LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11975 25.11.2020 Datum des Originals: 25.11.2020/Ausgegeben: 01.12.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4622 vom 23. Oktober 2020 der Abgeordneten Markus Wagner, Gabriele Walger-Demolsky und Nic Vogel AfD Drucksache 17/11595 Werden Clankriminelle ohne deutschen Pass nun „konsequent zurückgeführt“, oder nicht? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Aus der Vorlage 17/3752 geht hervor, dass die Landesregierung eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, um die Vorschläge des Abschlussberichts der Regierungskommission „Mehr Sicherheit für Nordrhein-Westfalen“ auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen (vgl. S. 2). Auf den Seiten 3f. ist schließlich zu erfahren: „Ich freue mich, dass die Kommission zum Beispiel im Bereich der Bekämpfung der Clankriminalität unsere bereits ergriffenen Maßnahmen wie beispielsweise (…) • die konsequente Rückführung von Straftätern ohne deutsche Staatsangehörigkeit mit Ihren Empfehlungen bestätigt.“ Unter anderem vor dem Hintergrund, dass dem Unterkapitel 11.2 des Lagebilds zur Clankriminalität in NRW 2018 zu entnehmen ist, „dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen - auch mit Blick auf erheblich straffällig gewordene Personen - weiterhin die absolute Ausnahme bei Clanangehörigen bleiben werden“1, erkundigte sich der Fraktionsvorsitzende der AfD- Landtagsfraktion, Markus Wagner, in der 62. Sitzung des Innenausschusses, wie viele Rückführungen denn nun tatsächlich erfolgt sind. Innenminister Reul konnte diese Frage allerdings nicht beantworten und verwies lediglich darauf, sich an den dafür zuständigen Minister zu wenden.2 Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 4622 mit Schreiben vom 25. November 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister den Innern beantwortet. 1 Landeskriminalamt NRW (2019): Clankriminalität - Lagebild NRW 2018, Düsseldorf, S. 24. 2 Vgl. APr 17/1087, S. 43. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11975 2 1. Auf welcher Datengrundlage ist die Landesregierung in der Vorlage 17/3752 zu der Aussage gelangt, wonach die konsequente Rückführung von Straftätern ohne deutsche Staatsangehörigkeit und mit Bezug zum Phänomenbereich der Clankriminalität zu den bereits ergriffenen Maßnahmen zählt? Die Aussage in der Vorlage 17/3752 bezieht sich auf die Empfehlungen des Abschlussberichtes der Regierungskommission „Mehr Sicherheit für Nordrhein-Westfalen“. Es sollte deutlich gemacht werden, dass die Empfehlungen insbesondere zur Bekämpfung der Clankriminalität begrüßt und aufgenommen wurden. Ferner sollte aufgezeigt werden, dass bereits Maßnahmen ergriffen wurden, um die behördenübergreifende Zusammenarbeit bei der Rückführung krimineller Straftäter sowie extremistischer und islamistischer Gefährder ohne deutsche Staatsangehörigkeit zu verbessern. Hierunter ist vor allem die enge behördenübergreifende Zusammenarbeit im Rahmen der Sicherheitskonferenz Nordrhein- Westfalen zu verstehen sowie die Etablierung eines Fallmanagements. Die konsequente Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen von kriminellen Clanangehörigen mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist wichtiges Ziel der Landesregierung zur Verbesserung der nordrhein-westfälischen Sicherheitslage. Deshalb erfolgen auch in diesem Zusammenhang Abstimmungen zwischen dem nordrheinwestfälischen Landeskriminalamt und dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen unter enger Einbeziehung des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, um Prozesse insbesondere bezüglich des notwendigen wechselseitigen Informationsaustauschs zu verbessern und zu standardisieren. Dies soll ein gezielteres und effektiveres Vorgehen speziell im Zusammenhang mit Rückführungen krimineller Clanangehöriger ohne deutsche Staatsangehörigkeit ermöglichen. Überlegungen zur Gestaltung und Implementierung einer gesonderten statistischen Erfassung von Rückführungen von kriminellen Clanangehörigen mit ausländischer Staatsangehörigkeit sind ebenfalls Bestandteil des Abstimmungsprozesses. 2. Wie viele Straftäter ohne deutsche Staatsangehörigkeit und mit Bezug zum Phänomenbereich der Clankriminalität sind von 2018 bis zum Zeitpunkt dieser Anfrage konsequent zurückgeführt worden? (Bitte die Zahl der zurückgeführten Personen in Relation zu der aktuellen Gesamtzahl an Straftätern mit Bezug zur Clankriminalität ohne deutsche Staatsangehörigkeit setzen.) Statistische Erfassungen im Sinne der Fragestellung liegen der Landesregierung nicht vor. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen. 3. Wie viele Straftäter ohne deutsche Staatsangehörigkeit ohne Bezug zum Phänomenbereich der Clankriminalität sind von 2018 bis zum Zeitpunkt dieser Anfrage konsequent zurückgeführt worden? (Bitte die Zahl der zurückgeführten Personen in Relation zu der aktuellen Gesamtzahl an Straftätern ohne deutsche Staatsangehörigkeit setzen.) Im Rahmen des 2018 neu eingerichteten Fallmanagements NRW koordinieren und begleiten die in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2017 neu etablierten sog. Regionalen Rückkehrkoordinationsstellen (RRK) bei den fünf Bezirksregierungen seit dem 2. Halbjahr 2018 in bislang bereits über 2.000 Fällen gezielt aufenthaltsrechtliche Verfahren und ggf. aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ausländischen strafrechtlich auffälligen Personen, aber auch bei ausländischen Personen mit erheblich negativem Sozialverhalten. Hierzu zählt insbesondere die Initiierung, Koordination und Begleitung von Vor-Ort-Fallkonferenzen zur LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11975 3 behördenübergreifenden Vernetzung der relevanten Akteure sowie zur Festlegung geeigneter Maßnahmen und ggf. zeitnahen Durchsetzung der Ausreisepflicht durch die zuständigen Behörden. Unter Begleitung des Fallmanagements NRW wurden mit Stand 30.09.2020 bislang 255 vollziehbar ausreisepflichtige Personen abgeschoben. Aktiv unterstützt werden die RRK im Fallmanagement durch die Verbindungsstelle der Polizei zu den Bezirksregierungen in Flüchtlingsangelegenheiten beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW sowie ihre dezentralen Vertretungen vor Ort bei den fünf Bezirksregierungen. Wie viele ausländische Straftäter darüber hinaus von den zuständigen Ausländerbehörden zurückgeführt werden, wird statistisch nicht erfasst. 4. Welches Personenpotenzial umfassen jene neuen konkurrierenden Gruppierungen von Personen mit Herkunft aus Syrien, dem Irak und weiteren Herkunftsländern, die mit den kriminellen Angehörigen türkischarabischstämmiger Familienverbände in einen Verdrängungswettbewerb um kriminelle Märkte getreten sind? (Bitte so detailliert wie möglich auf der Grundlage bisheriger kriminalpolizeilicher Erkenntnisse schätzen.) Die Kreispolizeibehörden Duisburg, Dortmund und Essen berichten als Ergebnis von Auswertungen und Ermittlungen über regionale Verteilungskonflikte im kriminellen Milieu zwischen türkisch-arabischen Clans und konkurrierenden Gruppen unter anderem aus Syrien oder dem Irak. Die konkurrierenden Gruppierungen werden im Milieu als besonders durchsetzungsstark und gewalttätig wahrgenommen. Die berichteten Einzelsachverhalte lassen keine Rückschlüsse auf das tatsächliche Personenpotential zu. Schätzungen nimmt die Landesregierung aus grundsätzlichen Erwägungen nicht vor. 5. Liegen der Landesregierung Zahlen über registrierte Wiedereinreisen von bereits zurückgeführten Kriminellen vor? Statistische Erfassungen im Sinne der Fragestellung liegen der Landesregierung nicht vor.