LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/11989 26.11.2020 Datum des Originals: 26.11.2020/Ausgegeben: 02.12.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4660 vom 6. November 2020 des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/11729 Werden kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe bei der Auszahlung von EU- Fördergeldern, speziell ELER-Mitteln, benachteiligt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) ist ein großer und wichtiger Bestandteil der Förderung der Landwirtschaft in NRW. Sie besteht aus zwei Säulen, den Direktzahlungen (1. Säule) sowie den Programmen zur Förderung des Ländlichen Raums (2. Säule). Die Auszahlung der Zweiten Säule wird von den Bundesländern jeweils selbst koordiniert und kofinanziert, im Falle NRWs mit dem „NRW-Programm Ländlicher Raum 2014- 2020“ (ELER). Ziel der ELER-Förderung ist „der Erhalt und die Entwicklung lebenswerter ländlicher Räume und die Entwicklung hin zu einer nachhaltigen, bäuerlichen Landwirtschaft.“1 Der strukturelle Wandel in der Landwirtschaft zeigt allerdings, dass immer mehr kleine und mittlere Betriebe aufgeben müssen. Im Vergleichszeitraum 2010 – 2016 ist die Anzahl der Höfe mit fünf bis 50 Hektar um durchschnittlich 12 Prozent zurückgegangen2, während die Anzahl sehr großer Betriebe ( > 100ha) hingegen in derselben Zeit um 16 Prozent angestiegen ist3. Die Fortführung dieser Entwicklung steht einer bäuerlichen Landwirtschaft und somit auch einer effektiven Entwicklung des ländlichen Raumes sowie lokal umgesetzten Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen entgegen. Heute gibt es laut Statistischem Bundesamt in NRW insgesamt noch rund 32.000 Betriebe. 1999 waren es noch 56.000 Betriebe4. Wenn Landwirtschaftsbetriebe, die ohnehin schon einem sehr hohen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt sind, keine ELER-Fördermittel erhalten, würde dies deren finanzielle Lage weiter verschlechtern. Es wäre wünschenswert, wenn alle Betriebe, die einen Beitrag zum Umwelt-, Naturschutz sowie zu einer artgerechten Tierhaltung leisten, entsprechend wertgeschätzt werden und sich dies auch in der finanziellen Förderung widerspiegelt. 1 https://www.umwelt.nrw.de/landwirtschaft/foerderung/nrw-programm-laendlicher-raum-2014-2020- eler 2 https://www.landwirtschaftskammer.de/wir/pdf/zahlen-landwirtschaft.pdf, Seite 14 3 siehe https://www.landwirtschaftskammer.de/wir/zahlen/ und https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn055172.pdf 4 ebd. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11989 2 Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4660 mit Schreiben vom 26. November 2020 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie viele Förderanträge wurden im Jahr 2019 gestellt? (Bitte um Auflistung mit Gesamtzahl der Anträge, Anteil genehmigter Anträge inkl. deren Höhe, abgelehnter Anträge inkl. Gründe der Ablehnung) Im Jahr 2019 sind bei ELER-Fördermaßnahmen, bei denen landwirtschaftliche Betriebe antragsberechtigt sind, 43.611 Anträge gestellt worden, die zu rund 93 % bewilligt worden sind. Insgesamt wurden damit rund 241,8 Mio. Euro Fördermittel (EU + national) bewilligt. 7 % der Anträge wurden nicht bewilligt. Hauptgründe für eine Ablehnung sind bei Auszahlungsanträgen die fehlende oder aufgehobene Bewilligung des Grundantrags, die Nichterreichung einer Bagatellgrenze, die Nichterfüllung von Fördervoraussetzungen oder ein Betriebssitz außerhalb von NRW. Bei den Grundanträgen sind die Hauptgründe für eine Ablehnung ein negatives Betriebsergebnis, fehlende Baugenehmigungen, die Nichterfüllung des erforderlichen Kriteriums eines landwirtschaftlichen Betriebes, die verfristete Einreichung des Antrags sowie das Nichterreichen von Bagatellgrenzen. 2. Wie viele der etwa 32.000 landwirtschaftlichen Betriebe in NRW haben Anträge gestellt bzw. nicht gestellt? (Bitte um Auflistung, wenn möglich inkl. Anzahl der Anträge pro Betrieb) 26.051 landwirtschaftliche Betriebe haben einen Antrag auf ELER-Förderung gestellt. Die Verteilung der Anzahl der Anträge je Betrieb stellt sich wie folgt dar: Anzahl Antragsteller Anzahl Anträge 15.962 1 5.628 2 2.612 3 1.144 4 434 5 166 6 67 7 16 8 9 9 8 10 3 11 2 12 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/11989 3 3. Wie bewertet die Landesregierung die Möglichkeit, einzelne Förderanträge aus verschiedenen Fördermaßnahmen (z.B. Zucht und Haltung bedrohter Haus- und Nutztierrassen mit Anbau von Zwischenfrüchten) zu bündeln, falls diese abgelehnt würden (u.a. wegen der Bagatellgrenzen), um kleine Betriebe gezielt zu fördern? Die Landesregierung sieht keine Möglichkeit, Förderanträge unterschiedlicher Maßnahmen zu bündeln, um Zuwendungsvoraussetzungen wie Bagatellgrenzen über den Einzelantrag hinaus zu betrachten. 4. Sind der Landesregierung zusätzliche Gründe bekannt, warum kleinere landwirtschaftliche Betriebe auf eine Antragstellung von ELER-Mitteln (insbesondere AFP-Förderung / Investitionsförderung: Wissen und Qualifikation sowie einzelbetriebliche Beratung) verzichten? Neben einer Nichterfüllung der allgemeinen Zuwendungskriterien wie z.B. das Erreichen einer Mindestgröße nach dem Gesetz über Alterskasse der Landwirte oder das Erreichen eines Mindestinvestitionsvolumens sind bei der Investitionsförderung keine zusätzlichen Gründe bekannt, weshalb kleine landwirtschaftliche Betriebe auf eine Antragstellung verzichten. Bei der Bildungsmaßnahme wie auch der einzelbetrieblichen Beratung erfolgt die Förderung der landwirtschaftlichen Betriebe nicht unmittelbar. Zuwendungsempfänger sind in diesem Fall die Anbieter der entsprechenden Dienstleistung. 5. Inwieweit sieht die Landesregierung weiteren Handlungsbedarf bei der Förderung bäuerlicher Strukturen innerhalb und außerhalb der ELER-Förderung? Unabhängig von der Finanzierungsquelle setzt sich die Landesregierung für eine nachhaltige und moderne Landwirtschaft ein. Das Leitbild ist eine vielfältige, leistungs- und wettbewerbsfähige, bäuerlich verankerte Landwirtschaft, in der nach bestem Wissen und angepasst an den jeweiligen Standort ressourcenschonend, tier- und umweltgerecht gearbeitet wird. Bei den laufenden Verhandlungen zur neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) spricht sich die Landesregierung entsprechend für eine stabile, finanziell gut ausgestattete und vereinfachte GAP aus, die erforderlich ist, um unter anderem insbesondere für den Erhalt kleinerer und mittlerer Betriebe und für Junglandwirte zu sorgen. Bei der Förderung im Rahmen der 1. Säule setzt die Landesregierung auf das bewährte Instrument der Umverteilungsprämie, d.h. eines Zuschlags für die ersten Hektare.