.1 Nach WDR-Recherchen waren viele Städte und Kreise bereits im August an ihrer Belastungsgrenze.2 1 https://www.waz.de/staedte/gladbeck/landrat-protest-zum-wegfall-der-maskenpflicht-im-unterrichtid 230291934.html 2 https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/corona-kontaktpersonen-oft-nicht-getestet-100.html scholz Textfeld beantworte ich scholz Textfeld beantworte ich LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11927 2 Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 4606 mit Schreiben vom 23. November 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen, dem Minister des Innern sowie der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. Wie viele der kommunalen Gesundheitsämter haben in der Abfrage des MAGS vom 07. August 2020 die Aussage „Die Kontaktpersonennachverfolgung ist nach dem RKI-Schlüssel […] sichergestellt“ mit „Nein“ beantwortet? Bitte aufschlüsseln. Zur Abfrage des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 07. August 2020 liegen Rückmeldungen aus 49 der 53 unteren Gesundheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen vor. Insgesamt haben 13 Kreise und kreisfreie Städte (siehe Anlage 1) die Aussage verneint, die Kontaktpersonennachverfolgung (KPNV) nach dem RKI-Schlüssel (mindestens ein Team aus fünf Personen pro 20.000 Einwohner, das lageangepasst in den Einsatz gebracht werden kann) sicherstellen zu können. Als häufigster Grund hierfür wurde angegeben, dass das den Gesundheitsämtern vorübergehend aus anderen Ämtern/ Verwaltungsbereichen zur Verfügung gestellte Personal nunmehr vermehrt wieder im originären Zuständigkeitsbereich benötigt wird. Gleichzeitig erfolgte der Hinweis der Gesundheitsämter auf bestehende Bemühungen zur Gewinnung zusätzlichen Personals für die KPNV im Rahmen von Neueinstellungen und die Möglichkeit, kurzfristig Personal mittels Umschichtungen in der eigenen Behörde bzw. Kommune – unter Zurückstellung anderer Aufgaben – aufstocken zu können. Mit Blick auf das Infektionsgeschehen zum Zeitpunkt der Abfrage und der im aktuellen Vergleich noch deutlich geringeren 7-Tage-Inzidenzen (siehe Anlage 1) kann festgestellt werden, dass die KPNV in den Kreisen und kreisfreien Städten grundsätzlich sichergestellt war, auch wenn die Rückmeldungen aufzeigen, dass der RKI-Schlüssel nicht in allen Kommunen erfüllt bzw. durch Personalaufstockungen kurzfristig aufzubauen war. 2. Wie viel Personal hat das Land seit der Abfrage des MAGS vom 07. August 2020 den kommunalen Gesundheitsämtern bereitgestellt? Bitte aufschlüsseln nach Einsatzort, Funktion und Dienstbeginn. Ab dem 14. September 2020 ist je ein Beschäftigter im Landesdienst im Kreis Recklinghausen und in der Stadt Bottrop zur Unterstützung bei der Kontaktnachverfolgung eingesetzt worden. Angaben über die Funktion liegen nicht vor. Ein deutlicher Ausbau des Einsatzes von Landespersonal wird angesichts des wachsenden Bedarfs in den kommenden Wochen stattfinden (siehe hierzu auch Frage 5). 3. Wie viele Unterstützungsgesuche der Kreise konnten nicht durch das Land mittels Abordnungen im Rahmen des Freiwilligenregisters gedeckt werden? Alle Unterstützungsgesuche der Kreise konnten gedeckt werden. Sofern nicht Landesbedienstete eingesetzt werden konnten, konnte auf Amtshilfe durch die Bundeswehr zurückgegriffen werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11927 3 4. Wie viele Personen stehen im Rahmen des Freiwilligenregisters des Landes zur Unterstützung der kommunalen Gesundheitsämter bei der Kontaktnachverfolgung zur Verfügung? Bitte aufschlüsseln nach Beruf und abgebender Behörde. Die Berufe der Beschäftigten im Landesdienst, die sich freiwillig zur Unterstützung der unteren Gesundheitsbehörden bei der Kontaktnachverfolgung gemeldet haben, werden nicht erfasst. Eine Übersicht der Personenzahl und ihrer Beschäftigungsbehörden findet sich in Anlage 2. 5. Wie unterstützt die Landesregierung die kommunalen Gesundheitsämter bei der Rückverfolgung von Kontaktpersonen in den Kommunen, in denen die Inzidenz über 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern liegt? Die Landesregierung wird die Kommunen, die den für die KPNV erforderlichen Personalbedarf nicht aus eigenen Kräften ausreichend decken können, sowohl personell als auch mittels finanzieller Hilfe unterstützen: Mindestens 200 Landesbedienstete sollen im Wege der Abordnung bei den Kommunen eingesetzt werden. Zudem werden bis zu 800 Personen / Vollzeitäquivalente (VZÄ) bei den Kommunen aus Mitteln des NRW-Rettungsschirms in Höhe von 25 Millionen Euro (HFA-Vorlage 17/4039 vom 27.10.2020) zur Anstellung von weiteren Aushilfskräften refinanziert. Die konkrete Umsetzung der beiden Maßnahmen befindet sich derzeit im Prozess; der Förderaufruf zur Finanzierung von Aushilfskräften ist am 02. November 2020 erfolgt. Anlage 1 Ruckmeldungen zur Abfrage des Ministeriums fur Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 07. August: Kreise und kreisfreie Stadte, die angegeben haben, den RKI-Schlussel lageangepasst nicht aufbauen zu konnen (Stand 13. August 2020). Krels/krelsfreleStadt Aachen & Stadteregion Aachen Dusseldorf Ennepe-Ruhr-Kreis Euskirchen Heinsberg Lippe MarkischerKreis Minden-Lubbecke Oberhausen Paderborn Recklinghausen Wesel Wuppertal 7-Tage-InzIdenz [Stand 13.08.2020] 7,2 18,7 8,3 11,4 4,3 8,0 10,4 12,2 9,5 2,6 14,3 18,7 18,3 Anlage 2 Ergebnis der Abfrage van Landespersonal fur den freiwilligen Einsatz zur Unterstutzung der unteren Gesundheitsbehorden bei der Kontaktnachverfolgung vom Juli 2020, aufgefuhrt nach Beschaftigungsbehorden. Beschaftigungsbehorde Amtsgericht Arnsberg Amtsgericht Detmold Amtsgericht Dortmund Arbeitsgericht Krefeld Arbeitsgericht Wesel Finanzgericht Diisseldorf LandgerichtEssen Oberverwaltungsgericht Munster GeneralstaatsanwaltschaftDusseldorf Staatsanwaltschaft Bielefeld Staatsanwaltschaft Dusseldorf Staatsanwaltschaft Essen Staatsanwaltschaft Kleve (Zwischenstelle Moers) Staatsanwaltschaft Koln StaatsanwaltschaftMonchengladbach Justizakademie NRW Ministerium des Innern NRW Institut fur offentllche Verwaltung Fortbildungsakademie des Ministerium des Innern NRW (FAH) Bezirksregierung Detmold Landesprufungsamt, AS Koln Landesprufungsamt, AS Paderborn Landesprufungsamt, Ast Munster Landesrechnungshof Rechnungspriifungsamt Arnsberg Rechnungsprufungsamt Detmold RechnungsprCifungsamt Dusseldorf Rechnungsprufungsamt Koln Rechnungsprufungsamt Munster Ministerium furArbeit, Gesundheit und Soziaies NRW Landesinstitut fur Arbeitsgestaltung Anzahl 1 2 1 1 1 1 1 2 2 1 1 1 1 4 1 1 5 1 1 3 2 4 4 8 1 1 2 4 2 6 3 Beschaftigungsbehorde Landeszentrum Gesundheit Ministerium fiir Heimat, Kommunales, Bau und Glelchstellung NRW Kreis Recklinghausen (Personalgestellung) Stadteregion Aachen (Personalgestellung) Ministerium fiir Kinder, Familien, Fluchtlinge und Integration NRW Ministerium fur Schule und Bildung NRW Qualitats- und UnterstutzungsAgentur- LandesinstitutfurSchule (QUA-LiS NRW) Ministerium fur Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW Landesamtfur Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) Staatskanzlei NRW GESAMT Anzahl 7 1 1 1 2 3 3 1 2 1 91 Seite 2 von 2